Tichys Einblick
Comeback-Gerüchte

Biden immer unbeliebter: Greift Trump tatsächlich nach der Präsidentschaft 2024?

Nach dem Afghanistan-Desaster bereuen viele Amerikaner ihre Wahlentscheidung für Biden. Trumps Umfragewerte verbessern sich seit Anfang des Jahres und die Euphorie für ihn bei den Republikanern ist ungebrochen. So oder so: Er wird beim Kampf um die Präsidentschaft 2024 eine zentrale Rolle spielen.

IMAGO / ZUMA Wire

Wagt Donald Trump einen dritten Anlauf auf das Weiße Haus? Seitdem er die Präsidentschaftswahl 2020 denkbar knapp mit weniger als 43.000 Stimmen Rückstand in den entscheidenden Staaten Arizona, Georgia und Wisconsin verlor, halten sich diese Spekulationen. Grover Cleveland ist bis heute der einzige US-Präsident, der bei zwei nicht aufeinanderfolgenden Wahlen zum Präsidenten gewählt wurde. Das war Ende des 19. Jahrhunderts. Ein US-Präsident darf nur zweimal im Amt dienen. Theoretisch wäre ein Trump-Comeback für eine einzelne, weitere Amtszeit möglich.

Insbesondere seit dem Fall Kabuls und dem chaotischen US-Abzug aus Afghanistan, bei dem IS-Terroristen u.a. 13 US-Soldaten töteten, hat Amtsinhaber Biden deutlich an Rückhalt verloren. Etwa jeder fünfte Biden-Wähler bereut heute seine Wahl. Bidens Beliebtheitswerte hier sind teilweise sogar unter die seines Vorgängers Trump gefallen.

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In der vergangenen Wahl hatte Trump tatsächlich in verschiedenen Wählerschichten, etwa unter Latinos und Afro-Amerikanern, dazu gewonnen und erreichte im Wahljahr 2020 mit zeitweise 49 Prozent auch einige seiner höchsten Beliebtheitswerte. Bidens Sieg über Trump war knapper als der von Trump über Clinton.

Nach der Niederlage ging es allerdings bergab. Wahlfälschungsvorwürfe wurden immer wilder – und reihenweise von Gerichten abgewiesen. Der Tiefpunkt seiner Präsidentschaft war dann die Randale eines Mobs einiger hundert radikaler Trump-Anhänger im Kapitol in Washington. Seine Beliebtheitswerte fielen auf den tiefsten Punkt seiner Präsidentschaft. Nach seiner hochumstrittenen Sperre auf Twitter und Facebook rückte der Ex-Präsident in der Öffentlichkeit in den Hintergrund.

Seine Werte haben sich seit Januar allerdings wieder erholt. Gut möglich, dass sich seine erzwungene Social-Media-Auszeit sogar positiv auf sein Ansehen ausgewirkt hat. Trump spielt öffentlich mit der Idee erneut anzutreten und verkündete auch schon, er habe eine Entscheidung getroffen, er wolle nur noch nicht verraten, wie diese aussehe.

Einer jüngsten Umfrage zufolge wollen etwas mehr als zwei Drittel der Republikaner, dass Trump als Politiker weiterhin eine große Rolle spielt. Wenn es allerdings um die Präsidentschaftskandidatur 2024 geht, sind die Gemüter in der Partei gespalten: Von seinen aktuellen Anhängern wollen nämlich nicht alle, dass er auch erneut als Kandidat antritt. 44 Prozent der republikanischen Wähler wären dafür, 54 Prozent dagegen. Hintergrund ist, dass die Marke Trump zwar enorme Anziehungskraft an der Basis besitzt, aber auch abschreckend für viele Wähler in den so entscheidenden Swing States wirkt. Daher wünscht sich gut ein Fünftel der Republikaner, dass der Ex-Präsident politisch aktiv bleibt, aber stattdessen einen anderen Republikaner als Präsidentschaftskandidat unterstützt.

