Tichys Einblick
„Politischer Hexenjagd-Prozess“

Schweigegeld-Prozess: Trump in allen Punkten schuldig gesprochen

Trump wurde im Schweigegeld-Prozess in allen Punkten für schuldig befunden. Ihm drohen bis zu vier Jahre Gefängnis. Das Urteil steht seiner Kandidatur für das Präsidentenamt nicht im Weg. Trumps Spendenseite stürzte nach der Verurteilung wegen Überlastung ab.

Donald Trump nach der Urteilsverkündung, New York, USA, 30. Mai 2024

picture alliance / Newscom | Steven Hirsch

»Schuldig!« Das Urteil der Geschworenen war eindeutig und einstimmig und sorgt für Aufregung. Sie befanden den ehemaligen Präsidenten der Vereinigten Staaten, Donald Trump, in seinem New Yorker Schweigegeld-Prozess in allen Punkten für schuldig. Er soll Geschäftsunterlagen gefälscht haben: Das Schweigegeld, das er über einen Mittelmann an das Pornomodell Stormy Daniels gezahlt habe, sei absichtlich falsch verbucht worden.

Nun sind Schweigegeldzahlungen in den Vereinigten Staaten nicht strafbar. Sie sind für wirkliche Prominente ein probates Mittel, um sich Ärger vom Hals zu halten. Daraus ist ein munterer Geschäftszweig geworden. Promis anschwärzen – ob zu Recht oder nicht, spielt keine Rolle – und dann abkassieren. Der Anwalt von Trump sagte, es gebe keine Grundlage, auf der die Geschworenen zu diesem Urteil hätten kommen können. Es gebe keine Beweise. Die präsentierte der Staatsanwalt auch nicht, sondern legte eine Sammlung von »Narrativen« vor, die eine Absicht von Trump verdeutlichen sollten. Der Richter stimmte dem auch ausdrücklich zu und ließ dies gelten: Auch Narrative könnten bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit von Zeugen helfen.

Der Vorwurf: Trump habe die 130.000 Dollar als Rechtsanwaltskosten verbucht, damit habe er versucht, eine angebliche außereheliche Affäre zu verbergen. Offensichtlich ist auch nicht klar, wie eine solche Zahlung verbucht werden soll.

Schmieriger geht’s kaum. Eine solche Aufführung hätten selbst New Yorker Boulevardtheater abgelehnt, zu durchsichtig, zu schmierig. Auftritt des windigen Pornostars »Stormy Daniels«, die genüsslich und schamlos über angebliche Details aus einer angeblichen Affäre mit Trump vor 20 Jahren erzählt. Da gab’s bei früheren Präsidenten bessere Geschichten. Zudem der windige Medienbesitzer David Pecker, der Berichte kauft, um sie dann angeblich verschwinden zu lassen, und schließlich mit Michael Cohen Auftritt eines verurteilten Lügners, der nur eines im Sinn hat, Trump selbst im Knast zu sehen, nachdem er selbst einsaß. Sie versichern als Zeugen, die Wahrheit und nichts als die Wahrheit zu sagen.

Die Absicht: Trump politisch zur Strecke zu bringen. Oder den Kampf gegen Rechts zu führen, wie man das hier nennen würde. Dazu ist den Demokraten kein Mittel zu schade. Staatsanwalt Alvin Bragg wurde in New York einst mit dem Versprechen gewählt, Donald Trump zur Strecke zu bringen. Politisch schlecht möglich, dann eben mit Hebeln der Justiz. Ob das Rechtswesen dabei Schaden nimmt oder nicht, ist offenkundig gleichgültig. Der Zweck heiligt die Mittel.

Richter Merchan muss jetzt das Strafmaß verkünden. Er hat sich den 11. Juli als Tag zur Urteilsverkündung ausgesucht. Vier Tage später beginnt die politisch wichtige Republican National Convention. Er kann damit die Bedingungen von Trumps Strafe bestimmen und hofft sicherlich, dass seine Entscheidung einen großen Einfluss auf Trumps Wahlkampf haben wird.

Trump drohen bis zu vier Jahre Gefängnis. Erwartet wird eine Strafe auf Bewährung. Trump ist damit der erste ehemalige Präsident, den eine Jury für schuldig hält. Neuneinhalb Stunden brauchte die zwölfköpfige Jury aus dem demokratischen New York, um ihn in allen 34 Anklagepunkten schuldig zu sprechen.

Trump hatte, als er das Gericht verließ, sich lautstark über einen manipulierten und »schändlichen« Prozess beschwert und geschworen, er wolle weiter kämpfen. Er sei ein sehr unschuldiger Mann, und wörtlich: „unser ganzes Land wird gerade manipuliert“. Er werde für die Verfassung kämpfen, das sei noch lange nicht vorbei. Das wahre Urteil werde am 5. November von den Menschen gefällt werden, und jeder wisse, was hier passiert sei, so Trump.

