Tichys Einblick
Vivek Ramaswamy

US-Präsidentschaftswahlen: Vivek, übernehmen Sie

„Vivek wer?“, werden sich in Deutschland viele Menschen fragen, die noch nie von dem indischstämmigen Entrepreneur Vivek Ramaswamy gehört haben, der für die Republikaner als Präsidentschaftskandidat antreten will und mittlerweile zu einer Art Shooting Star geworden ist. Jede Wette, dass Sie zukünftig viel von ihm hören werden.

IMAGO / ZUMA Wire

Vivek Ramaswamy, von allen nur Vivek genannt, ist quasi das Best-of der republikanischen Kandidaten in einer Person. Er ist mit 38 Jahren der jüngste im Feld, jünger als DeSantis, und hat genauso wie der Governor von Florida an zwei Elite-Universitäten studiert. In Harvard schloss er mit einem Bachelor in Biologie ab und in Yale promovierte er in Jura.

Wie Donald Trump ist er ein Selfmademan, der es zu einem Milliardenvermögen gebracht hat und als Quereinsteiger in die Politik geht; und wie Tim Scott oder Nikki Haley ist Vivek PoC. Seine Eltern sind indische Einwanderer, der Vater Ingenieur, die Mutter Psychiaterin. Was ihn mit Mike Pence verbindet, dazu später mehr. Vivek ist verheiratet und hat zwei kleine Kinder, er verkörpert den amerikanischen Traum.

— Kendall Ross (@kendall_ross_) August 12, 2023

Wer Vivek reden hört, und es sind Tausende, die zu seinen Auftritten kommen, erlebt eine ganz neue Art der politischen Rede. Zwar verteidigt er Trump, zählt ihn zu seinen Vorbildern, erklärt aber zeitgleich, dass er einiges anders machen würde. Er ist geschliffener und charmanter als Trump, gleichzeitig deutlich radikaler. „Die meisten Republikaner befürworten Reformen. Ich bin auf der Seite der Revolution.“

Wollte Trump den Deep State in Washington nur austrocknen, fordert Vivek die Abschaffung des FBI und anderer Behörden. Er will nichts anderes als die komplette Offenlegung der Unterlagen bei den Themen Korruption, Covid, politische Beeinflussung durch das Justizministerium und andere Behörden. Sein Credo ist „Truth“: Wahrheit. Immer wieder betont er, dass Amerika mit der Wahrheit leben könne. Nur sie würde die tiefen Wunden heilen, die das Land zurzeit spalten.

„Es wäre einfacher für mich, wenn Donald Trump von der Justiz aus dem Rennen ausgeschlossen würde. Aber so will ich nicht gewinnen. Wir können nicht zu einer Bananenrepublik werden, in der politische Gegner eliminiert werden. Denn das sind exakt die Taktiken, die zurzeit angewandt werden, um Trump aus dem Weg zu räumen. Ich bin nicht mit allem einverstanden, was er an dem Tag sagte, aber er war nicht verantwortlich für das, was geschah.“

Stattdessen macht Vivek die Zensur in den USA für den Sturm aufs Kapitol verantwortlich. „Wenn man Menschen einsperrt, ihnen sagt, sie hätten zu tun, was die Regierung ihnen sagt; wenn man sie mundtot macht, indem man behauptet, sie seien Rassisten, Schwurbler oder Leugner; wenn Social-Media-Konten geschlossen werden, und gleichzeitig FBI und Big Tech zusammenarbeiten, um die Hunter-Biden-Laptop-Geschichte zu verhindern, dann passieren schlimme Dinge. Wer nicht sprechen darf, schreit. Wenn nicht schreien darf, zerstört. Es waren die Maßnahmen und die Unterdrückung der Wahrheit, die den Sturm aufs Kapitol ausgelöst haben, nicht Donald Trump“.

„Truth“ ist der Slogan, mit dem Vivek kandidiert. Und diese Wahrheit muss seiner Meinung nach ausgesprochen werden. Das kommt sehr gut an. War er anfangs nur ein Verwunderung hervorrufender Überraschungskandidat, liegt er mittlerweile auf Platz drei hinter Trump und DeSantis. Nicht wenige glauben, dass er DeSantis noch einholen könnte. Anfang des Jahres hatte er bei X/Twitter 174.000 Follower, heute sind es schon 917.000. Ein Plus von rund 400 Prozent.

Wie glaubhaft ist nun das politische Engagement des Quereinsteigers aus der Wirtschaft? Für seine Kritik an Covid-Maßnahmen hat er echtes Insiderwissen. Sein Geld machte Vivek Ramaswamy nämlich als Asset Manager und Gründer von Roivant Sciences, einer Pharmafirma, die unter seiner Führung innerhalb von fünf Jahren zu einer 7-Milliarden-Company wurde. Roivant war an der Entwicklung von Covid-Medikamenten beteiligt, forschte im April 2020 im Rahmen einer klinischen Studie an Gimsilumab, das bei Covid-19-Patienten für die Prävention und Behandlung des akuten Atemnot-Syndroms eingesetzt werden sollte. Darüber hinaus stellte Roivant seine Datenplattform Datavant im April 2020 zur Erstellung einer pro bono Covid-19-Forschungsdatenbank zur Verfügung, um Forschern im Bereich der öffentlichen Gesundheit und Politik bei der Bekämpfung der Pandemie zu helfen.

2021 gab Vivek die Firmenführung ab. Im gleichen Jahr kam sein Bestseller-Buch „Woke, Inc.: Inside Corporate America’s Social Justice Scam“ heraus, in dem er die woke Politik amerikanischer Firmen und der Regierung hart kritisiert. Er führt darin aus, dass Politik keinen Platz im Business hat, und legt seine Vision für die Zukunft des amerikanischen Kapitalismus offen.

2022 gründete er gemeinsam mit Star-Investor Peter Thiel und Ohios Senator J.D. Vance Strive Asset Management, eine Investmentfirma, die sich gegen wokes ESG (Environment-, Social- und Corporate Governance) stellt. Viele große Vermögensverwalter, wie zum Beispiel Black Rock, drängen Unternehmen mittlerweile zur Wokeness. Bei Strive Asset Management investiert man auch in Unternehmen, die diese woke Verschiebung ablehnen. „Im Gegensatz zu unseren Wettbewerbern setzen wir uns für den Vorrang der Aktionäre ein und glauben, dass der Zweck eines gewinnorientierten Unternehmens darin besteht, den langfristigen Wert für Investoren zu maximieren.“ Das Motto von Strive Asset ist einfach: Kompetenz statt Quote. Die Führungsriege muss Know-how haben und firmenorientiert denken. Ob der Chef eine Frau, ein Transgender, schwarz, rosa oder ein Alien ist, egal – was zählt, ist die Qualifikation.

Hat Vivek Chancen, der nächste Präsident der USA zu werden? Der nächste vielleicht nicht, aber der übernächste. Und da wären wir bei Mike Pence. Vivek ist der einzige Kandidat, gegen den Trump nicht vehement und verächtlich schießt. Beide respektieren einander. Sollte Trump bei den Primaries der Republikaner gewinnen, könnte es gut sein, dass er Vivek Ramaswamy bittet, sein „running mate“ zu werden. Sollte das Team die Wahlen gewinnen und Donald Trump 2028 endgültig abtreten, könnte Vivek übernehmen.

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