Die Wahlnacht des 4. November 2008 war legendär. Nicht nur, weil die Amerikaner mit Barack Obama (Demokraten) erstmals einen farbigen Präsidenten wählten. Sondern wegen der Umstände der Wahl. Beide Kandidaten hatten im Wahlkampf den dramatischen Niedergang der amerikanischen Wirtschaft zum Thema gemacht. Wer den Kommentatoren an diesem Abend zugehört und vertraut hat, musste meinen, die USA kämen nie wieder auf die Füße.
Drei Präsidenten und 15 Jahre später stehen die USA besser da denn je. Sie haben die Inflation in den Griff bekommen und die Wirtschaft wächst. Davon profitieren auch die Arbeitnehmer: Seit 2019 sind die durchschnittlichen Reallöhne in den USA um 5,8 Prozent gestiegen. Errechnet hat das die Internationale Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Die OECD hat dafür Lohnzuwächse und Preisteuerung in Relation gesetzt. Die USA sind demnach der größte Gewinner unter den G7-Staaten, auf Platz zwei folgt Kanada mit um 4,7 Prozent gestiegenen Reallöhnen.
Ein wesentlicher Grund für die unterschiedliche Entwicklung ist die Finanzpolitik. Die amerikanische Zentralbank hat früh mit höheren Leitzinsen gegen die Inflation gesteuert – die europäische Zentralbank erst unter Druck. Als es eigentlich schon zu spät war. Grund für diese Zurückhaltung war die hohe Staatsverschuldung vieler Mitgliedsstaaten – vor allem im Süden der EU.
Zudem erlebt die USA einen Wirtschaftsboom. Ausgelöst vor allem durch Fracking-Gas. Diese Technik lehnt Deutschland zwar massiv ab, importiert aber das künstlich hergestellte Gas der Amerikaner und baut für die Anlieferung Industriehäfen – unter anderem in den Naturschutzgebieten auf und um Rügen. Während die Amerikaner von den Exportgewinnen profitieren, sind die Energiepreise in Deutschland so hoch wie in keinem anderen Industrieland – was ein zentraler Grund für die wirtschaftliche Schwäche Deutschlands ist.
Auch andere politische Entscheidungen wirken sich in den USA positiv aus. Etwa die Steuersenkungen, die noch Präsident Donald Trump (Republikaner) durchgesetzt hat. Sie ermöglichen amerikanischen Arbeitnehmern nun finanzielle Spielräume, was wiederum dort den Einzelhandel blühen lässt. Deutschland hat unter den Industriestaaten mit die höchsten Steuern und Abgaben – ein Problem, das die OECD bereits seit Jahren anmahnt.
Der freidemokratische Finanzminister Christian Lindner hat jüngst in einer Antwort an den Bundestag mitteilen lassen, wie notwendig Steuersenkungen seien – aber, dass er dafür im hoch verschuldeten Haushalt keinen Spielraum sieht. Die Verhältnisse haben sich verändert. Während amerikanische Experten an kommenden Wahlabenden entspannt über die wirtschaftliche Lage reden können, lassen deutsche Journalisten die Gefahr vor dem Hitzetod größer scheinen – um nicht über die eigene wirtschaftliche Lage sprechen zu müssen.