Über manche Dinge darf man sich nicht wundern. Denn sie lassen sich leicht erklären. Das gilt etwa für die mittlerweile festgestellte Weigerung von Außenministerin Annalena Baerbock, die – wie auch immer indirekte – Förderung von sechs palästinensischen Organisationen einzustellen. Israel hat die sechs auf seine Terrorliste gesetzt, weil sie sich im Umfeld der linksextremen, marxistisch-leninistischen und jedem Friedensvertrag mit Israel abholden „Volksfront zur Befreiung Palästinas“ (PFLP) bewegen oder auch schlicht ein Teil von ihr sind. Die PFLP wiederum ist politisch mit der Hamas und dem Islamischen Dschihad verbunden, die (wie sie) bisher jede Abmachung mit Israel abgelehnt haben. Es geht hier also um die indirekte Förderung von Terror gegen Israel. In der Vergangenheit hatte die PFLP auch mit der deutschen RAF zusammengearbeitet bei Flugzeugentführungen und Attentaten. Ihre Untergliederungen setzen sich heute für die Befreiung von „Gefangenen“ ein – also von „Kämpfern“ oder, wie es wohl besser heißen muss: Terroristen.
Das hat sicher jeweils eigene Gründe oder auch einen gemeinsamen, tieferliegenden. In Deutschland könnte es auch schlicht am Personal liegen. Und nein, die Rede ist in diesem Fall ausnahmsweise nicht von der Amtschefin und Völkerrechts-Praktikantin, jedenfalls nicht nur. Daneben hat die grüne Regierungsbeteiligung weiteres Qualitätspersonal in das Ministerium gespült. Etwa die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Katja Keul. Die Parteilinke war einst wegen der Beteiligung am Kosovokrieg (1999) aus der Partei ausgetreten, trat aber 2006 wieder ein, um 2009 in den Bundestag einzuziehen. Zwölf Jahre später trat die Anwältin aus Nienburg (geboren in Berlin-Lichterfelde) ihr erstes Regierungsamt an. Man könnte Keul auch eine „Altlast“ Baerbocks nennen, kommt sie doch aus demselben Landesverband Niedersachsen wie ursprünglich auch die Außenministerin.
Keul ist sogar in der eigenen Partei in der Minderheit
Das ist aber alles nicht das Problem. Aber auf ihrer persönlichen Website teilt Keul eine Erklärung von insgesamt 16 Grünen-Abgeordneten, darunter auch größere und wichtigere Namen wie Claudia Roth. Jürgen Trittin oder die Bundesfamilienministerin (vielleicht sollte sie eher Gedönsministerin heißen, so unübersichtlich, wie ihr Geschäftsbereich inzwischen geworden ist) Lisa Paus, die sich alle zusammen gegen einen Antrag von CDU/CSU, SPD, FDP und großer Teile ihrer eigenen Fraktion aussprachen.
Die AfD-Fraktion stellte einen weitergehenden Antrag und mahnte dazu, die „finanzielle Unterstützung BDS-naher NGOs durch parteinahe Stiftungen“ – also wiederum aus Bundesmitteln – zu unterbinden. Genau eine solche indirekte Unterstützung – unter anderem durch die Grünen-nahe Heinrich-Böll-Stiftung – ist immer noch der Fall.
Boycott, Divest, Sanction – das klingt ja nur wie „Kauft nicht bei Juden“
Die 16 Grünen um Keul, Paus, Roth und Trittin sahen das anders. Zwar finden auch sie, dass die „Argumentationsmuster und Methoden der BDS-Bewegung“ zum Teil „antisemitisch sind und Assoziationen mit der widerlichen Nazi-Parole ‚Kauft nicht bei Juden!‘ hervorrufen“. Außerdem lasse die BDS-Bewegung die Frage offen, „in welcher Struktur dieser Konflikt geregelt werden soll“ – was Zweifel daran sät, dass man sich eine Lösung mit dem Staat Israel wünscht. Es könnte auch sein, dass die BDS-Bewegten eigentlich eine Lösung ohne Israel, also nach dem Muster „Vom Fluss bis zum Meer“, alles für Palästina, anvisiert.
Tatsächlich stellen die Unterzeichner der Erklärung fest: „Einige Gruppen und Akteur*innen stellen unter dem Dach von BDS aber die Existenzberechtigung Israels in Frage. Auch kommt es zum Teil zur Dämonisierung der israelischen Bevölkerung in verschwörungstheoretischer Art und Weise.“
Die „lieben Linken“ und die bösen Staaten
Neben der Unterstützung antisemitischer Palästinenser-Gruppen hält es Keul übrigens als Staatsministerin für ihre Aufgabe, den „lieben Kolleginnen von den Linken“ im Bundestag zu versichern, dass die neue Bundesregierung nicht mehr mit der libyschen Küstenwache zusammenarbeitet, um illegale Einreisen in die EU zu unterbinden. Außerdem beklagt Keul an anderer Stelle, wie „schockierend“ die „Berichte über das Schicksal“ von Flüchtlingen oder Migranten im Tunesien Kais Saieds seien. Sie will vor allem „die Menschen, um die es hier geht“, nicht vergessen. Das dürften aber leider stets nur die „Menschen“ sein, die zufällig (noch) keine Deutschen sind.
Die Bürger, die sie oder vielmehr ihre Partei gewählt haben, sind Keul dabei selbstredend vollkommen egal. Es geht ihr daher auch in Tunesien vor allem darum, die offiziellen Kontakte, die sie für das Auswärtige Amt pflegen sollte, zu unterminieren, indem sie Treffen mit „zivilgesellschaftlich organisierten Menschen“ vorzieht. Solche Schritte dürften dann leider dazu führen, dass ein tunesischer Präsident Kais Saied der EU die geschenkten Gelder und den Bettel hinwirft und mehr Respekt für sich einfordert. Das Gleiche dürfte für das Israel Netanjahus gelten, aber das ist den Außenamtlern von heute vermutlich sogar egal im Quadrat. Mit den Grünen ist eine tiefe Skepsis gegenüber den Staaten ins AA eingezogen. Bevorzugt werden nun „zivilgesellschaftliche“ NGOs und Untergrund-Organisationen. So wird man allerdings keine erfolgreiche Außenpolitik treiben oder bauen, weder in Nordafrika noch im Nahen Osten. Nur wer sagt es den Grünen an der Spitze?