Tichys Einblick
Maßnahmen gegen Corona-Ausbreitung

Sebastian Kurz setzt Österreich auf »Minimalbetrieb«

Der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz setzt sein entschlossenes Handeln angesichts der um sich greifenden Coronavirus-Epidemie in Mitteleuropa fort. Der Lockdown rückt näher an Deutschland heran.

imago images / photonews.at

Am Dienstag hatte Sebastian Kurz bekanntgegeben: »Wir haben immer gesagt, es wird der Tag kommen, wo wir weitere Maßnahmen setzen werden müssen – und heute ist es so weit.« Heute war wieder so ein Tag. Am Dienstag hatte die Regierung Kurz Innenveranstaltungen ab 100 Menschen und Außenereignisse ab 500 Personen verboten, die Grenze nach Italien fast gänzlich dicht gemacht, ebenso Universitäten und weiterführende Schulen, Theater und Museen, Tierparks und Ski-Resorts geschlossen. Ab kommendem Montag sollen nun keine Taufen oder Hochzeiten mehr stattfinden. Die nicht lebensnotwendigen Teile des Einzelhandels sollen schließen. Offen bleiben können demnach der Lebensmittelhandel, Banken, Apotheken sowie Läden für Tierfutter. Alle öffentlichen Gasthäuser sollen ab 15 Uhr geschlossen bleiben.

Zugleich werden sämtliche Schulen schließen. Kindergartenkinder sollen nach Möglichkeit zu Hause bleiben. Das Außenministerium gibt eine Reisewarnung für das gesamte Ausland heraus, was die Erstattung erworbener Fahrkarten möglich macht. Für alle Länder der Welt gilt demnach ein »hohes Sicherheitsrisiko« (Stufe 4 von 6). Österreicher, die sich im Ausland befinden, sollen möglichst schnell wieder in ihre Heimat zurückkehren. Ab Montag soll es keine Flugverbindungen mehr mit Spanien, Frankreich und der Schweiz geben. Die Grenzkontrollen werden auch auf die Grenzen zur Schweiz ausgeweitet. Zugleich dürfen aber LKWs an den kommenden drei Wochenenden durchfahren, um die Versorgungssicherheit vor allem mit medizinischem Material sicherzustellen.

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Daneben stellte Kurz zwei Gemeinden unter Quarantäne. Es handelt sich um das Paznaun-Tal sowie die Gemeinde St. Anton am Arlberg, beide im Bundesland Tirol gelegen. Hinzu kommen informelle Hinweise der Regierung für das ganze Land: Die Bürger müssten ihr »soziales Leben auf ein Minimum reduzieren«. Der Lockdown rückt damit näher an Deutschland heran. Der Grund ist im exponentiellen Wachstum der Fälle zu suchen, das sich nur durch eine weitestgehende Isolierung der Haushalte eindämmen lässt, wie zuerst das chinesische Beispiel gezeigt hat. Insbesondere älter Menschen müssten vor einem größeren Ausbruch geschützt werden, sagte Kurz in einer Pressekonferenz. Er warnte vor Verharmlosung nach dem Muster: »So schlimm wie in Italien wird’s schon nicht werden.«

Am Freitag morgen waren 428 Infektionen im ganzen Land bekannt, in der Nacht zum Donnerstag war der erste österreichische Patient an der Viruskrankheit gestorben. Die prozentuale Ansteckungsrate (im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung) ist damit in Österreich etwas höher als in Deutschland. Natürlich berühren beide Länder damit nicht einmal den Promillebereich, doch gilt es einer Ausbreitung frühzeitig zuvorzukommen.

In Italien gibt es mittlerweile über 15.000 mit dem neuen Coronavirus Infizierte. Auf der Website der Johns-Hopkins-Universität fehlen indessen die Ansteckungszahlen aus immer mehr Nationen – darunter die italienischen ebenso wie die iranischen und die deutschen Zahlen –, wodurch die Kurve der Infektionen scheinbar nach unten abbricht. Damit beginnt wieder eine neue Epoche in der kurzen Geschichte dieses Virus, in der die weltweite Pandemie nunmehr eine Gewissheit darstellt. Jedes Land muss ihr für sich begegnen.

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