Schweden hat lange die Arme ausgebreitet und gar nicht genug Asylbewerber ins Land lassen können. Die Zeit der größten Großzügigkeit war dabei relativ kurz. Schon bald nach dem Ansturm von 2015 schränkte man den Zugang ein, nahm aber immer noch jährlich zehntausende Menschen auf, die es im Wesentlichen zu versorgen galt. Oft leben sie heute in ärmeren Nachbarschaften und belasten dort sehr real den sozialen Frieden.
Schon vor Jahren gab es dabei Filme – vielleicht provokativer Art –, in denen junge Schweden von ihren vorlauten Neubürger-Altersgenossen ausgetrickst und bestohlen werden. Man wunderte sich über ein solches Gespinst von „Anti-Whiteness“, aber inzwischen bestätigen die Nachrichten die Lage voller Gefahren, jedenfalls was die Gewalt in den Vororten angeht. Übrigens stammt der Film „Play – Nur ein Spiel“ aus dem Jahr 2012 und beruht auf einigen dutzend Fällen, die so in Göteborg passiert waren.
Angeblich jubelten die Schwedendemokraten um den Chef-Unterhändler Gustav Gellerbrant, dass sie praktisch die gesamte Migrationspolitik ihrer Partei durchgebracht hätten. Das sei ein Paradigmenwechsel. Die Erwartungen der Partei, die nun mal die größte an dem Bündnis beteiligte ist, wurden jedenfalls übertroffen. Gemessen daran, erscheinen die Schritte der neuen schwedischen Regierung durchaus gesetzt, keineswegs tollkühn. Vielmehr soll die bestehende Migrationspolitik offenbar schrittweise umgewandelt werden in eine, die schwedischen Interessen besser dient.
In Schweden soll gelten: erst Integration, dann Einbürgerung
In den letzten Jahren haben sich die Antragszahlen zwar bei unter 25.000 im Jahr eingependelt. Zugleich stieg aber die Ablehnungsquote an, so dass heute nur noch ein Bruchteil der Asylbewerber auch rechtmäßig Schutz erhält. Das Problem bleibt bestehen, was mit den abgelehnten Bewerbern geschehen soll, wie sie abgeschoben oder rückgeführt werden sollen. Im Tidö-Vertrag war von „återvandring“, also Rückführung oder Repatriierung die Rede, die man möglichst stark „stimulieren“ will.
Die schwedische Migrationsministerin Maria Malmer Stenergard will dabei nicht als Gegnerin jeder Art von Immigration gelten. Allerdings hat sie schon Ende November Maßnahmen zur Reduzierung der illegalen Migration und ihrer nachteiligen Ergebnisse angekündigt. So sollen permanente Aufenthaltserlaubnisse für Asylbewerber schrittweise entzogen werden.
Das bedeutet, dass die Einbürgerung zwar das Ziel einer Zuwanderung darstellt, aber die Fristen werden von der neuen konservativen Regierung verlängert und die Voraussetzungen verschärft. Sind die Zuwanderer nicht zu diesen Schritten bereit, würden sie ihre permanente Aufenthaltserlaubnis verlieren. Der Generaldirektor der nationalen Migrationsbehörde, Mikael Ribbenvik, sagte dem Fernsehsender SVT, dass man die unbefristeten eventuell in befristete Aufenthaltsgenehmigungen umwandeln werde. Ribbenvik jedenfalls würde sich Sorgen machen, wenn er derzeit eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis hätte.
Migrationsministerin: Brauchen höhere Anreize für Arbeit und Bildung
Die Einwanderung per Arbeitserlaubnis soll dagegen gestärkt und effizienter gemacht werden: „Wir wollen uns auf die hochqualifizierten Arbeitskräfte konzentrieren, die nach Schweden kommen, und die Regeln verbessern, um die Bearbeitungszeiten zu verkürzen.“ Allerdings soll auch die Mindestgehaltshöhe für Zuwanderer erhöht werden. In der Diskussion ist der Medianlohn von 33.200 Kronen (gut 3.000 Euro), aber für einige Berufssparten soll es Ausnahmen geben.
Eindeutig war die Ministerin in einer Frage: Schweden habe „eine riesige Aufgabe“ vor sich, wenn man die Integration zum Funktionieren bringen wolle. „Deshalb muss die Asylzuwanderung jetzt auf ein Minimum beschränkt werden.“ Im Tidö-Vertrag erwog man Transitzentren, die eventuell sogar im Ausland zu errichten seien. Auch die Familienzusammenführung soll beschränkt werden. Aber Menschen, die nach Schweden kommen, um zu arbeiten und „zur schwedischen Gesellschaft, zu schwedischen Firmen und der Entwicklung Schwedens“ beizutragen, seien mehr als willkommen.
Asylwende in Nord wie Süd: Nur Deutschland verweigert sich dem Trend
Beim Ministergipfel „Justiz und Inneres“, der am 8. und 9. Dezember in Brüssel stattfand (diesmal war auch Nancy Faeser angereist), sagte Maria Malmer Stenergard unter anderem, dass man stärker mit Ländern außerhalb der EU zusammenarbeiten müsse, um den Ursachen von Flucht und Schwierigkeiten bei der Rückführung entgegenzuwirken.
Im Januar beginnt zudem die schwedische Ratspräsidentschaft in der EU. Jimmie Åkesson, der Vorsitzende der Schwedendemokraten, hat bereits die Hoffnung ausgedrückt, man könne sich von der „fast manischen Idee“ entfernen, dass Brüssel sich immer mehr in die Angelegenheiten der Mitgliedsstaaten einmischen müsse. Auf diesem Weg könnte die neue schwedische Regierung auch noch etwas Segen auf die EU bringen.
Deutschland bekommt so – neben Dänemark – einen weiteren „Nachbarn“ im Norden, der sich für wirksame Schritte zur Vermeidung der illegalen Migration ausspricht. Das macht noch einmal deutlich, dass die Bundesrepublik – auch durch ihre Sozialleistungen und anderen Pull-Faktoren – keine Insel ist, sondern die EU-Partner beeinflusst, egal ob sie Grenzländer sind, die sich mit großen Migrationsströmen konfrontiert sehen, oder andere „Aufnahmestaaten“ wie Schweden, Dänemark oder Frankreich. Letztlich scheinen aber alle in diesem Europa in die gleiche Richtung zu tendieren. Nur Ampel-Deutschland verweigert sich dem Trend.