Tichys Einblick
Italienischer Kulturkampf

Was zum Kuckuck …? – Jesus aus Weihnachtsliedern rausgeschrieben

Eine italienische Schule ersetzt Jesus Christus durch den Kuckuck in einem Weihnachtslied. Die Elternschaft protestiert, die Provinzposse wird zum landesweiten Skandal und die Schulleitung sieht sich überrumpelt. Die Mitte-Rechts-Regierung stellte das Weihnachtsfest erst kürzlich unter besonderen Schutz.

Symbolbild

IMAGO / epd

Die gute Nachricht zuerst: Wenn es in Italien einen Aufschrei gibt, dass in einem Weihnachtslied Jesus Christus durch einen Kuckuck ersetzt wird, dann ist die Welt noch ein Stück weit in Ordnung. Nicht nur die konservativen Blätter berichteten darüber, sondern die Medien in ihrer ganzen Bandbreite. Sogar TV-Nachrichten räumten dieser Meldung samt Interview Platz ein. Ein Grund dürfte auch sein, dass sich der Vorfall in Agna, in der Provinz Padua, ereignete – und damit im Lega-Land Venetien, wo derlei noch einmal mehr aufgeputscht wird.

So hat sich in diese Provinzposse selbst der Ministerpräsident der Region, Luca Zaia, eingemischt: „Das war ein schwerer Fehler“, urteilt der mächtige Lega-Politiker. Es sei „inakzeptabel“, Hinweise auf die religiöse und regionale Identität zu „canceln“. Doch es war nicht so sehr die Politik – um den gängigen Instrumentalisierungsvorurteilen zuvorzukommen – , die einen Auswuchs politischer Korrektheit zum Skandal erhöhte, denn vielmehr die Elternschaft jener Schule, die sich dazu entscheiden hatte, den Liedtext auszuwechseln.

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Zum Sachverhalt: Der Vorfall spielte sich an der Grundschule Edmondo De Amicis in Agna ab, wo die Kinder zu Weihnachten neue Texte lernen sollten. Ein Vater erklärt: „Letzten Montag haben wir durch reinen Zufall herausgefunden, dass die Weihnachtslieder, die unsere Kinder singen sollten, verändert und modifiziert waren.“ Zuerst habe er es nicht glauben wollen, bis er sich die Blätter selbst angesehen habe. Es könne nicht sein, dass man ein „solches Niveau“ erreiche, ohne als Eltern von den Lehrern informiert zu werden.

Auch im Mütterchat, wo normalerweise die schulischen Aktivitäten besprochen oder organisiert werden, brodelte es. Aus dem Nachrichtenaustausch ging hervor, dass kein Elternteil von der Entscheidung der Lehrer wusste und dass sie es erst erfuhren, nachdem sie ihren Kindern Fragen gestellt hatten. „Nach einigen Gesprächen mit meiner Frau haben wir entschieden, dass unsere Tochter nicht an diesem Stück teilnehmen wird, sowohl aus Prinzip als auch weil sie uns die Dinge genommen hat, an die wir glauben“, erklärte ein anderer Vater. In seinem eigenen Haus müsse man auch nicht für Gäste beiseite treten.

Nicht nur die Schule wurde kontaktiert. Auch den örtlichen Pfarrer und den Bürgermeister kontaktierte die Elternschaft, wobei der Priester abzuwiegeln versuchte. Bürgermeister Gianluca Piva dagegen teilte seine Betroffenheit mit, und zeigte sich „persönlich daran interessiert“, bei der Schule den Grund für diese Entscheidung zu erfragen.

Am Ende landete die Nachricht dann sogar bei der RAI, die darüber berichtete, wie Jesus nicht mehr geboren, sondern dass der Kuckuck vom Himmel rufe, und nicht Engel Jesu Geburt vorbereiteten, sondern ein Fest im blauen Himmel.

Die Schule hat sich bezüglich ihrer Motivation mittlerweile in Widersprüchen verzettelt. Hatte man zuerst damit argumentiert, dass man niemanden ausschließen wollte und bediente den Duktus der Inklusion („Wir wollten keine schlechten Gefühle in der Schule aufkommen lassen“), so spricht die Direktorin nunmehr von einem „Missverständnis“. Den Kindern sei lediglich „aus Versehen“ ein falscher Entwurf übermittelt worden. Den hätten sie auswendig gelernt, für eine Korrektur sei es zu spät gewesen. Dann wird es paradox: denn es gäbe ja auch Lieder mit christlichem Bezug. Also nur partielle Rücksicht auf Nicht-Christen? Die Schulleitung wirkt überrumpelt.

Die Geschichte fällt in eine politische Debatte, welche die Linke hatte für sich nutzen wollen. Die Regierung von Giorgia Meloni war in der letzten Woche mit einem Vorstoß aufgefallen, das Weihnachtsfest und seine Traditionen unter einen besonderen Schutz zu stellen. Die Linke hatte sich darüber lustig machen wollen, gerät nunmehr aber selbst zur Personifizierung der Lächerlichkeit, weil die Blüten der politischen Korrektheit so absurd wie real sind. Dass die Meloni-freundlichen Medien die Geschichte um den Jesus-Kuckuck daher umso mehr ausschlachten, verwundert freilich nicht.

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