In den vergangenen 20 Jahren waren die Nahrungsmittelpreise weniger angestiegen als andere Lebenshaltungskosten. Zwischen 2000 und 2019 lag die Teuerung durchschnittlich noch knapp unter 1,5 Prozent. Der Preisanstieg von November 2021 zu November 2022 liegt jedoch bei 21,1 Prozent, wie das Statistische Bundesamt ermittelte.
Fast unbemerkt änderte die Europäische Kommission am 5. April 2022 die Mehrwertsteuersystemrichtlinie. Seitdem ist ein Nullsteuersatz auf alle lebensnotwendigen Güter, wozu auch Lebensmittel gehören, möglich (Amtsblatt der Europäischen Union, 2022), schreibt der Wirtschaftsdienst.
Einerseits wurde vom Umweltbundesamt empfohlen, die Mehrwertsteuer auf Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte (wie Linsen und Bohnen) zu streichen und andererseits, wenngleich auch nicht auf der Stelle, die Mehrwertsteuer auf tierische Produkte wie Fleisch und Milch von sieben auf 19 Prozent zu erhöhen.
Sodann wurde kolportiert, ein vollständiger Verzicht auf die Mehrwertsteuer auf Nahrungsmittel wäre mit zwölf bis 13 Milliarden Euro geringeren Steuereinnahmen verbunden. Fraglich war ebenso, ob der Handel die Steuersenkung komplett an die Kunden weitergäbe – oder wohl eher nicht. Und alsbald verschwand die Diskussion sang- und klanglos von der politischen Bühne.
All diese Besorgnisse, Berechnungen und Debatten – was gut ist oder schlecht, was falsch oder richtig – fürchtet die spanische Regierung dagegen nicht. Lebensmittel sind in Spaniens Supermärkten 15 Prozent teurer als vor einem Jahr. Und die sollen jetzt wieder günstiger werden. Deshalb senkte die spanische Regierung den ohnehin ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf vier Prozent für Grundnahrungsmittel.
Gute Nachrichten gibt es auch für Mieter, wie die Tagesschau berichtet. In Spanien steigt die Miete laut Vertrag oft automatisch entsprechend der Inflation – in diesem Jahr rund zehn Prozent. Der Aufschlag war in den letzten Monaten schon auf zwei Prozent gedeckelt, jetzt soll diese Inflationsklausel für ein halbes Jahr gar nicht mehr gelten. Auch die Rentner bekommen 8,5 Prozent mehr – was mehr als einen Gutteil der gesamten Inflation abfängt.
Pendlertickets bleiben weiter günstig: Seit Monaten übernimmt der Staat 30 Prozent der Kosten, wenn die Autonome Gemeinschaft, quasi das Bundesland, selbst 20 Prozentpunkte draufpackt. Monatskarten kosten dann also nur die Hälfte des normalen Preises. Pendler-Mehrfachtickets für Bahn-Mittelstrecken zahlt die Zentralregierung sogar komplett. Beide Hilfen werden um ein halbes Jahr verlängert.
Insgesamt gibt die spanische Regierung für das neue, sechste Hilfspaket zehn Milliarden Euro aus. Im Mai stehen Regional- und Kommunalwahlen an, im kommenden Herbst sind Parlamentswahlen.