Nach dem Vorbild der kanadischen Lastwagen-Konvois bilden sich auch in Europa Protestzüge. Hunderte von Lastwagenfahrern waren am Mittwoch in verschiedenen Städten in Südfrankreich gestartet und rollen nach Paris. Auf dem Weg schlossen sich weitere Fahrer an. Allein bei der Ankunft im südfranzösischen Orange soll der »Freiheitskonvoi« bereits zehn Kilometer lang gewesen sein. Viele Fahrzeuge haben kanadische Flaggen als Hinweis auf die Trucker, die in Kanada gegen Covid-Zwangsmaßnahmen und die Impfpflicht protestieren.
Heute wollen sie in Paris ankommen und versuchen, die Hauptstadt zu blockieren.
Auch in Belgien gibt es LKW-Konvois. Aus Paris wollen die Trucker weiter nach Brüssel fahren und dort vor der EU für die Aufhebung der Corona-Zwangsmaßnahmen demonstrieren. Sie fordern, dass auch Menschen ohne Covid-19-Impfung den Zutritt zu öffentlichen Einrichtungen haben. Viele Menschen verstünden nicht, warum es in Frankreich einen Impfpass gebe, so ein Sprecher der Konvoi-Organisatoren. Ebenso wolle die Mehrheit der Bürger keine Einführung eines Gesundheitspasses bis 2023.
Die demonstrierenden Lastwagenfahrer sagen jedoch, dass sie trotz der Drohungen ihre geplante Route in die französische Hauptstadt fortsetzen werden. Mit eine Rolle spielen offenbar auch die Preise für Benzin und Diesel, die sich auch in Frankreich auf einem Allzeithoch befinden. Unterstützt werden die Trucker von der »Gelb-Westen-Bewegung«, die in den vergangenen Jahren heftig gegen hohe Preise und gegen die Zusatzkosten für eine »Energiewende« protestiert haben.
Die französische Exekutive nehme die Lage sehr ernst, berichtet der Sender Europe 1. Nach einem Bericht des Senders hätten die Nachrichtendienste Probleme, die Lage einzuschätzen. Denn die Bewegung sei sehr heterogen. An den Mautstellen der Autobahnen und rund um Paris sollen starke Truppen sogar mit Panzerfahrzeugen eingesetzt werden.
Regierungssprecher Gabriel Attal sagte, er erkenne den »Überdruss« der Öffentlichkeit an den Maßnahmen zur Infektionskontrolle, meinte aber, dass Frankreich zu den europäischen Ländern mit den »wenigsten Einschränkungen, die die Freiheit der Bürger beeinträchtigen«, gehöre. Die Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen sagte, dass sie die Ziele der Demonstranten »verstehe« und dass es sich um eine »andere Form der Gelbwesten«-Demonstrationen gegen Präsident Emmanuel Macron handele, die Frankreich im Jahr 2018 erschütterten.
Auch in Neuseeland wird ein Konvoi aus Lastwagen und anderen Fahrzeugen gemeldet. Die Demonstranten lagern auf dem Gelände des Parlamentes in Neuseelands Hauptstadt Wellington. Sie wollen so lange bleiben, bis die Corona-Zwangsmaßnahmen aufgehoben werden. In Neuseeland besteht eine Impfpflicht für Personen im Gesundheitswesen, dem Bildungswesen, der Strafverfolgung und der Verteidigung. Für den Zutritt zu Restaurants, Sportveranstaltungen und Gottesdiensten muss ein Nachweis vorgelegt werden.
Mittlerweile blockieren Demonstranten mit ihren Trucks zwei wichtige Grenzübergänge zwischen den Vereinigten Staaten und Kanada. Von den Blockaden betroffen sind unter anderem die Autohersteller Ford und Toyota. Sie mussten ihre Produktion teilweise reduzieren. Am gestrigen Donnerstag sagte der Bürgermeister der kanadischen Stadt Windsor, jeder Tag, an dem der Übergang geschlossen sei, verursache wirtschaftliche Schäden in den Vereinigten Staaten und in Kanada in Höhe von 400 Millionen Dollar.
Seit Januar sollen Lastwagenfahrer, die aus den USA nach Kanada zurückkehren, einen Impfnachweis vorlegen müssen. Ehemalige kanadische Militärangehörige und Polizei rufen bereits Veteranen und pensionierte Polizisten auf, nach Ottawa zu kommen und die Trucker zu unterstützen. Die könnten strategisch denken und organisieren.
Einwohner bekunden, dass ihnen die Anwesenheit der Trucker nicht unlieb ist, sei die Stadt doch sicherer als sonst: »Als Einwohner von Ottawa ist unsere Innenstadt mit den Truckern am sichersten.«