Tichys Einblick
„Hamas hat nicht gemordet“

Umfrage: Drittel der britischen Muslime für Scharia bis 2044

Eine neue Studie der Henry-Jackson-Gesellschaft wirft einen Blick auf die politischen Einstellungen der britischen Muslime. In der wachsenden Gruppe gibt es Mehrheiten für die Durchsetzung streng-religiöser Vorstellungen. Besonders radikal sind die Jüngeren.

IMAGO / UIG

In Großbritannien sorgen Umfrageergebnisse unter den Muslimen des Landes für Aufsehen und heftige Diskussionen, wenn auch nicht in allen Medien. Im Guardian, auch in der Times sucht man die Nachricht vergebens. Aber der Telegraph, GB News und andere berichten, in den sozialen Medien finden sich ohnehin die Druckwellen der Studie, die man grundstürzend nennen könnte, wenn man es nicht so oder so ähnlich geahnt hätte.

Demnach glaubt nur ein Viertel der britischen Muslime, dass die von der Hamas am 7. Oktober begangenen Grausamkeiten real sind. Dagegen haben die teils auf Video festgehaltenen Morde und Vergewaltigungen für 39 Prozent einfach nicht stattgefunden. 46 Prozent der britischen Muslime hegen mehr Sympathie für die Hamas als für Israel.

Die Mehrheit der britischen Muslime (52 Prozent) glaubt, der Angriff sei dazu da gewesen, „die palästinensische Sache voranzutreiben“. Demgegenüber ist die allgemeine Öffentlichkeit zu 40 Prozent der Ansicht, dass die Hamas am 7. Oktober in der Hauptsache Juden töten wollte, 26 Prozent glauben das nicht. Fast in allen Fragen sind die beiden Gruppen klar voneinander unterschieden. Niemand konnte etwas anderes erwartet haben nach den wöchentlichen Massendemonstrationen zugunsten der Hamas in vielen Städten des Landes.

Beauftragt wurde die Umfrage von der Henry Jackson Society, einem transatlantisch ausgerichteten Thinktank, der nach dem US-Senator Henry M. Jackson benannt ist. Befragt wurden 1.000 britische Muslime und als Vergleichsgruppe 2.013 Personen aus der britischen Gesellschaft, zu denen wohl auch Muslime gehören sollten.

46 Prozent ziehen die Hamas vor

Noch 2011 lebten laut der nationalen Statistikbehörde 2,7 Millionen Muslime in Großbritannien, also 4,9 Prozent der Bevölkerung. Zehn Jahre später waren es bereits 3,9 Millionen Muslime, was 6,5 Prozent der Bevölkerung entspricht. Das entspricht einer Zunahme um fast 50 Prozent. Allein diese Dynamik gibt der Studie einiges Gewicht.

Ausgerechnet die Zeitung Jewish News beklagte die „binäre“ Fragestellung nach den Sympathien für Israel oder die Hamas. Aber um diesen Konflikt ging es nun einmal ursprünglich in der Umgebung des Gazastreifens, auch wenn sich die Kombattanten mittlerweile vermehrt haben. Es gab aber einen Ausweg: die Antwort „weder Hamas noch Israel“, die 36 Prozent der Muslime wählten (35 Prozent von allen Briten). Ein Entkommen aus dem schlimmen „Binären“ war also möglich. 46 Prozent entschieden sich für die Mord- und Terrororganisation Hamas.

Auch ohne den Israel-Kontrast haben 30 Prozent der britischen Muslime ein positives Bild von der Hamas, wenn sie nur nach dieser Organisation befragt werden. Das scheint der harte Kern der Muslimbrüder im Königreich zu sein. 50 Prozent sehen die palästinensische Autonomiebehörde sehr oder ziemlich positiv. 49 Prozent verneinen das Existenzrecht Israels. Auch diese Polarisierung war gewissermaßen erwartbar.

Absolute Mehrheit für das Bilderverbot

Darüber hinaus wurden die politischen Vorstellungen der Muslime in Bezug auf Großbritannien abgefragt. Und was sich da ergab, war schon eher der Blick auf ein unbekanntes Land. So sind 52 Prozent der britischen Muslime dafür, bildliche Darstellungen des Propheten Mohammed insgesamt zu verbieten. Also nach dem schottischen Hate Crime Act ein Blasphemiegesetz für ganz Britannien.

