Anschlag in New York: Wohl doch politischer Terror und nicht bloß „Schießerei“
Sebastian Thormann
In der vergangenen Woche schoss ein Mann in New York um sich. Was hierzulande schnell als „Schießerei“ abgetan wurde, hat wohl doch einen politischen Hintergrund. Der Täter war Black-Lives-Matter-Unterstützer und glaubte an einen kommenden Rassenkrieg gegen Weiße, Juden und Donald Trump.
Vergangene Woche schoss ein Mann in Bahnuniform mit Gasmaske in der New Yorker U-Bahn um sich und zündete Blendgranaten. Zehn Menschen wurden verletzt, einige davon schwer. Manche deutsche Medien halten sich zu möglichen Motiven aber lieber sehr bedeckt. Es handele sich nicht um Terror, so wird vermittelt, und der Mann sei einfach nur verrückt.
Dass der Mann ein psychisches Problem hat, ist sehr wahrscheinlich – wie so oft schließt das aber nicht aus, dass er gleichzeitig auch politischer Extremist sein kann. Nur dass man hier wohl nicht so gerne darüber spricht.
Der 62-jährige Afroamerikaner Frank James sitzt inzwischen wegen der U-Bahn-Attacke in Haft; „Terroranschläge und andere Gewalt gegen Massentransportsysteme“ ist die Straftat, die ihm vorgeworfen wird. In Online-Videos und Posts verbreitet er Schwarzen Nationalismus, trägt mal ein „Black Lives Matter“-T-Shirt, charakterisiert die Situation von Afroamerikanern als „Amerikanisches Auschwitz“, hetzt gegen Juden, Weiße, Ex-Präsident Trump und spricht von einem kommenden „Rassenkrieg“. Es wäre nur eine Frage der Zeit, bis die Weißen anfangen würden, einen Genozid an Schwarzen zu begehen, behauptet er etwa und sagt dann: „Und so lautet die Botschaft an mich: Ich hätte mir eine Waffe besorgen sollen und einfach anfangen sollen, auf diese Hurensöhne zu schießen.“ Auch auf einer Terrorbeobachtungsliste des FBIs tauchte James bis 2019 auf.
Die Tagesschau nennt das schlicht „wirr“ oder schreibt, es handele sich um Auslassungen über „Rassismus, Obdachlosigkeit und Waffengewalt“. Das Motiv sei unklar, Terror aber könne man ausschließen.
Natürlich kann man zum jetzigen Zeitpunkt kein endgültiges Fazit zu seinem Motiv ziehen. Aber das hielt die Tagesschau auch in der Vergangenheit nicht ab, über Hintergründe von tödlichen Schüssen zu spekulieren. Etwa wenn sie über genau das berichtet, was eventuell James antrieb. Wenn Polizisten auf Schwarze schießen, wird dies zum Beispiel gerne direkt mit „Polizeigewalt in den USA“ überschrieben und als „für viele ein weiterer Beweis für die Ungerechtigkeit im Land“ dargestellt, ohne dass irgendwelche Hintergründe klar sind. Selbst nachdem Ermittlungen dann keinerlei Fehlverhalten der Polizisten feststellten, wie etwa in Kenosha, Wisconsin, berichtete die Tagesschau über den Vorfall dann als Fall von „Polizeigewalt“.
Die Öffentlich-Rechtlichen werden sehr selektiv, wenn es darum geht, über die Hintergründe einer Tat zu berichten oder über diese zu spekulieren. Man kann sich jedenfalls denken, wie die Berichterstattung ausgesehen hätte, wenn der Mann ein Rechtsextremer gewesen wäre und anti-schwarzem statt anti-weißem Rassismus anhängen würde – oder er womöglich irgendwo mit einer Trump-Kappe statt einem Black-Lives-Matter-T-Shirt posiert hätte.
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