Sie hatten alle ihre Momente. Nikki Haley konnte bei der Abtreibungsfrage punkten, Tim Scott wirkte integer, Mike Pence versuchte mit Erfolgen aus seiner Zeit als Vizepräsident zu punkten. Asa Hutchinson und Doug Burgum wirkten sympathisch, ländlich, kleinstädtisch. Chris Christie positionierte sich als Anti-Trump-Kandidat, was ihm etliche Buhs aus der Menge einbrachte.
Der Geschäftsmann und Politik-Neuling Vivek Ramaswamy und Floridas Govenor Ron DeSantis waren die aktivsten und gefragtesten Kandidaten des Abends. Wobei Vivek nicht nur einmal wie eine jüngere Version Trumps wirkte. Nicht umsonst heißt sein Wahlslogan wie das soziale Netzwerk von Donald Trump: Truth.
Der absolute Favorit, derjenige, der dem Gericht die nötige Würze gegeben hätte, fehlte bei der Debatte. Er hätte Wichtigeres zu tun, ließ Trump verlauten. Immerhin musste er sich auf die Anklageerhebung am nächsten Tag in Atlanta vorbereiten.
Außerdem hatte er eine eigene Bühne. Um 20.55 Uhr, fünf Minuten vor dem Beginn der GOP-Debatte, ging sein 46-minütiges Interview mit Tucker Carlson bei Twitter/X live. Um Mitternacht hatte es bereits 90 Millionen Views. Trotz erneuter Streaming-Schwierigkeiten. Wahrscheinlich waren die X-Server mal wieder überlastet.
Laut Trump können sich die acht Kandidaten eh nur noch als Minister bewerben, der Job als Chef sei bereits besetzt. Mit ihm. Ganz offensichtlich hat Vivek Ramaswamy das frühzeitig erkannt und spekuliert auf den Posten als Vizepräsident. Trump sei der beste Präsident des Jahrhunderts und hätte eine großartige Politik gemacht. „America First“ sei auch sein Motto.
Die wichtigsten Punkte des Kandidatenduells in Kürze. Amüsant: Vor der Debatte schaltete Joe Biden einen Werbespot. In der Halle hat man laut gelacht.
Die Moderatoren Brett Baier und Martha MacCallum fragten, warum der Song „Rich Men North of Richmond“ so populär sei? Ron DeSantis: Menschen in Amerika können sich keine Wohnung mehr leisten, Hunter Biden dagegen bekommt Hunderttausende für seine selbstgemalten Bilder. Die Menschen nördlich von Richmond, die Menschen in Washington, haben das verursacht. Dort müssen wir aufräumen.
Vivek zeigte Humor bei der Frage, warum Wähler ihn wählen sollen. „Who the heck is the guy with the funny name?“, witzelte er. Meine Eltern kamen aus Indien, sie hatten kein Geld. Ich habe den amerikanischen Traum gelebt und lebe ihn noch. Ich bin reich, ich habe eine tolle Frau und zwei wunderbare Kinder. Ich will den amerikanischen Traum für alle wieder möglich machen. Wir sollten aufhören, vor etwas wegzurennen. Wir sollten uns wieder als Nation vereinen.
DeSantis garantierte, dass er nie zulassen würde, dass der Deep State einen Lockdown verhängt und Menschen wegsperrt. In Anspielung auf Trump sagte er: „Fauci, you’re fired“. Nikki Haley mahnte, dass die Kinder die Schulden, die die Regierung aufgenommen hat, niemals bezahlen können werden. „Es ist Zeit für einen Buchhalter im Weißen Haus“. Abtreibung, Obdachlosigkeit, Grenzsicherung, Polizei, Drogen, Schulen, Gender – die wichtigen Themen für die Wähler wurden behandelt. Große Unterschiede gab es, außer beim Thema Abtreibung, nicht.
Vivek war von allen Kandidaten der radikalste, der gleich mehrere Behörden schließen will, um den Deep State auszutrocknen. Er verlangte einen „Total Reset“ des Systems.
DeSantis konnte beim Thema Kriminalität punkten. In Florida gibt es so wenig Kriminalität wie seit 50 Jahren nicht mehr. Staatsanwälte sollen ihren Job tun und er hätte bereits zwei Ankläger entlassen, die dazu nicht in der Lage waren. Am ersten Tag als Präsident würde er dafür sorgen, dass die Drogenkartelle in Mexiko Ärger bekommen. Großer Applaus entbrannte.
Auch das Thema Trump wurde von den Moderatoren angesprochen. Mit der Frage, ob man ihn unterstützen würde, sollte er schuldig gesprochen werden. Vivek, Nikki Haley und Tim Scott reagierten sofort und hoben die Hand. DeSantis erst nach einigem Zögern, Mike Pence noch später. Christie verweigerte sich.
Insgesamt eine informative Veranstaltung, aber grundsätzlich wie ein mittelmäßiger Film ohne echten Hauptdarsteller.