Tichys Einblick
Benehmen Sie sich!

„Stolz auf die Leistung meines Teams…“

Geht die Deutsche Bank in einem Strudel von Skandalen und Prozessen endgültig unter? Eine fehlende Kultur von Anstand und Benehmen unter Josef Ackermann wäre dafür verantwortlich.

© Ralph Orlowski/Getty Images

Wer nicht glauben mag, dass es immer noch tiefer geht, es immer noch schlechter werden kann, wenn es doch schon schlecht genug ist, der möge sich die jüngsten Nachrichten zur Deutschen Bank zu Gemüte führen. Gestern absoluter Tiefstand der Aktie, heute gar die Herabstufung der Bonitätsnote durch die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) von „A-“ auf „BBB+“. Ach ja, und nicht zu vergessen, auch wieder mal eine Klage gegen das Geldhaus, diesmal in Australien. Der Börsenwert der Bank ist seit Jahresbeginn um 38 Prozent gesunken und einen neuen Vorstandsvorsitzenden hat es auch gegeben. Angesichts des brutalen Absturzes könnte Christian Sewing nur noch der Verweser sein, der das Licht ausmachen darf.

Es ist ein eklatantes Beispiel für Versagen, vor allem aber für das völlige Fehlen einer Anstandskultur. Schlechtes Benehmen war offenbar der Karriere in der Deutschen Bank besonders förderlich. Das unumstößliche Credo „The business of business is business“ des Ökonomie-Altmeisters Milton Friedman stand Pate. Verdiene, mach Dein Geschäft, alles andere ist Nebensache. Vor allem aber eine Unternehmenskultur, die sich an den gewandelten Wertvorstellungen ihrer Kunden orientieren sollte, war in den Zwillingstürmen in Frankfurt kein Thema, schlimmer noch, sie wurde als modernistisches Instrument verweichlichter Professoren und Berater verlacht.

Wie sich doch auch ein Nobelpreisgewinner täuschen kann. Gier und Arroganz statt Anstand und werteorientiertem Benehmen haben aus einer einstmals „unkaputtbaren Starbank“ ein in beinahe jeder Hinsicht ausgeplündertes Geldhaus werden lassen, dass mit Skandalen und ausgewachsenen Prozessen vor allem seine Reputation als „die“ deutsche Bank ruiniert und damit sein ureigenstes „business“ vermutlich irreparabel beschädigt hat. Schlechte Reputation führt zu schlechten Geschäftszahlen nach dem ordinären, aber treffenden Motto: „Wer stinkt, dem wird kein Parfüm angeboten.“

Der ehemalige Handelsblatt-Herausgeber und Wirtschafts-Autor Gabor Steingart hat beschrieben, warum ein guter Ruf in diesen gewandelten Zeiten „business of business“ ist: „Die Unternehmen müssen ihren Businessplan der Gesellschaft zur Genehmigung vorlegen.“ Es war (und ist bis heute) die vom ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Josef Ackermann geprägte Geisteshaltung der Deutschen Bank, die die Menschen nicht „genehmigt“ haben. Arroganz, mangelndes Interesse an dem „kleinen Kunden“, vor allem aber der Sündenfall der ausufernden Boni-Zahlungen für das irritierende Eigenleben der Investment-Banker in London. Banken haben mit von der „Gesellschaft nicht genehmigten“ Praktiken das Vertrauen der Menschen massiv verspielt und es auch bis heute nicht wieder zurückgewonnen, angeführt eben von der Deutschen Bank. Wer sich heute einer Kultur des Anstandes verweigert, wird abgestraft, sei seine wirtschaftliche oder unternehmerische Leistung auch noch so bedeutend. Der Kunde, allzumal der Bankkunde, will mit schlechtem Benehmen, mit triefender Arroganz am Bankschalter oder abgehobenen Statements von Vorstandsvorsitzenden nichts zu tun haben. Der Ruf ist ihn wichtig, die Reputation ist von einem „soft skill“ zu einem „hard skill“ geworden.

Der katastrophale Stand der Aktie des Frankfurter Geldhauses in diesen Zeiten und die Herabstufungen durch Ratingagenturen zeigen eben auch den entstandenen Reputationsschaden. Mag sein, dass die schlechte Reputation nicht alleinige Verursacherin ist, aber eine grundlegende. Eine Branche, eine Bank kann nicht ohne gesellschaftliche Akzeptanz erfolgreich sein, ohne Werte zu verinnerlichen, die in der Gesellschaft eine größere Bedeutung gewonnen haben. Fehlende Reputation führt zu steigenden Risikoaufschlägen, siehe das Anlageverhalten großer Investmentgesellschaften, die bei ihrer Auswahl der Kapitalanlage das Reputationsrisiko bewusst mit einpreisen („Wer stinkt, dem wird kein Parfüm angeboten“). Folgerichtig ist der Börsenkurs der Deutschen Bank – auch – ein Ausdruck fehlender Reputation, ein Ausdruck für eine Kultur des mangelnden Anstands und schlechten Benehmens.

Vielleicht bleibt dem neuen Vorsitzenden nur noch eines, bevor das Licht ausgeht: sich mal seinen Vorgänger Josef Ackermann vorzuknöpfen. Der sprach noch im Februar dieses Jahres davon, „sehr stolz auf die Leistung meines Teams“ zu sein. „Gewiss waren auch wir nicht ohne Fehl und Tadel und haben Fehler gemacht – welcher Mensch macht keine? – aber diese hielten sich vergleichsweise doch sehr in Grenzen.“

Es gibt Zitate, die müssen für sich stehen und schon deswegen unkommentiert bleiben, weil man sich sonst auf das Niveau mangelndem Anstands und erbärmlichen Benehmens des Zitierten begeben müsste.

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