Offen, wem der Prozess wirklich nutzt. Zu unverhohlen und für jedermann erkennbar die Absicht der New Yorker Justiz. Trump war dazu verdonnert worden, an jedem Verhandlungstag persönlich anwesend zu sein. Er konnte also keinen wirklichen Wahlkampf führen und dazu in den Vereinigten Staaten umherreisen. Zudem wurde der sitzungsfreie Tag auf den Mittwoch gelegt und nicht auf Freitag oder Montag, um ihm Reisen zu Veranstaltungen am Wochenende zu ermöglichen. Aus Sicherheitsgründen ist sein Reisen aufwendig.

Jetzt erst recht, scheinen die Unterstützer von Trump zu sagen. Jedenfalls stürzte die Spendenseite von Trump am Abend nach der Verurteilung wegen Überlastung ab. WinRed, die offizielle Spendenplattform der GOP, konnte nicht geladen werden oder zeigte kurz nach der Urteilsverkündung eine Fehlermeldung an – Überlastung der Website. »Unter Wartung«, hieß es auf der Seite, nachdem man angeklickt hatte, um für Trumps Kampagne zu spenden. »Wir sind in Kürze wieder da.« Eine Flut von Social-Media-Nutzern kommentierte, dass sie nach dem Schuldspruch in dem Fall erhebliche Summen für Trumps Kampagne gespendet hätten.

Später war die Seite wiederhergestellt, dort hieß es dann: »Die Linke denkt, wenn sie mich mit genügend Hexenjagden überzieht und meine Familie und Mitarbeiter einschüchtert, werde ich schließlich die Hände aufgeben und unsere America-First-Bewegung aufgeben. Lassen Sie mich so deutlich wie möglich sein: Ich werde nie aufhören, für euch zu kämpfen!«

»I’M A POLITICAL PRISONER!«, heißt es weiter. »Ich wurde gerade in einem manipulierten politischen Hexenjagd-Prozess verurteilt: ICH HABE NICHTS FALSCH GEMACHT! Sie haben mein Haus durchsucht, mich verhaftet, mein Verbrecherfoto gemacht, und jetzt haben sie mich einfach verurteilt! Der korrupte Joe Biden muss die Nachricht erhalten – genau hier und jetzt – dass seine Chancen auf eine zweite Amtszeit HEUTE ENDEN!«

Trump hatte schon vorher seine Auseinandersetzungen mit der Justiz erfolgreich genutzt, um Spenden für seine Kampagne 2024 zu sammeln. Ein Fahndungsfoto des ehemaligen Präsidenten – veröffentlicht, nachdem er in Georgia wegen Wahlbeeinflussung angeklagt wurde – hatte einen Höhenflug an Spenden zur Folge.

Vielen Demokraten dämmert es, dass Trump über zweifelhafte rechtliche Mittel nicht zu bekämpfen ist, und weisen darauf hin, dass es nur einen Weg geben, an der Wahlurne nämlich. Trump dagegen betont laut, die USA seien nicht mehr dasselbe Land. Es sei eine Nation im Niedergang, im ernsthaften Niedergang, Millionen und Abermillionen von Menschen strömten derzeit aus Gefängnissen und aus psychiatrischen Einrichtungen in das Land, Terroristen übernähmen das Land.

Diese Entscheidung, so Trump weiter, sei vom ersten Tag an manipuliert mit einem befangenen Richter, dem man niemals hätte erlauben dürfen, diesen Fall zu verhandeln. Eine strafrechtliche Verurteilung disqualifiziert ihn übrigens nicht von der Kandidatur für das Präsidentenamt oder – im Falle seiner Wahl – der Übernahme eines Amtes.

Der Kommunikationsdirektor von Bidens Wahlkampagne setzte nur schwach hinzu, alle hätten heute in New York gesehen, dass niemand über dem Gesetz stehe. Trumps Anwälte haben erklärt, dass sie rasch Berufung einlegen, sobald dies möglich ist. Dieses Verfahren vor Berufsrichtern kann einige Jahre dauern. Ob Trump dieses Verfahren bei seiner Kandidatur wirklich schadet, ist also noch längst nicht ausgemacht.

„Dies ist die letzte Schlacht. Mit Ihnen an meiner Seite werden wir den tiefen Staat zerstören. Wir werden die Kriegstreiber aus unserer Regierung vertreiben. Wir werden die Globalisten vertreiben«, so Trump in einem am Abend veröffentlichten Video. „Wir werden die Kommunisten, Marxisten und Faschisten hinauswerfen. Wir werden die kranke politische Klasse, die unser Land hasst, abschütteln. Wir werden den Fake-News-Medien den Garaus machen und Amerika ein für alle Mal von diesen Schurken befreien.“

Bei X – dem früheren Twitter – war zu lesen: »Jeder sollte spenden, lasst uns einen Rekord aufstellen.«

»Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie eine politische Spende getätigt. Ehrlich gesagt bin ich kein großer Fan von Trump. Ich denke, er ist eine bessere Wahl als Biden, aber das ist auch schon alles. Ich glaube, ich werde für die Kampagne von @realDonaldTrump spenden.«

Dann wäre der gesamte Aufwand der New Yorker Justiz vergebens, oder: Eine bessere Wahlkampfhilfe hätte sich Trump nicht wünschen können.

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