Als Trump sagte „Ich kandidiere“, nahmen das die Republikaner zunächst so ernst wie die Deutschen den gleichnamigen Film von „Horst Schlämmer“. Nachdem Trump die republikanischen Gegenkandidaten einen nach dem anderen wegputzte, brauchten die „NeverTrump“-Parteifreunde mehr als Argumente. Dabei war den Reps aufgefallen, dass sie eigentlich nichts über den Kandidaten wussten, außer dem, was die Forbes-Liste und die Trump‘sche Selbstdarstellung hergab. Also beauftragten sie die Recherche- und strategische Beratungsfirma „Fusion GPS“ mit der Beschaffung von kompromittierendem Material. Ein Glenn Simpson und andere ehemalige Wall-Street-Journal-Redakteure hatten die Firma in Washington D.C. gegründet und dienten sich Rechtsanwaltskanzleien, Konzernen und Investoren bei der Materialbeschaffung über Mitbewerber oder bei Firmenübernahmen an, sowie für „Nachforschungen bei politischen Opponenten“.
Während die Welt staunend Zeuge wurde, wie der Baulöwe und Außenseiter seine republikanischen Mitbewerber – vom angeblich Tiefreligiösen bis zum smarten Selbstdarsteller – scheinbar mühelos abservierte, verloren die Auftraggeber ihr Interesse an der Arbeit von „Fusion GPS“ und beendeten die Zusammenarbeit. Doch damit geht unsere Geschichte erst richtig los. Denn das nächste Trump-Opfer dürfte nach dem Gesetz der Serie Hillary Clinton, Spitzenkandidatin der Demokraten und Liebling der linksliberalen Presse, heißen. Und auch die Demokraten hatten keinerlei taugliche Anti-Trump-Munition auf Lager.
„Fusion GPS“ konnte im Vorwahlkampf wahrscheinlich wenig für seine Auftraggeber beisteuern, aber die Rechercheure hatten sich an einem neuen Thema festgebissen: Trump und Russland. Hierzu muss man sich in Erinnerung rufen, dass die Obama- Administration auf einen neuen kalten Krieg zusteuerte (das obskure Maidan-Massaker, die Krim-Annexion, Syrien). Trump hingegen hatte Putin wiederholt als „netten Kerl“ bezeichnet, weil der ihn auch einen „netten Kerl“ genannt hatte. Wer also würde von einem Russen-freundlichen US-Präsidenten profitieren? Russland.
Nun saßen unsere FGPS-Rechercheure in ihrem Investigativ-Büro in Washington ein wenig ab vom Schuss. Hier kommt, wie aus einem Roman von John Le Carré entsprungen, ein gewisser Christopher Steele ins Bild. Der Ex-Präsident der Cambridge Union, Ex-MI-6 Agent in Moskau, Ex-MI-6-Chef für russische Angelegenheiten, Ex-Berater bei „Capture or Kill“-Operationen der Britischen Special Forces in Afghanistan, war so eine Art Chef von Fremde Heere Ost, nur jünger. Der 52-Jährige residiert mit junger Frau, vier Kindern und drei Katzen in einem ansehnlichen Landhaus in Surrey bei London. 2009 verließ er den MI-6, und betrieb fortan die Firma Orbis, einen Zufluchtsort für Geheimagenten und Journalisten, die ihre Fähigkeiten, Kontakte und Kenntnisse lieber den Entscheidern und Globalisierungsstrategen zur Verfügung stellten als dem Staat oder Redaktionen. Offensichtlich eine Wachstumsbranche.
Für FGPS war Steele der ideale Partner, der sich rühmte, in Russland Gott und die Welt zu kennen (Gott Putin nicht, der hatte ihn eher auf seiner Abschussliste). Für zwischen 12.000 und 15.000 $ im Monat, plus Spesen, schreibt Vanity Fair, machte sich Steele ans Werk. Das erscheint uns fast ein wenig unterbezahlt, aber zu den Zahlen kommen wir noch. Regelmäßig schickte Steele Berichte seiner russischen Konfidenten an FGPS. Darin stand, der Kreml habe Donald Trump nicht nur „seit Jahren gepflegt, unterstützt und assistiert“, sondern ebenso „kompromittierendes Material gesammelt, um ihn jederzeit erpressen zu können“. Dann das: „Das russische Regime steckt hinter den E-Mail-Leaks über die WikiLeaks-Plattform.“ Oder dieses: „Im Gegenzug erklärte sich das Trump-Team bereit, bei Russlands Intervention in der Ukraine an der Außenlinie zu bleiben.“
Unser James Bond aus Surrey wusste natürlich, was seine amerikanischen Auftraggeber wünschten, und ob auch nur ein Wort davon wahr ist, lässt sich schwer beweisen, denn es war immer nur von Quelle A oder Quelle B die Rede. Die wiederum nur einer kannte, James Bond Steele.
Nun hatte das Clinton-Lager jede Menge Schmutz angekauft, es half trotzdem nicht. Denn die Medienmeute hetzte von einem Trump-Tweet zum nächsten, und konnte kaum an Hillarys zigtausend Emails auf ihrem Privataccount vorbeigehen. Dazu steuerte Demokrat Weiner mit seinen Unten-Ohne-Fotos und der windige Clinton-Wahlkampfmanager Podesta selbstbelastenden Schmutz genug bei. Zudem lieferte Trump den linksliberalen Medien mehr Empörungs- und Erregungsstoff (Mauerbau, Einreisestopps, etc.), als in die jeweiligen Ausgaben passte. Nur die linke Zeitschrift „Mother Jones“ war sich nicht zu schade, das FGPS-Material zu drucken. Aber niemand sprang auf den Zug auf, zu substanzlos schienen die Vorwürfe, auch inhaltliche Fehler, falsche Namen und Orte ließen andere Redaktionen während des Wahlkampfs von der Geschichte Abstand nehmen.
Nun waren die Spürhunde von FGPS aber in erster Linie auch Trump-Hater und nicht bereit, abzulassen. Sie ließen Steele das Material an alte Bekannte vom FBI-Büro in Rom weiterleiten, und über einen emeritierten britischen Botschafter an den Republikaner und Anti-Trumper John McCain. McCain wiederum gab das Material an den FBI-Chef Comey.
Ist es überraschend, dass Hillary Clinton des schmutzigen Wahlkampfs überführt wurde? Dass sie Millionen zahlte, um Gegner zu diskreditieren? Kaum. Wobei sie de jure natürlich fein raus ist. Deshalb wurde der Rechtsanwalt Elias zwischengeschaltet, der sich auf seine anwaltliche Schweigepflicht berufen kann.
Eine Sprecherin des DNC sagte der Washington Post, eigentlich wisse sie von nichts: „Der Chairman und die neue Führung des DNC waren an keiner Entscheidung bezüglich Fusion GPS beteiligt, noch wussten sie, dass Perkins Coie mit dieser Organisation zusammengearbeitet hat.“ Der Geheimdienstausschuss des US-Kongresses hat Fusion GPS nun juristisch aufgefordert, seine Einnahmen offen zu legen.