Tichys Einblick

Warum setzen Berlin und Brüssel mehr Vertrauen in den Iran als in Israel?

Wer versteht, dass in Berlin und Brüssel dem historisch kulturell nahestehenden, befreundeten Israel in der causa Iran-Deal erkennbar weniger Vertrauen entgegengebracht wird als den Ayatollahs in Teheran?

© TOBIAS SCHWARZ/AFP/Getty Images

Bewaffnete Hamas-Terroristen rennen seit Wochen versteckt hinter Frauen, Kindern und Rentnern gegen den Gaza-Grenzzaun des souveränen Staates Israel. Ihr erklärtes, in der Hamas-Charta festgeschriebenes Ziel: mit allen Mitteln Israel zu vernichten. Ihre Werkzeuge: Steine, Waffen, Raketen und Brandbomben, die israelische Weizenfelder fortwährend in Brand setzen. Finanziert und unterstützt wird Hamas im Wesentlichen von Teheran.

Von syrischem Staatsgebiet aus wird Israel regelmäßig angegriffen. Gewalttätige Anschläge, Drohnen, Schießereien sind an der Tagesordnung. Die dort agierenden unterschiedlichsten Terrororganisationen und geschätzte 80.000 iranische Soldaten werden personellund finanziell von den Machthabern in Teheran  unterstützt.

Im Libanon beherrscht die Hisbollah weite Teile des Landes, ermordet immer wieder libanesische Politiker, die ihre Kreise stören, droht Israel regelmäßig mit Vernichtung. Erhebliche Teile der Bewaffnung dieser Terrororganisation stammen aus dem Iran.

Drahtzieher und Täter von Terroranschlägen weltweit haben seit Jahrzehnten Helfershelfer im Iran.

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Beispiel I: Am 17. März 1992 sprengte sich ein Selbstmord-Attentäter vor der israelischen Botschaft in Buenos Aires in die Luft. Es starben 4 Israelis und 25 unbeteiligte Argentinier. Die Spur führt nach Teheran. 1998 wird ein Iraner in Deutschland festgenommen und an den Iran ausgeliefert. Sechs iranische Diplomaten werden im gleichen Jahr aus Argentinien ausgewiesen. Begründung für beide Vorfälle: dringender Verdacht der Beteiligung am Sprengstoffanschlag auf die israelische Botschaft. Niemand ist für diese Tat bis heute angeklagt oder gar verurteilt worden.

Beispiel II: Im Juli 1994 starben bei einem Sprengstoffanschlag auf das jüdische Gemeindezentrum in Buenos Aires 87 Personen. 2007 haben die argentinischen Behörden an Interpol Haftbefehle für sechs Personen übergeben, die dringend verdächtig sind, an dem Mordanschlag beteiligt gewesen zu sein. Alle sechs Muslime sind Iraner oder stehen in engem Kontakt mit dem Iran. Der Haftbefehl wurde bisher nicht vollstreckt.

Beide Attentate 1992 und 1994 haben etwas zu tun mit der langjährigen Lieferung von argentinischem Uran an den Iran. Die Lieferung wurde Anfang der 90er Jahre eingestellt.

Seit 2016 liegt das Buch „Palestine“ des geistlichen Oberhaupts des Iran, Ayatollah Ali Chamenei, in englischer Sprache vor. Darin heißt es: „Ein Land, das jemals muslimisch war, darf nie mehr in Besitz Ungläubiger gelangen“ und weiter: „das Erwachen des Islam ist ein globaler Auftrag, die USA anzugreifen, ihre Hände, die islamische Länder im Griff haben, abzuhacken, eine islamische Regierung wieder zu etablieren, islamische Werte wieder einzuführen und ganz Palästina wieder zu gewinnen“. Woran erinnert uns diese Sprache? Und wie politische Führer in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts betreibt Ex-Präsident Obama und seine aktuellen Anhänger bis heute eine Appeasement-Politik gegenüber dem Iran. Es ist auch nicht zu vernehmen, dass das Verbrennen der US-Flagge im iranischen Parlament irgendjemand im Abendland stört.