Darüber hinaus wünscht sich ein Drittel der Muslime (32 Prozent) die Einführung der Scharia innerhalb der kommenden 20 Jahre. Auf GB News fand Nigel Farage dieses Ergebnis „vielleicht das am meisten beunruhigende“. Fast ebenso bemerkenswert: 20 Prozent wussten dazu keine Antwort, 25 Prozent sagten, die Sache sei „weder wünschenswert noch abzulehnen“. Das heißt wohl, es darf kommen, wie es will. Diese Antwort wirkt trügerisch, denn einen Mittelweg gibt es in diesen Fragen nicht. Nur 23 Prozent der Muslime lehnen die Scharia eindeutig ab.

Ebenfalls 32 Prozent wünschen sich die Erklärung des Islams zur Staatsreligion im Vereinigten Königreich. Im allgemeinen Sample der britischen Bevölkerung stimmen hier zwölf Prozent zu (wie hoch ist der Anteil der Muslime denn nun wirklich?). 27 Prozent wollen Homosexualität erneut unter Strafe stellen. 21 Prozent der Muslime sehen darüber hinaus den Dschihad positiv, 50 Prozent sind hier unentschieden, wollen nichts sagen oder behaupten, sie hätten den Begriff noch nie gehört.

Vor allem in der jüngeren Alterskohorte der 18- bis 34-Jährigen finden sich eher extreme Positionen, das gilt zum Teil auch für die Muslime mit Studienabschluss im Gegensatz zu jenen ohne, ebenso sind in Großbritannien geborene Muslime in vielen Fragen extremer als im Ausland geborene.

Labour hat viele muslimische Unterstützer verloren

44 Prozent halten es für akzeptabel, einen Abgeordneten abzuwählen, weil er eine andere Meinung zum Konflikt um Israel und Palästina hat. Für ein Viertel der Muslime ist es das wichtigste politische Thema. Die Nachwahl in einem Wahlkreis ging kürzlich in diesem Sinne aus, als der Labour-Apostat George Galloway mit einem Pro-Gaza-Wahlkampf eine Mehrheit in Rochdale gewann. Seine Siegesrede bestand vor allem aus dem Satz: „Keir Starmer, das ist für Gaza.“ Dass sich hinter dem Votum für Galloway auch Extremisten versammeln können, ist offensichtlich und wird durch neue Erkenntnisse bestätigt: Die Organisation The Muslim vote (TMV) wird von Organisationen unterstützt, die der neuen (erst vor einem Monat vorgestellten) Extremismus-Definition der britischen Regierung entsprechen.

So zeigt sich, dass Muslime und ihre Verbündeten wahlentscheidend sein können. Laut der Jackson-Society-Studie gewinnt Labour etwa anderthalb Mal so viele Stimmen unter den Muslimen (61 %) wie unter allen Briten (43 %) – auch wenn die Partei wegen ihres vorsichtigen Kurses in Sachen Israel schon unter Muslimen verloren hat. Die Konservativen (12 %) und Reform UK (4 %) sind hier auf weniger als die Hälfte ihres allgemeinen Stimmenanteils geschrumpft, die Grünen verdoppeln sich knapp (9 %). Die SNP schneidet erstaunlich schwach mit nur einem Prozent ab. Die Kombination aus Gender-Self-ID und Antirassismus scheint noch nicht bei den britischen Muslimen zu verfangen. 39 Prozent der befragten Muslime sind aber auch für die Gründung einer muslimischen Partei.

Ein Regierungssprecher erklärte zu der neuen Jackson-Studie: „Wir haben vor kurzem eine Reihe von Maßnahmen vorgestellt, die den sozialen Zusammenhalt fördern und religiösem Hass entgegenwirken sollen. Unser Plan wird die Spaltung in unseren Gemeinschaften bekämpfen und sicherstellen, dass wir unsere demokratischen Freiheiten im ganzen Land schützen.“ Die neue Extremismus-Definition der Regierung ist übrigens lagerübergreifend umstritten. So haben auch die konservative Ex-Innenminister Priti Patel, Sajid Javid und Amber Rudd eine kritischen Brief an Wohnungsminister Michael Gove geschrieben, in dem sie vor der Politisierung des Extremismus-Begriffs warnen.

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