Tichys Einblick
Video aus dem Hospital

Trump: »Wir müssen Amerika noch immer großartig machen«

Donald Trump hat das Hospital in der Nähe von Washington, in dem er seit Freitag wegen seiner Covid-19-Infektion behandelt wird, für einen kurzen Auftritt in seiner gepanzerten Limousine verlassen. Er winkte seinen Unterstützern aus dem Wagen zu.

Donald J. Trump im Konferenzraum des Walter Reed National Military Medical Center in Bethesda, Maryland

imago images / ZUMA Wire

In Deutschland wünschte ihm manch ein Kommentator zumindest kein »politisches Überleben«. Trump hat sich mit einem Video vom Samstagabend (Ostküstenzeit) aus dem Krankenhaus gemeldet. Er weiß um seine Risiken, gibt sich aber unerschüttert: »Ich muss zurückkommen.« Für den Augenblick gehe es ihm gut, sagte Trump in diesem Video. Am Donnerstagabend war er positiv auf SARS-CoV2 getestet worden. Am Freitag hatte er sich offenbar schlechter gefühlt und war in ein Washingtoner Krankenhaus eingeliefert worden. Der Stabschef im Weißen Haus, Mark Meadows, sprach von wirklicher Besorgnis unter den Mitarbeitern. Trump hatte Fieber und leichten Husten, der Sauerstoffgehalt seines Bluts sank rapide ab. Der Präsident war leicht erschöpft.

Am Samstag trat eine deutliche Besserung ein, das Fieber war fürs erste überwunden, der Sauerstoffgehalt in seinem Blut lag wieder bei über 96 Prozent. Trump war wieder auf den Beinen, arbeitete sogar – ähnlich wie Boris Johnson, der während der ersten Tage seiner Erkrankung im Frühjahr fast so weitermachte, als wäre nichts gewesen. Stabschef Meadows sagte über seinen Chef: »Er ist ein großartiger Patient bis auf eine Sache: Er arbeitet weiter und glaubt, noch einige Dinge für das amerikanische Volk erledigen zu müssen.« Photos zeigen den Präsidenten – ohne Krawatte und etwas blasser als sonst – mit Akten vor sich, den schwarzen Filzstift, mit dem er Dokumente zu unterzeichnen pflegt, in der Hand.

Man liest von verschiedenen Medikamenten, die Trump zum Teil präventiv eingenommen hat, darunter Remdesivir und ein Antikörper-Cocktail, eine experimentelle Behandlungsmethode der Firma Regeneron Pharmaceuticals. Aber der Präsident ist noch keineswegs »über den Berg«, wie einer der Ärzte am Samstag sagte.

Trump konnte nicht einfach im Weißen Haus bleiben: »Ich hatte keine Wahl«

Zu Beginn seines Videos dankte Trump den Ärzten und Pflegern des Walter Reed Medical Center, das von der U.S. Army betrieben wird und über eine Präsidentensuite mit eigenen Arbeitsräumen verfügt. Die Infektion sei ihm passiert, wie sie zuvor Millionen anderen passiert war. Der Präsident betonte, dass er weiter gegen diese heimtückische Krankheit kämpfen will – nicht nur in den USA, sondern überall, stellvertretend für die ganze Welt. »Wir werden dieses Coronavirus, oder wie immer Sie es nennen wollen, schlagen.«

Darüber hinaus bedankte sich Trump für die Unterstützung, die er in den vergangenen Tagen aus dem ganzen Land erfahren hat. Am meisten freut er sich über die große Einigkeit der Amerikaner, sieht »beinahe« einen überparteilichen (»bipartisan«!) Konsens aller Amerikaner, und das sei immerhin etwas Schönes. Er verspricht, das nicht zu vergessen. Daneben dankt er auch seinen Amtskollegen in aller Welt für ihre Anteilnahme. Sie wüssten, was das Geschehen für Amerika bedeutet.

