Keine Frage, Donald Trump ist ein Mann, den die Amerikaner „outspoken Guy“ nennen. Direkt, undiplomatisch, auch verletzend bis zur Grenze des Zulässigen, manchmal auch darüberhinaus. Kurzum – das Gegenteil von dem, was in der Regel Politiker kennzeichnet. Keine Floskeln, kein sowohl-als-auch – polarisierend und auf den Punkt. Und bei allem konsequent politisch unkorrekt.
Das betrifft seine Auffassung von Männlichkeit, entsprechend ist sein klassisches Frauenbild, seine Art, Politik als eine besondere Form des in der amerikanischen Wirtschaft üblichen „Russian Roulette“ zu begreifen – und bei all dem die Sprache des sogenannten kleinen Mannes zu sprechen. All das machte ihn bis zuletzt für etwa die Hälfte der amerikanischen Wähler populär und wählbar. Genau das aber begründete die tiefe Abneigung, ja Verachtung des politischen Establishments der westlichen Demokratien. Es war mehr die Person Trump, weniger seine Politik, die ihn zum Objekt großer Verehrung und zugleich tiefer Feindschaft machte.
Seine unverändert große Anhängerschaft versetzt all dies in ohnmächtige Wut. Mit Trump fühlen sich viele selbst persönlich getroffen. Darunter auch Gruppen, die politisch unappetitlich sind, mit denen Trump allerdings auch zu spielen verstand. Die bestürzenden Vorgänge um das Capitol werden so auch ihm angelastet.
Und dennoch – was jetzt geschieht, wird die gespaltene amerikanische Gesellschaft nicht versöhnen, sondern den Graben noch vertiefen. Mitleid kommt auf und der Wunsch nach Vergeltung. Vom Großmut eines Siegers ist bei den Demokraten und ihrem medialen Anhang nichts zu spüren. Dieser Mann soll fertiggemacht werden! Dabei hat Trump noch bittere Überraschungen auf seinem Weg vor sich. All das wird den Mann, dessen Leben von großen Erfolgen, aber auch schweren Niederlagen geprägt ist, nicht in die Knie zwingen. Aber gerecht ist es nicht.
Trumps Präsidentschaft verschaffte den USA einen einzigartigen wirtschaftlichen Aufschwung mit der geringsten Arbeitslosigkeit seit 60 Jahren – und das über alle Ethnien hinweg. Außenpolitisch machte er die von den chinesischen Kommunisten ausgehende Gefahr für den Weltfrieden bewusst. Ebenso, dass freie Gesellschaften auch in der Lage sein müssen, sich zu verteidigen. Zur Wahrheit gehört nicht zuletzt, dass Trump der erste amerikanische Präsident seit sehr langem war, der in seiner Amtszeit keinen Krieg begonnen hat. Bei seinen europäischen Verbündeten machte er sich dadurch unbeliebt, dass er klarmachte, dass die USA nicht nur für die „schmutzigen Dinge“ des politischen Geschäfts zuständig sein könnten, während sich der Rest in Friedfertigkeit und Kritik an den USA sonnen könnte. Zweifellos werden künftige Generationen Trump anders bewerten, als dies heute im Zeitgeistgerausche en vogue ist.
Auch dürfte es nicht allzu lange dauern, bis klar ist, dass auch Nachfolger Biden amerikanische Interessen, die zum Großteil eigentlich auch unsere sein müssten, vertritt. Nur eben alles ein bißchen feiner, diplomatischer, aber keinen Deut weniger hart.