König und Königsmacher

Trump ist derweil aus seiner ehemaligen Heimat New York ins sonnige Florida gezogen. Mithilfe seiner großen Unterstützerbasis hat er Millionen an Spenden eingesammelt, seinen politischen Organisationen stehen in Summe mehr als 100 Millionen US-Dollar zur Verfügung. Der Großteil davon, mehr als 90 Millionen, liegt bei der Organisation „Save America“ (zu deutsch „Rettet Amerika“) einem sogenannten Leadership PAC, das andere Kandidaten aber nicht eine künftige Präsidentschaftskampagne unterstützen darf. Trump plant damit gezielt im wohl gesonnene Kandidaten bei den anstehenden Kongresswahlen im November 2022 zu unterstützen und damit seinen Einfluss auszubauen. Am liebsten würde er mithilfe eigener Verbündeter auch den republikanischen Fraktionsführer im Senat, Mitch McConnell, loswerden. Aber selbst Trumps Vertraute im Senat winken da ab, einer verglich die Chance, dass es dazu komme, gegenüber dem Wall Street Journal mit dem Szenario, dass ein Esel das Fliegen lerne.

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Im „Sunshine State“ Florida dürfte für Trump anders als in New York nicht nur das Wetter, sondern auch das politische Klima deutlich angenehmer sein. Trump holte den Staat in beiden seiner Präsidentschaftskampagnen, Republikaner haben Mehrheiten in beiden Parlamentskammern, stellen beide Senatoren und in der Gouverneursvilla sitzt Republikaner Ron DeSantis. Der ist unter Linken wegen seiner Politik gegen Lockdowns und die Impflicht mittlerweile verhasst wie kaum ein anderer – beim Sender MSNBC hieß es schon er sei „schlimmer als Trump“. Doch die republikanischen Wählerschaft begeistert er – DeSantis gilt als Top-Anwärter auf die Präsidentschaftskandidatur 2024. Er ist als amtierender Gouverneur medial nämlich oft der prominenteste Republikaner, noch vor Ex-Präsident Trump. Er tritt gegenüber Demokraten und linken Journalisten ähnlich kämpferisch auf wie Trump, spart sich aber Beleidigungen und Wut-Tweets – und setzt seine konservative Politik im Bundesstaat effektiv und ohne Drama durch. Das unterscheidet ihn von Trump, aber auch von vielen Senatoren, die als mögliche Präsidentschaftskandidaten gehandelt werden, denen aber jede Regierungserfahrung fehlt.

Einst als Trump-Verbündeter ins Gouverneursamt gewählt, wird DeSantis nun aus Trumps Umfeld sowohl als idealer Vizepräsidentschaftskandidat bezeichnet, aber auch als gefährlichster innerparteilicher Konkurrent für die Präsidentschaft selbst. Trump hat davon Notiz genommen und erklärte jüngst, er könne auch DeSantis besiegen. Manch eine Umfrage zeigt Trump und DeSantis in einem hypothetischen Duell um die Präsidentschaftskandidatur fast gleichauf. Tritt Trump nicht an, führt DeSantis das Feld der potenziellen Kandidaten bei den Republikanern aktuell mit großem Vorsprung an.

Statt als Präsidentschaftskandidat könnte Trump sich auch als „Königsmacher“ unter den Republikanern im Wahljahr 2024 positionieren. Einfluss hat er nach wie vor wie kein Anderer und auch seine Spendenmaschinerie könnte er dank seiner Fan-Gemeinde für einen der Kandidaten mobilisieren. Damit würde er sich das mit einer erneuten Kandidatur verbundene Risiko ein zweites Mal zu verlieren sparen, aber gleichzeitig seinen Einfluss beibehalten und die Partei prägen, indem er seinen Nachfolger für die Kandidatur selbst auswählt.

Trump zu früh abzuschreiben wäre ein Fehler. Als Hauptgegenspieler des immer unbeliebter werdenden Biden konnte er wieder an Beliebtheit gewinnen und seine Popularität an der Basis ist ungebrochen.

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