»Aber ich hatte keine Wahl.« Und das ist wohl der zentrale Satz in Trumps kurzem Video. »Ich wollte nicht einfach im Weißen Haus bleiben.« Das wäre die von Beratern empfohlene Alternative gewesen: »Bleiben Sie im Weißen Haus, schließen Sie sich ein, verlassen Sie das Haus nicht, gehen Sie nicht ins Oval Office, bleiben Sie einfach in der oberen Etage…« Vor allem sollte er keine Menschen treffen. Doch als amerikanischer Präsident konnte und wollte Trump sich nicht in einem Obergeschoss einschließen und abwarten: »I can’t do that.«

Die nächsten Tage werden entscheidend sein

Als Anführer muss man sich Problemen stellen. Für Trump ist das kein abstrakter Glaubenssatz. Einem Problem stellt man sich nicht allein, indem man es durchdenkt. Als politischer Anführer muss man auch physische Präsenz zeigen. Man muss sozusagen mit dem eigenen Körper und dem eigenen Leben beweisen, dass niemand angesichts dieser Pandemie aufhören kann zu leben, hinaus zu gehen und Menschen zu begegnen.

Die nun auch an ihm erprobten Medikamente gegen die Krankheit bezeichnet Trump mit einigem Optimismus als gottgesandtes »Wunder«. Aber er macht sich keine Illusionen: Die nächsten Tage werden entscheidend sein. Das werde der wirkliche »Test«, sagt Trump und klingt dabei kein Stück bombastisch. Doch was er ausspricht, ist ungeheuer: »Über die nächsten Tage werden wir sehen, was passiert.« Er spielt damit auf den Erfahrungswert an, dass vor allem die zweite Woche nach Ausbruch der Krankheit besonders kritisch ist. In ihr zeigt sich die ganze Schwere eines Verlaufs. Insofern sind seine Worte auch ein stilles Memento mori.

Trump berichtet, dass es seiner Frau Melania gut geht – offenbar etwas besser als ihm, sie sei ja auch ein kleines bisschen jünger als er, scherzt der Präsident. Insofern komme sie mit der Krankheit besser zurecht als er – so wie es die statistische Verteilung, je nach Lebensalter, vorgebe. Noch einmal dankt Trump allen Unterstützern für ihre Liebe, die er nicht vergessen wird.

Unnachahmliche Mischung aus Unbescheidenheit und Pflichtbewusstsein

Inzwischen sind weitere Mitarbeiter der Trump-Kampagne positiv auf das Virus getestet worden, darunter der Kampagnenmanager Bill Stepien, der sich in Isolation begeben hat, und der frühere Gouverneur von New Jersey, Chris Christie, der an Asthma leidet und am Samstag ins Krankenhaus eingewiesen wurde. Am vergangenen Montag hatte sich Trump zusammen mit fünf oder sechs Personen aus seinem engsten Team auf die Debatte vorbereitet.

Auch im Umfeld der Präsidentschaftsdebatte vom Dienstag gab es elf Infektionen – doch keiner der Betroffenen hatte den Veranstaltungssaal betreten. Es handelt sich um Mitarbeiter der Medien oder der Logistik im Umfeld des Ereignisses.

Zu Beginn seines Videos hatte Trump in seiner unnachahmlichen Mischung aus Unbescheidenheit und Pflichtbewusstsein gesagt: »Ich muss zurückkommen, denn wir müssen Amerika noch immer großartig machen.« Diese selbstgestellte Aufgabe will Trump gerne noch zu Ende bringen: »Ich werde bald zurück sein.«

Unterdessen gab es vor dem Walter Reed Medical Center Beistandsbekundungen von Unterstützern.

Emmanuel Macron schrieb Donald und Melania Trump eine handschriftliche Botschaft: »Stay strong and keep going!«

Wladimir Putin schrieb in einer persönlichen Botschaft: »Ich bin mir sicher, dass Ihnen Lebensenergie, ein frischer Geist und Optimismus helfen werden, mit dem gefährlichen Virus fertig zu werden.«

Boris Johnson und Benjamin Netanyahu twitterten:

Inzwischen machte Trump eine kurze Autoausfahrt, um seinen Anhängern außerhalb des Krankenhauses einen Überraschungsbesuch abzustatten und ihnen am Sonntag in Bethesda nördlich von Washington zuzuwinken. Die Kritik daran hat bereits heftig eingesetzt.

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