Es sind sehr merkwürdige, durchaus schockierende Bilder, die uns derzeit aus Paris erreichen. Behelmte Bereitschaftspolizisten gehen in den Nahkampf mit Feuerwehrmännern, auch sie in Helm und Uniform. Rauch liegt in der Luft, ein stab-artiges Objekt fliegt durch dieselbe.
Seit acht Monaten haben die wütenden Feuerwehrleute gestreikt, im Streit um eine bessere Bezahlung und günstigere Arbeitsbedingungen. So bemängelten sie insbesondere, dass ihre Gefahrenzulage seit 1990 nicht mehr angehoben wurde. Am Dienstag kam es zum Fanal: Einige der Brandschützer entzündeten ihre feuerfesten Uniformen, um sich kurz darauf von Kollegen löschen zu lassen. Ein sprechendes Bild: Die französische Feuerwehr, der öffentliche Dienst einer grandiosen Nation, steht in Flammen. Pompiers en colère.
Kurz darauf setzte die Pariser Polizei Tränengas ein, nachdem die Protestierenden sich in eine Nebenstraße absetzen wollten. Die Ereignisse fallen in eine Zeit, in der die französischen Sicherheitskräfte und hinter ihnen Staatspräsident Emmanuel Macron für ihren Umgang mit den Protesten von Gelbwesten und anderen in die Kritik geraten. Macron sagte nun, das »inakzeptable Verhalten« einiger Polizeibeamten gefährde die »Glaubwürdigkeit und Würde« der Sicherheitskräfte insgesamt. Daneben kritisierte er aber auch die von den Protestierenden ausgeübte Gewalt scharf; so seien Pflastersteine als Projektile auf die Polizei geschleudert worden.
Es geht freilich nicht um einige Polizisten, sondern um den Umgang der Republik mit schwer kontrollierbaren Protesten im allgemeinen. So nutzt die Polizei dort nach wie vor sogenannte Stingball-Granaten, die mit TNT und kleinen Gummibällen gefüllt sind und zusätzlich Tränengas enthalten. Durch sie sollen auch Feuerwehrleute verletzt worden sein. Allerdings erhält man nicht den Eindruck, dass die Republik auf den Einsatz dieser Mittel verzichten will.
Die Feuerwehrmänner stehen dabei keineswegs alleine da mit ihrem Protest. Zahlreiche andere öffentliche Bedienstetengruppen verlangen ebenso eine höhere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen. Es sieht so aus, als könne der in die Bedrängnis gekommene französische Staat die Erwartungen der verschiedenen Klientele nicht mehr sämtlich erfüllen, als hätte sich hier ein Modell übernommen und erschöpft.
Zeigt sich hier »ein Nachgeben der öffentlichen Ordnung«?
Das Gegeneinander zweier »Freunde und Helfer« des Bürgers – Polizei und Feuerwehr – könnte symbolisch für diesen Ermattungszustand stehen. Auch die Polizisten selbst sind schon mehrmals auf die Straße gezogen, um ihre Unzufriedenheit kund zu machen. Würden derlei Proteste eskalieren, dann bliebe wohl nur noch die Armee, um der Unrast Einhalt zu gebieten. So fragt denn auch der »Figaro« mit Blick auf die jüngsten Ereignisse: »Diese Berufe sind die letzten Garanten der Sicherheit des Landes. Ist ihr Zusammenstoß ein Anzeichen für ein Nachgeben der öffentlichen Ordnung?« In ihrer Schlagzeile spitzt die konservative Tageszeitung den Begriff dann nochmals zum »Staatszerfall« zu.
Macron hat letztlich nicht mit Härte, sondern mit Zugeständnissen reagiert. So erhöhte er die Feuerzulage der Brandschützer von 19% auf 25% und zeigte sich gesprächsbereit in Sachen ihres vorgezogenen Renteneintritts. Solchen Erfolg können also ein paar brennende Feuerwehrmänner und all der Trubel haben. Acht Monate des nationalen Streiks sind so mit einem Schlag zu Ende gegangen. Dazu passt ein anderes Bild, das mehrere Feuerwehrleute auf der Figurengruppe »Triumph der Republik« auf der Place de la Nation zeigt, die brennenden Fackeln in der Hand. Durch das Feuer haben sie ihren Sieg über Macron errungen.