Er galt als der schräge Außenseiter, als das schwarze Schaf einer ansonsten blütenweißen Familie. Der dritte Kennedy, der Präsident werden wollte. Allerdings nicht bei den Democrats, wo die Familie traditionell beheimatet ist, sondern als unabhängiger Kandidat. Jetzt hat Robert F. Kennedy Jr. seine Kandidatur niedergelegt und unterstützt Trump.
Kennedy Jr. trat als Außenseiter an, brachte frischen Wind in den Wahlkampf. Bis zu 20 Prozent in frühen Umfragen wollten ihn wählen, besonders bei hispanischen Wählern war er sehr beliebt. Viele Anhänger brachten zum Ausdruck, sie seien frustriert über die Wahl zwischen den damaligen Kandidaten: Trump und Biden. Außerdem waren sie von seinem Engagement gegen Impfzwang und Covidpolitik beeindruckt.
Nun die Übergabe des Stabes an Trump. Zu einem Zeitpunkt, der nicht besser – oder sagen wir taktisch klüger – gewählt werden konnte. Nur einen Tag nach der Antrittsrede von Kamala Harris gewinnt Trump die Unterstützung eines Mitglieds der berühmtesten Democrats-Familie Amerikas. Charlie Kirk, Gründer von Turning Point USA, brachte es auf den Punkt: “vielleicht am bemerkenswertesten: Ein Kennedy hat einen Republikaner unterstützt“.
Trump verkündete, dass Kennedy „einen großen Einfluss auf unsere Kampagne haben würde“, und versprach, dass „Bobby und ich zusammen kämpfen werden, um das korrupte politische Establishment zu besiegen“.
Warum, fragt man sich, unterstützt der Mann Trump und nicht Harris? Zum einen spielen persönliche Aspekte eine Rolle. Biden gewährte ihm und seiner Familie bis zum Attentat gegen Trump keinen Secret Service Personenschutz. Obwohl sowohl sein Vater Robert F. Kennedy als auch sein Onkel John F. Kennedy aus politischen Gründen ermordet wurden, bereits mehrfach in Kennedys Haus eingebrochen und er bedroht wurde. Erst nachdem ein Attentäter Trump um ein Haar verfehlte, einen Zuschauer tötete und zwei schwer verletzte, lenkte der Präsident ein.
Aber nicht nur persönliche Befindlichkeiten trennen ihn mittlerweile von seiner ehemaligen Partei. Sie hat sich in seinen Augen dramatisch von ihren Grundwerten entfernt. “Ich nahm 1960 im Alter von sechs Jahren an meinem ersten Dems-Kongress teil, und damals waren die Dems die Verfechter der Verfassung, der Bürgerrechte“, sagte der Kennedy am Freitag, als er mit Trump auf der Bühne stand.
„Die Democrats standen gegen Autoritarismus, gegen Zensur, gegen Kolonialismus, Imperialismus und ungerechte Kriege“, fuhr er fort. „Sie waren die Partei der Arbeiterklasse, der Regierungstransparenz und der Verfechter der Umwelt. Unsere Partei war gegen große Geldinteressen und Unternehmensmacht. Getreu ihrem Namen war es die Partei der Demokratie. Jetzt sind sie zur Partei des Krieges, der Zensur, der Korruption, von Big Pharma, Big Tech und Big Money geworden“.
In seiner fast einstündigen Rede in Arizona beschuldigte Kennedy seine ehemalige Partei, sie hätte Medien zu Marionetten gemacht und Kamala Harris ohne echte Wahl als Kandidatin installiert. „Biden behauptete, dass Putin und seine Partei die russische Presse kontrollieren und dass Putin ernsthafte Gegner daran hinderte, auf dem Stimmzettel zu erscheinen“, erklärte Kennedy süffisant. „Aber hier in Amerika verhinderte die DNC auch, dass Gegner auf dem Stimmzettel auftauchen, und unsere Fernsehsender entpuppen sich als Organe der Demokcrats“.
Mit Trump ist er in vielen Schlüsselfragen einig. „Er schlug vor, dass wir uns zusammenschließen, wie Abraham Lincoln mit seinem „Team der Rivalen“. Diese Koalition würde es uns ermöglichen, uns in Fragen, bei denen wir uns unterscheiden zu widersprechen, während wir gemeinsam an den existenziellen Fragen arbeiten, über die wir uns einig sind“.
Hintergrund: Drei Kabinettsmitglieder von Präsident Abraham Lincoln hatten zuvor bei der Wahl im Jahr 1860 gegen Lincoln kandidiert: Generalstaatsanwalt Edward Bates, Finanzminister Salmon P. Chase und Außenminister William H. Seward. Lincoln war sehr geschickt darin, widersprüchliche Persönlichkeiten und politische Fraktionen in Einklang zu bringen.
Wirklich überraschend kommt die Unterstützung Kennedys für Trump nicht. Die beiden Politiker verstehen sich gut, das ist bekannt. Nach dem Attentat kontaktierte Kennedy Trumps Büro, um zu hören, wie es ihm geht. Trump rief am nächsten Tag zurück und sprach über den Sound der Kugel, die wie ein riesiger Moskito am Ohr klang und über Impfschäden bei Babys. Dieses Gespräch wurde vom Sohn Kennedys nicht nur aufgezeichnet, sondern ins Netz gestellt. Robert Kennedy hat sich sofort dafür entschuldigt, aber klar war damals bereits, dass die beiden nicht das erste Mal miteinander sprachen.
Kennedys Sohn, Robert Kennedy III, der das Video ohne Zustimmung des Vaters ins Netz stellte, war übrigens sauer über Trumps Entscheidung, JD Vance als Running Mate zu nehmen. Er unterstellte Vance, auf einer Linie mit Anthony Fauci gewesen zu sein. Dabei hatte sich Vance explizit gegen ein Impfmandat ausgesprochen.
Das Zünglein an der Waage könnte Kennedy auf alle Fälle bei dem äußerst engen Kopf-an-Kopf-Rennen der beiden Kandidaten werden. Er hat jahrzehntelang als Anwalt für die Umwelt und für Minderheiten gekämpft und sich damit einen Namen gemacht. In der Coronazeit wurde er als Verschwörungstheoretiker ausgegrenzt. Unter anderem weil er behauptete, dass die Impfstoffe gegen Covid-19 gefährlich seien. Im August 2020 hielt er in Berlin eine Rede auf der bis dahin größten Demonstration gegen das Corona-Regime. Ein Polizist fragte ihn dort, warum er keinen Mundschutz trage. „Lieber sterbe ich, als wie ein Sklave zu leben“, war seine Antwort. Wer weiß, vielleicht wird er nun der zukünftige Gesundheits- oder Justizminister der USA. Anthony Fauci jedenfalls wird nicht begeistert sein.