Kurz bevor sich die Regierungschefs der beiden befreundeten Länder Deutschland und Israel in Berlin in dieser Woche treffen twittert Ali Chamenei: „Unser Haltung gegenüber Israel war und bleibt: Israel ist ein bösartiger Krebs-Tumor in der westasiatischen Region, der entfernt und vernichtet werden muß. Es ist möglich und wird geschehen“. 1.810 Leser dieser Meldung reagieren mit „Gefällt mir“.

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Das heutige Deutschland ist das beste Deutschland, das es je gab, Israel ist das beste Land, in dem Juden seit Menschengedenken leben. Beide Länder sind nach dem 2. Weltkrieg wiedergegründet worden, beide sind im Kern friedensverankerte, standfeste Demokratien, praktizierende Rechts- und Sozialstaaten. Aber im Gegensatz zu Deutschland kennt und lebt Israel das Grundprinzip: wer Frieden erhalten will, muss zum Krieg bereit sein. Israel muss schon aus Überlebensgründen verteidigungswillig und -fähig sein und bleiben. Würden Araber heute ihre Waffen niederlegen, gäbe es morgen Frieden. Wenn Israel heute seine Waffen vernichten würde, gäbe es morgen kein Israel mehr.

An dieser Stelle spalten sich Interessen und Gemüter in Deutschland und Israel. Berlins politische Führung beschäftigt sich lieber mit toten Juden bei Holocaust-Gedenkfeiern, hat aber durchwachsene Probleme im Umgang mit dem lebendigen, vielfältigen, bunten, erfolgreichen technologie-orientierten homo israeliensis. Der junge Judenstaat schätzt Deutschland auch und besonders wegen der respektablen Aufarbeitung der Vergangenheit, hat aber kein Verständnis für den von verträumter Hoffnung getriebenen Umgang mit der islamischen Welt in und außerhalb der Bundesrepublik. Von den vergeudeten Milliarden für diesen Zweck ganz zu schweigen. Es gibt in der Geschichte kein Beispiel für gelungene Integration von Millionen von Muslimen in ein anderes kulturelles Ecosystem.

Israels Ministerpräsident Netanyahu ist derzeit auf Tour durch Europa mit dem Ziel grundsätzlich Gleichgesinnte und Freunde davon zu überzeugen, dass das Wertesystem des Iran nicht übereinstimmt mit den Werten des Judentums, des Christentums, des gesamten Abendlandes. Die in Teheran erbeuteten Beweise für Irans Streben nach der A-Bombe sind längs an die befreundeten Geheimdienste und an die Atom-Kontrollbehörde in Wien übergeben.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel nimmt den Ball eines mit Israel befreundeten Landes gerne auf, versichert Freundschaft, handelt aber nicht wie ein Freund und auch nicht im Interesse Deutschlands und der EU. Seit Jahrzehnten pflegen Berlin und Brüssel gegenüber Israel den „Besatzer“-Vorwurf. Kein anderes Land, das wie Israel mit „umstrittenen Gebieten“ zu kämpfen hat, wird von Angela Merkel, der EU und UN derart gnaden- und rücksichtslos behandelt wie Israel. Die Türkei – um nur ein Beispiel zu nennen – besetzt seit Jahrzehnten Teile Zyperns, immerhin ein Vollmitglied der EU. Dieser Tage brüstet sich der 84jährige Turgut Yenağralı, Kämpfer der paramilitärischen TMT, griechische Zyprioten erschlagen zu haben „und es hat Spaß gemacht“. Er lebt nach wie vor im türkischen Teil Zyperns. Niemand in Berlin oder Brüssel nimmt hörbar daran Anstoß oder denkt daran, ihn vor Gericht zu stellen.

Angela Merkel wird nicht müde, die Freundschaft zwischen Deutschland und Israel zu betonen, die vielfach in beiden Gesellschaften anzutreffen ist, bleibt aber hartnäckig auf der israelfeindlichen politischen Spur. Dadurch begünstigt sie den muslimisch fundierten Antisemitismus und stärkt radikale Israelgegner zu Hause und im Ausland. Und wer versteht, dass in Berlin und Brüssel dem historisch kulturell nahestehenden, befreundeten Israel in der causa Iran-Deal erkennbar weniger Vertrauen entgegengebracht wird als den Ayatollahs in Teheran?

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