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Gesetz passiert australisches Parlament

Ohne TikTok und Instagram? Australien verbietet Minderjährigen unter 16 die Nutzung Sozialer Medien

Das Gesetz ist beschlossen, in Kraft treten soll es in einem Jahr: Kinder und Jugendliche unter 16 werden von der Nutzung Sozialer Medien ausgeschlossen. Dient dieses Gesetz dem Kinderschutz, oder handelt es sich um Zensur durch die Hintertür? Womöglich beides.

Der australische Premierminister Anthony Albanese.

picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Lukas Coch

Australien verbietet Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren die Nutzung Sozialer Medien. Das am Donnerstag verabschiedete Gesetz wird voraussichtlich in einem Jahr in Kraft treten. Auf den ersten Blick ein gewagtes Unterfangen – ist doch allgemein bekannt, dass das Verbotene besonders reizvoll ist, und ob Umsetzung und Durchsetzung durch Altersprüfungen gelingen werden, ist fraglich.

Sicherlich handelt es sich hier, betrachtet man die gravierenden Auswirkungen, die übermäßige Mediennutzung nicht nur auf Kinder hat, um einen beherzten Versuch, gegen Übel wie Einsamkeit, Bindungsunfähigkeit, mangelnde Konzentrationsfähigkeit, den Verlust kognitiver Fähigkeiten etc. vorzugehen.

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TikTok-Trends etwa können verheerende Folgen haben; Kinder und Jugendliche flüchten in Parallelwelten, und kommen als „non-binär“ oder „trans“ wieder heraus, weil sie in einer Scheinwelt ohne jedes Korrektiv in die Irre geführt wurden. Wird hier also nicht der schädlichen Beeinflussung von jungen, vulnerablen Menschen ein Riegel vorgeschoben?

Ja. Dennoch muss dieses Gesetz auch kritisch betrachtet werden. Da ist zum einen die Verhältnismäßigkeit: Wieder einmal soll der Nanny-Staat richten, was eigentlich seine Bürger schaffen müssten und sollten. Eltern obliegt es, die Mediennutzung ihrer Kinder zu kontrollieren – und vor allem durch gutes Beispiel vorzuleben, wie es geht.

Wenn Kinder ihren Eltern entgleiten, weil diese desinteressiert oder dauergestresst sind, wenn Erwachsene nicht für ein Umfeld sorgen, in dem Kinder Liebe, Fürsorge, Nähe und Gemeinschaft erfahren, wo sie sich gesehen und gehört fühlen, wo man miteinander Ausflüge unternimmt, sich in der nichtdigitalen Welt bewegt, und diese schätzt und genießt, kann kein Gesetz dieser Welt diesem Umstand abhelfen.

Zudem ist die Umsetzung etwa eines Smartphone-Verbots durch Eltern, auch, wenn es viel Kraft kosten mag, letztlich erfolgversprechender und effektiver als der Versuch, betrugssichere Mechanismen im Netz zu installieren. Denn die kognitiven und psychischen Probleme, die durch übermäßige Mediennutzung entstehen, machen sich ja nicht nur an den Sozialen Medien fest.

Die Apathie, mit der viele Menschen die Kontrolle und Hoheit über ihr Leben an Maschinen übergeben, ist besorgniserregend, ganz gleich, in welchem Alter. Ein verantwortlicher Umgang hingegen bringt persönlichen und gesellschaftlichen Mehrwert: Wie wertvoll ist die Vernetzung, die heute einen Jugendlichen in Windeseile mit Menschen aus anderen Erdteilen verbindet? Was früher nur über die mühsame Brieffreundschaft möglich war, braucht heute Sekunden.

Australiens Gesetz ist also keine Lösung des eigentlichen Problems, das hinter der Nutzung Sozialer Medien durch Kinder und Jugendliche verborgen liegt.

Sehr wohl aber bietet es ein Einfallstor für Kontrolle. Und hier hat die australische Regierung nicht gerade eine saubere Weste. Erst vor wenigen Tagen wurde das heftig kritisierte Desinformationsgesetz zurückgezogen – dieses hätte einer staatlichen Kontrollorganisation Kompetenzen eingeräumt, um freie Meinungsäußerung im Netz zu beschneiden. Da sich abzeichnete, dass das Gesetz keine Mehrheit bekommen würde, gab die Regierung klein bei – ein Sieg für die Meinungsfreiheit, der auf das nun beschlossene Gesetz einen Schatten wirft.

Angesichts dieses Zensurversuchs bleibt der fade Beigeschmack, dass hier womöglich nicht nur die geistige und körperliche Entwicklung von Kindern geschützt werden soll – gäbe es da nicht auch Alternativen in Form von Initiativen, Schulungen, Aktionswochen etc.? – sondern dass man den Effekt, dass hier ein signifikanter Teil der Bevölkerung pauschal von Meinungsbildungsprozessen ausgeschlossen wird, mindestens billigend in Kauf nimmt. Noch nicht davon zu reden, dass bei zuverlässiger Authentifizierung massenhaft sensible persönliche Daten ins Netz eingespeist werden müssten:

Regierungen im liberalen Westen entwickeln immer häufiger eine Allergie gegen freie Meinungsäußerung, und begründen Einschränkungen gern mit dem Kampf gegen Fake News.

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Das ist mit Blick auf Deutschland ein spannender Aspekt: Denn hier hatten Umfragen im Zusammenhang mit den Landtagswahlen im Herbst ergeben, dass Jugendliche mehrheitlich „rechts“ wählen (oder wählen würden). Genau jene Generationen also, die sich nicht vorrangig über klassische Medien und den ÖRR informieren.

Zudem ist in Deutschland die AfD die einzige Partei, die sich in nennenswertem Umfang und erfolgreich in den sozialen Medien dort bewegt, wo die jungen Leute tatsächlich sind: Auf TikTok etwa. Eine solche Einflussnahme ist völlig legitim: Jede Partei muss für sich entscheiden, welche Kanäle sie bespielt, welche Zielgruppen ihr wichtig sind.

Es ist vielsagend, dass jene Parteien, die daran gewöhnt sind, von Medien hofiert zu werden, sich davor sträuben, dort Inhalte zu bringen, wo man vor dem direkten Feedback der Nutzer nicht abgeschirmt wird. Dass solcher Einfluss dem politischen Establishment indes nicht gefällt, ist klar. Es bleibt also zu beobachten, ob hier eine Vorlage geschaffen wird, um missliebige Information von jungen Wählern fernzuhalten.

Insofern ist das australische Gesetz ein zweischneidiges Schwert: Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor schädlichen Einflüssen in den Sozialen Medien ist ein wichtiges Anliegen. Ob dafür ein derart massiver Eingriff in die Informationsfreiheit Minderjähriger legitim ist, darf zumindest in Frage gestellt werden.

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