Europas umsatzstärkte Kaufhauskette „El Corte Inglés“ zieht unter dem akuten Druck der Pandemie und der nicht nur dadurch bedingten Veränderung der Konsumbedingungen radikale Schlüsse. In einem Umbruchjahr für Spanien und den Rest der Welt gehört dazu nicht nur die Diversifizierung des Angebots – mit einer eigenen Mobiltelefonie-Marke und dem Verkauf von Solarenergie – sondern auch die Hinwendung zu einem neuen Zahlungsmittel: digitales Kryptogeld, das durch die Blockchain-Technik „geschürft“ wird. Die Warenhauskette ließ sich den Namen für eine mögliche Kryptowährung beim Amt für geistiges Eigentum der Europäischen Union in Alicante registrieren: „Bitcor“.
Das von Marta Álvarez als Chairwoman geführte und von Víctor del Pozo in der Praxis geleitete El Corte Inglés mit dem grünen Logo, war mit Kreditangeboten und Versicherungsprodukten immer auch Finanzdienstleister. Aus dem verschwiegenen Warenhaus, das in diesem Jahr erstmals massenhaft Personal entlassen musste, verlautet nur, dass damit vorgesorgt werden soll, „für den Fall, dass…“. Lorenzo Fuentesal vom andalusischen Zahlungsdienstleister Clickcoin erklärt das damit, dass Amazon beim Geld-Management neue Maßstäbe gesetzt habe: „In Spanien hatte El Corte Inglés immer einen enormen Vorteil, weil sie ihre Zulieferer erst nach drei Monaten bezahlten, obwohl sie das Geld von den Kunden sofort bekamen. Mit einer Kryptowährung können sie wie Amazon eine Gemeinschaft schaffen. Sie haben die El Corte Inglés-Kundenkarte, aber eine eigene Währung wäre nochmal ein Schritt weiter, auch in Sachen Cashflow“. Die Kaufhauskette hat schon Allianzen mit Alibaba geknüpft, um seine spanischen Gourmet-Delikatessen und Marken in China zu verkaufen und seine digitale Plattform und Logistik in der Pandemie in Höchstgeschwindigkeit ausgebaut. Bei der Lebensmittel-Lieferung in Spanien sind sie inzwischen schneller als Amazon. Dennoch belasten die hohen Fixkosten in Zeiten, wo weniger Touristen kommen.
Spaniens Regierung setzt auf dezentralisierte Finanzwirtschaft
Die spanische Regierung unterstützt alles, was mit DeFi (dezentralisierter Finanzwirtschaft) und der Blockchain-Technologie zu tun hat, auf der die neuen Währungen basieren. Deswegen ermöglichte sie nicht nur vor einem Jahr als erstes Land in der EU eine nationale Testumgebung, eine sogenannte Sandbox, sondern versucht auch, den gesetzlichen Rahmen für den Zahlungsverkehr mit Kryptowährungen günstig zu regeln. Der sozialdemokratische Premier Pedro Sánchez sieht eine Chance, wo die meisten Politiker in anderen Ländern eher Risiken sehen. Spanien hat kaum Schwerindustrie, die Landwirtschaft kämpft hart gegen die billige Konkurrenz aus Marokko und der Tourismus ist sehr konjunktur- und pandemieabhängig. Das vergangene Jahr hat gezeigt, es muss schnell etwas passieren, damit die strukturelle Arbeitslosigkeit von um die 15 Prozent reduziert und die Gesellschaft nachhaltig stabilisiert werden kann.
Das Trauma der Finanzkrise pusht die Kryptowährungen
Die Finanzkrise 2011 hat Spaniens Bankenlandschaft nachhaltig verändert. Viele Sparkassen wurden komplett aus dem Verkehr gezogen. Nicht einmal eine Handvoll haben überlebt. Es entstanden schnell alternative Finanzdienstleister. Risikokapitalanbieter und Crowdfunding boomten. „Die rasante Entwicklung von Fintech in Spanien hat auch damit zu tun“, glaubt Bankenexperte und Uni-Dozent Javier Morillas. Kryptowährungen ermöglichen digitalen Zahlungsverkehr ohne Zentralinstanzen wie etwa Banken. „Damit brauchen sie aber auch eine eigene Gesetzgebung, die Transparenz und Sicherheit garantiert“, sagt Rivas. Das in Spanien am 28. April verabschiedete neue Gesetz zur Verhütung von Geldwäsche regelt die Verpflichtungen von Unternehmen, die Kryptowährungsaustauschdienste anbieten. In Spanien sind das indirekt bereits 1200 Unternehmen.
„Das neue spanische Gesetz bietet die erste rechtliche Definition der virtuellen Währung als digitale Darstellung von Werten, die nicht von einer Zentralbank oder einer Behörde ausgegeben oder garantiert wurden und nicht unbedingt mit einer gesetzlich festgelegten Währung verbunden sind, jedoch als Tauschmittel akzeptiert“, erklärt Francisco Bonatti, geschäftsführender Gesellschafter von Bonatti Compliance.
Das Tourismusziel Spanien bleibt wie vor der Pandemie ein Land, mit dem die meisten Menschen Positives verbinden. Allerdings kamen während der Finanzkrise zahlreiche Korruptionsskandale ans Licht, die sich durch die ganze Gesellschaft zogen. Schwarzwirtschaft macht zudem immer um die 30 Prozent des Bruttoinlandproduktes aus. Auch das könnte sich mit Blockchain-Zahlungen ändern, sagt Rivas: „Es besteht die Hoffnung, dass mit weniger Bargeld mehr Transparenz bei Geldgeschäften vorherrscht. Der Fortschritt der digitalen Wirtschaft in unserem Land und die geringe Angst der Spanier vor virtuellen Zahlungsmethoden ist eine enorme Chance für uns.“
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