Die Bezahlkarte, die im politischen Deutschland gerade heiß herumgereicht wird, wäre nichts für Österreich. Das meint zumindest der Migrationshardliner aus dem Burgenland, der dortige SPÖ-Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, der nun mit neuen Vorschlägen versucht, die Migrationspolitik seines Landes zu sprengen. Mit der Wiener Parteiführung hat er dabei nicht viel am Hut. Die burgenländische SPÖ vertrete „in gesellschaftspolitischen Fragen eine eigenständige Linie“, ist also eine populistische Variante der abgehobenen Hauptstadtpartei. Die Wahl zum Vorsitzenden hatte er im Juni knapp verloren.
Die in Wien regierende ÖVP greift Doskozil scharf an: „Das Bild, das die ÖVP in Sachen Asyl nach außen abgibt, lautet: ‚Kommt bitte nach Österreich – auch wenn ihr kein Asyl bekommt, habt ihr eine mehr als 90-prozentige Chance, hier einen Aufenthaltstitel zu erhalten.‘ Das kann es nicht sein.“ Auch die FPÖ von Herbert Kickl kritisiert Doskozil im Vorbeigehen, auch sie könne es nicht besser, sagt er pflichtschuldig. Sie profitiere, weil die ÖVP es gar nicht könne. Wie er ohne eine der beiden Parteien eine Regierung in seinem Sinn bilden will, blieb schon immer sein Geheimnis.
Obergrenze bedeutet Zurückweisungen
Daneben bringt Doskozil erneut eine Obergrenze ins Spiel, wie sie einst der SPÖ-Kanzler Werner Faymann eingeführt hatte: Nur noch 80 Anträge pro Tag (etwa 30.000 im Jahr) sollten damals, im Februar 2016, erlaubt sein, mit dem Argument, dass Österreich mehr „Flüchtlinge“ aufnahm als Frankreich oder Italien. Inzwischen sieht Doskozil die Aufnahmefähigkeit schon deutlich geringer und fordert eine Obergrenze von 10.000 Migranten für das laufende Jahr. Warum eigentlich nicht noch weniger, warum nicht Obergrenze Null?
Den 10.001. Antragsteller will er nach Ungarn zurückschicken, wo der vermutlich mit einem Megaphon bewaffnet und in Landessprache um Asyl bitten müsse, um einen Antrag stellen zu dürfen, so improvisierte Doskozil in der Nachrichtensendung ZIB 2 locker vom Hocker, um den Österreichern zu zeigen, dass es auch anders geht, respektive dass es mit Orbán keinen Waisenknaben trifft. Ist das ein gutes Argument, wenn man Zurückweisungen nach Ungarn anstoßen will? So und so. Für Andreas Babler, den Chef der österreichischen Sozialdemokraten, ist das „kein Lösungsansatz“.
In der Sendung ZIB 2 folgten sogleich die kritischen Fragen nach der Vereinbarkeit der neuen Obergrenzen-Forderung mit dem EU-Recht. Doch für Doskozil ist klar: Das EU-Recht ist die geltende Dublin-Verordnung, und die sähe viel weniger Asylanträge in Österreich (und in Deutschland) vor, als derzeit gestellt werden. Die Asylanträge müssten vielmehr in den Ländern gestellt werden, in denen die „Flüchtlinge“ zuerst EU-Boden betraten. Das sei zwar „vielleicht ungerecht“ und eine Belastung für die Länder mit Außengrenze, sei aber eben „geltendes Recht“, so Doskozil.
Kann die EU Asylzentren in Afrika errichten?
Früher hielt er nichts von der Obergrenze, wie Video-Statements belegen. Inzwischen haben sich die Zeiten offenbar gewandelt. Österreich hat seit einigen Jahren die höchsten Asylbewerberzahlen pro Einwohner in der EU – nach dem winzigen Zypern, könnte man anfügen. Auch Österreich kann somit als „Zielland Nr. 1“ in Europa gelten, obwohl mengenmäßig unzweifelhaft Deutschland den Preis bekommt.
Doskozil will, dass jeder angenommene Asylbewerber eine Arbeitsstelle bekommt. In Dänemark liege die Beschäftigungsquote von Asylzuwanderern bei 78 Prozent, in Österreich – ähnlich wie in Deutschland – nur bei rund 50 Prozent. Natürlich fordert auch Doskozil Rückführungsabkommen (nicht Migrationsabkommen, wie Faeser sie plant) mit außereuropäischen Ländern, in die kaum abgeschoben werde. Asylzentren an den EU-Außengrenzen, wie ab 2026 geplant, und in Afrika seien erforderlich. Diesen Weg hat die EU noch nicht eindeutig freigemacht, aber vielleicht gäbe die Einigung vom Dezember sogar das her, wenn man es wollte.