Ein Kompromiss ist laut Duden eine „Übereinkunft durch gegenseitige Zugeständnisse“. Dagegen ist ein Kotau eine „in China früher vor Respektspersonen übliche, in kniender Haltung ausgeführte tiefe Verbeugung, bei der der Kopf den Boden berührte“.
Man versteht den Unterschied. Er wird noch wichtig.
In Katars Hauptstadt Doha findet ab dem kommenden Sonntag eine hochkarätig besetzte UN-Konferenz zur gesellschaftlichen Lage in Afghanistan und zu den Perspektiven des Landes statt. Allerdings nicht zur gesamten Lage und nicht zu allen Perspektiven. Denn das Treffen wird – für Außenstehende gleichermaßen überraschend wie unverständlich – ausdrücklich nicht über die Lage der weiblichen Bevölkerungshälfte am Hindukusch reden. Und es wird auch keine afghanische Frau daran teilnehmen, keine einzige.
Dazu sollte man sich kurz in Erinnerung rufen, dass es nach dem vom greisen Joe Biden befohlenen, überhasteten und chaotischen Abzug der US-Truppen aus Afghanistan – der den Taliban die Rückkehr an die Macht ermöglichte – gar nicht so unendlich viele Änderungen im Land gab. Die, die es gab, waren allerdings gravierend.
Und sie betreffen weit überwiegend die Frauen.
Entgegen ihrer Ankündigungen und Versprechungen haben die Taliban die Frauenrechte im Land sofort und radikal beschnitten. Frauen sind wieder strikten Bekleidungs- oder besser Verhüllungsregeln unterworfen. Öffentliche Ämter sind für sie wieder tabu. Mädchen dürfen wieder nicht mehr zur Schule gehen, werden wieder schon als Kinder an wesentlich ältere Männer zwangsverheiratet und sind auch ansonsten wieder weitgehend rechtlos. Seit März werden Frauen für Ehebruch wieder öffentlich ausgepeitscht oder auch gesteinigt.
Die Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“ (HRW) erklärt: „Was in Afghanistan geschieht, ist die schlimmste Krise der Menschenrechte von Frauen auf der Welt.“
Das könnte auf einer Konferenz zur Lage in Afghanistan also irgendwie irgendwo zumindest eine kleine Rolle spielen, könnte man denken. Falsch gedacht. Die Taliban haben vom Veranstalter, den Vereinten Nationen, gefordert, dass das Thema „Frauen“ komplett von der Tagesordnung gestrichen wird – und dass überdies keine Frauen aus Afghanistan teilnehmen dürfen.
Die UNO hat sich für eine, nun ja, gewisse Flexibilisierung des aufrechten Gangs entschieden: Sie erfüllt alle Forderungen der Taliban. Frauen kommen als Thema nicht vor, und Frauen dürfen nicht teilnehmen.
Eine „Unterwerfung“ unter den Willen der Taliban nennt das die frühere afghanische Frauenministerin Sima Samar. Sie lebt im Exil in den USA, in Afghanistan würden die Taliban sie sofort hinrichten. Und Heather Barr von HRW vermutet, die UNO habe die Taliban-Forderungen akzeptiert, um die Steinzeit-Islamisten mit an den Tisch zu bekommen. „Aber wozu? In den vergangenen drei Jahren haben alle diplomatischen Versuche genau gar nichts gebracht. Im Gegenteil, alles wird täglich nur noch schlimmer.“
Deutschland hat das Taliban-Regime im Jahr 2023 mit 261 Millionen Euro unterstützt. Das Geld fließe „regierungsfern“ in das Land, lässt Entwicklungsministerin Svenja Schulze von der SPD wissen. Das ist, mit Verlaub, blanke Augenwischerei: In Afghanistan gibt es nichts, überhaupt gar nichts, was „regierungsfern“ möglich wäre. Deutschland mit seiner Außenministerin Annalena Baerbock und ihrer „feministischen Außenpolitik“ unterstützt also den frauenfeindlichsten Staat der Welt mit ein paar hundert Millionen jedes Jahr.
Über die UN-Haltung bei der Konferenz in Doha sagt Heather Barr: „Es ist ein Verrat nicht nur an den afghanischen Frauen, sondern an allen Frauen auf der ganzen Welt.“
Es ist – genau: ein Kotau.