Tichys Einblick
Es ist Bewegung in Nahost

Workshop Bahrein: Kreativ denken und am Ball bleiben

Wäre der workshop von Bahrein und der zeitgleiche trilaterale Gipfel von Jerusalem vom Trump-Vorgänger initiiert und unterstützt worden, hätten die heutigen Trump-Gegner weltweite Obama-Festpiele veranstaltet.

BNA - Pool/Anadolu Agency/Getty Images

Auch wenn es in Europas Medien weitgehend verschwiegen wird, die letzte Juni-Woche hat hoffnungsvolle Bewegung in den Nahost-Konflikt gebracht: erstmalig haben die Sicherheitsberater Russlands, Israels und der USA auf Einladung des israelischen Ministerpräsident Benjamin Netanyahu in Jerusalem getagt. Und Bahreins Hauptstadt Manama war Gastgeber eines workshops unter dem Titel „Frieden durch Wohlstand“, an dem sich zum ersten Mal arabische Staaten von Marokko, Ägypten, Jordanien bis Saudi-Arabien mit Israelis und israelischen Medienvertretern öffentlich austauschten. Allein die Tatsache, dass diese Veranstaltungen zeitgleich stattgefunden haben, zeitgleich auch mit dem 40jährigen Jubiläum des Friedensvertrages zwischen Ägypten und Israel, ist politisch äußerst bemerkenswert. Zu verdanken haben wir das der kontinuierlich klugen Vorgehensweise des amerikanischen Präsidenten Donald Trump und seines Nahost-Berater-Teams um John Bolton, Jared Kushner und Jason Dov Greenblatt.

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Bleiben wir bei den Fakten: Es ist Allgemeingut, dass andauernde Armut und Perspektivlosigkeit in den zahlreichen Flüchtlingslagern in Nahost der Nährboden für Terror und Zerstörung ist. Deshalb ist der Ansatz richtig und zielführend, durch Investitionen in Milliardenhöhe das Leid der Menschen zu lindern und ihnen Zukunft durch Bildung zu geben. 50 Milliarden US-Dollar sind bei der Größe des Problems keine Übertreibung und bilden die finanzielle Grundlage für 179 weitgehend bekannte Infrastruktur-Projekte im Westjordanland und Gaza. Formuliertes Ziel in dem 40seitigen Dokument: Halbierung der Armut und Verdoppelung des Trinkwasserangebots.

Die USA haben im Vorfeld die politischen Erwartungen tiefer gehängt, das Treffen in Bahrein von einem Gipfel zu einem workshop degradiert. Hier wird und kann es keinen politischen Durchbruch geben. Im Zentrum stehen nicht Präsidenten oder Außenminister, sondern erfolgreiche Unternehmer aus der Region. Öl regierte ohnehin seit Jahrzehnten mit, ist aber in der letzten Dekade von high-tech verdrängt worden. Nicht mehr Exxon, Shell und Texaco führen die Weltbörsen, sondern google, facebook, apple und amazon. Hier reden Israelis technologisch ein gehöriges Wort mit,  insbesondere in Verbindung mit ihrer militärischen Schlagkraft, wenn es um die weitreichende Verteidigung ihres Landes geht. Deshalb macht sich nicht nur in Washington und Moskau, sondern auch in den arabischen Hauptstädten die Erkenntnis breit: Ohne Israel geht nichts, mit Israel geht fast alles.

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Putin schickt nicht ohne Berechnung seinen Chef-Sicherheitsberater Nikolai Patrushev für drei Tage in die israelische Hauptstadt Jerusalem, die er als solche nicht anerkennt. Und Netanyahu begrüßt nicht nur seinen „dear friend John“ sondern auch seinen „moy dorogoy drug Nikolai“. Letzterer antwortet schmunzelnd, dass er sich in Israel fast wie zu Hause fühlt: zwei Millionen Israeli sprechen muttersprachlich russisch, darunter der amtierende Parlamentspräsident Juli Edelstein und der frühere Verteidigungs- und Aussenminister Avigdor Liebermann.

