Die angeblich archaischen Scheichs in Dubai haben inzwischen die Zeichen der Zeit erkannt: mit Israel kooperieren heisst die Zukunft gestalten. Im Auswärtigen Amt in Berlin und beim Aussenbeauftragten in Brüssel wird noch immer nach Vorgaben aus dem vorigen Jahrhundert agiert. Sie brandmarken Produkte aus Judäa und Samaria, manchen besser bekannt als Westbank/Westjordanland.
Vered Saadon, fünffache Mutter, wohnhaft in Rehelim, ist gerade aus Dubai nach Samaria nach Hause gekommen und schwärmt noch immer: „der Empfang ihres neuen Geschäftspartners, Abu Mussah, war von ausgesuchter Gastfreundschaft und betonter Herzlichkeit“. Umarmungen mussten wegen Corona vermieden werden, aber er nannte Vered eine „Tochter Abrahams“ und damit seien sie enge Verwandte, Cousinen, berichtet sie aufgekratzt gegenüber TE.
Vered Saadon ist eine gebürtige jüdische Holländerin, die nach Ende ihrer Schulzeit nach Israel ausgewandert ist und seither in Samaria lebt. Gemeinsam mit ihrem Ehemann hat sie 1997 die Winzerei „Tura“ gegründet. 2003 produzierten sie noch 1200 Flaschen Wein, heuer sind es bereits 100 000. Alles natürlich streng kosher. Ein Teil davon soll 2021 nach Dubai geliefert werden. Herkunftsland des begehrten „Cabernet Sauvignon“ und des „Gewürztraminers“: Israel. Mit dieser Bezeichnung des Landes, wo die Trauben reifen, hat der Kefjia tragende und in eine Thawb gehüllte Araber kein Problem.
Noch im November 2015 lobte die VAE-Zeitung „Emirates Newswire“ die Europäische Union dafür, dass Produkte aus den jüdischen „settlements“ in der Westbank als nicht-israelisch gebrandmarkt wurden und forderte Sanktionen gegen die „Besatzungsmacht“. Alles inzwischen Vergangenheit. In den Dubai-Supermärkten werden seit Wochen israelische Lebensmittel aller Art durch weiss-blaue Fahnen mit Davidstern besonders hervorgehoben und niemand fragt, ob die importierte Ware aus Tel Aviv oder der Westbank kommt.
Von den für Israel und Nahostpolitik zuständigen Beamten beim Aussenbeauftragten in Brüssel oder im Auswärtigen Amt in Berlin sowie ihren politischen Vorgesetzten ist seit Monaten dazu wenig bis nichts zu hören. Schon gar nicht eine Initiative zur Überprüfung ihrer Haltung gegenüber Importen in die EU aus der Westbank. Es könnte eventuell von den Hohen Herren jemand auf die Idee kommen, die Frage aufzuwerfen: warum erschweren wir in Berlin und Brüssel noch immer den Warenverkehr zwischen EU und Westbank, wenn offizielle muslemische Brüder und Schwestern im Nahen Osten keinen Gedanken mehr darüber verschwenden?
Grundlage der vielversprechenden Wirtschaftsbeziehungen zwischen Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten ist das am 15. September 2020 in Washington unterzeichnete Abkommen zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen, das vier Wochen später mit 80 gegen 13 Stimmen im israelischen Parlament bestätigt wurde. Die Zustimmung geht weit über die Koalitionsmehrheit der Regierung Netanyahu hinaus. Die 13 Gegenstimmen stammen ausschließlich von der „Arab Joint List“. Das Thema „Zwei-Staaten-Lösung“ oder „Besatzungsmacht Israel“, das über Jahrzehnte Voraussetzung für eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und arabischen Nachbarstaaten war, wird in keinem der unterzeichneten Dokumente erwähnt. Die einflussreiche Yamina-Partei im Parlament in Jerusalem wertet den Vorgang als „neue Achse der Verständigung zwischen Israel und arabischen Golfstaaten ohne Berücksichtigung der Palästina-Frage“.
Die UN-Resolution 2334 fordert alle Mitgliedstaaten auf zwischen „Israel und den seit 1967 besetzten Gebieten“ zu unterscheiden. VAE und Bahrein kümmert die UN-Resolution wenig. Hamad Buamim, Chef der Industrie- und Handelskammer in Dubai sagt dieser Tage, er sehe kein Problem israelische Güter aus der Westbank zu importieren. Letztlich nütze das den Palästinensern, die in den dort liegenden Fabriken ihren Arbeitsplatz haben.
Vered Saadon poliert inzwischen zu Hause in Rehelim ihr Geschirr. Ihr neuer Geschäftspartner aus Dubai, Scheich Abu Mussah, hat seinen Gegenbesuch in Samaria noch in diesem Jahr zugesagt.