Putin weiß, dass er den verwirklichten russischen Traum eines von der NATO nicht kontrollierbaren Stützpunktes an einem warmen Meer, in Syriens Latakia/Tartus, nur dann langfristig sichern kann, wenn er sich mit Israel arrangiert. Israel kann aus Überlebensgründen nicht zulassen, dass sich der Iran an der israelischen Golanhöhen-Grenze zu Syrien etabliert, zerstört deshalb regelmäßig  iranische Stellungen durch Luftangriffe in Syrien. Diese Gemengelage bedroht russische Interessen in Syrien und verlangt nach militärischen Absprachen mit Israel, die inzwischen regelmäßig stattfinden und zu einem fast freundschaftlichen Verhältnis zwischen Putin und Netanyahu geführt haben. Statistiker haben errechnet, dass Netanyahu 2019 öfter mit Putin telefoniert als mit Trump. Der Dealmaker in Washington akzeptiert die Schaukelpolitik Netanyahus. Er weiß sie in den Händen eines guten Freundes.

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Beim workshop in Bahrein wird ebenfalls Tacheles geredet. Die einstigen Todfeinde Israels stehen dem israelischen TV-Sender KAN Rede und Antwort: Außenminister Sheik Khaled bin Ahmed al-Kalifa ist nicht der einzige, der bis vor kurzem unvorstellbare Sätze ins israelische Mikrophon ruft: „Israel ist ein Land des Nahen Ostens, Teil des Erbes der Region. Das jüdische Volk hat einen Platz unter uns. Also ist Kommunikation eine Voraussetzung für eine Lösung der Auseinandersetzung. Lasst uns reden“. Öffentlich kritisiert er die palästinensische Führung, weil sie am workshop nicht teilnimmt und einen Friedensplan boykottiert, deren Inhalt sie nicht kennt.

Der Finanzmister der Vereinigten Arabischen Emirate, Obeit al Tayer, tadelt die PLO vorsichtig und ergänzt: „wir müssen den Palästinensern Wohlstand verschaffen und sie müssen nach besseren Lebensbedingungen streben. Wenn das die Initiative (von Bahrein) ist, sollten wir ihr eine Chance geben“.

Genau dem widersetzt sich PLO-Chef Mahmoud Abbas, schreit Zeter und Mordio ob der arabischen „Verräter“, die einer Quasi-Anerkennung Israels als jüdischer Staat das Wort reden und ruft einen dreitägigen Generalstreik im Westjordanland aus. Wer hat den Schaden? Das palästinensische Volk. Je lauter er sich allen Initiativen widersetzt, desto klarer wird, dass er längst sein Volk verloren hat. Die kürzlich PLO-dekretierte Absetzung eines palästinensischen Bürgermeisters, der seinen israelischen Siedlungs-Nachbarn – einen von 450,000 – zu einer Hochzeit eingeladen hat, ist erkennbarer Ausdruck dieser Entwicklung. Deshalb fürchtet er Neuwahlen, hält sich seit zehn Jahren ohne Legitimation im Amt.

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Trotz allem, ein Dutzend palästinenischer Unternehmer sind in Bahrein registriert und werden die Botschaft nach Ramallah mitnehmen: Politik und Wirtschaft sind keine Gegensätze, sondern zwei Seiten einer Medaille. Was jeder Politik-Student weiß, wird sich auch in Nahost durchsetzen. Es ist nur ein Frage der Zeit und der handelnden Personen, die im Westjordanland in naher Zukunft schon aus Altersgründen ausgetauscht werden. Der Zug in Richtung Verständigung zwischen Arabern und Israelis ist längst auf dem Weg und nimmt Fahrt auf. Die Mitreisenden werden immer zahlreicher und potenter.

Wäre der workshop von Bahrein und der zeitgleiche trilaterale Gipfel von Jerusalem vom Trump-Vorgänger initiiert und unterstützt worden, hätten die heutigen Trump-Gegner weltweite Obama-Festpiele veranstaltet, Loblieder auf Barack gesungen und Friedensnobelpreise in Aussicht gestellt.

Und wo sind Brüssel und Berlin? Bestenfalls untergeordnete Beobachter, deren politische Bedeutung aus eigenem Verschulden immer mehr schwindet. Die Worte des früheren Nahost-Beauftragten der EU, Tony Blair,  der sich  auf der Bahrein-Bühne von Kushner interviewen lässt, könnten als Anregung dienen: „denke kreativ und bleibe am Ball“.

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