Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman (MBS) will im Herbst Großbritannien besuchen und sich dort an einem der größten Militärprojekte Großbritanniens beteiligen, dem Tempest-Projekt. In diesem Projekt soll bis zur Mitte des nächsten Jahrzehnts ein Kampfjet der sechsten Generation entwickelt und gebaut werden, der den Eurofighter ablösen soll.
Wie der britische Telegraph berichtet, will Saudi-Arabien offizieller Partner in dem Programm werden und nicht mehr nur das fertige Produkt als Kunde kaufen. Eine solche Partnerschaft erfordere zwar hohe Kapitalinvestitionen, sichere Saudi-Arabien aber neue Arbeitsplätze vor Ort und eine Mitwirkung an der Entwicklung bei dem Tempest-Projekt, die dem Herrscher das nötige technologische Know-how liefere.
Tempest ist das Konzept für ein Tarnkappenflugzeug, das für die Royal Air Force von BAE-Systems, der Rolls-Royce-Group als Triebwerkshersteller entwickelt wird. Italien und Japan sind ebenfalls mit bei der Partie. Großbritannien beteiligt sich nicht am deutsch-französisch-spanischen Eurofighter-Nachfolger Future Combat Air System. Nur wenige Länder in der Welt sind in der Lage, Überschallflugzeuge zu bauen.
Er hat bei dem US-Hersteller von Elektroautos, Lucid, investiert, der eine Fabrik in Saudi-Arabien bauen will. Ebenso wurde ein geplantes Joint Venture mit Navantia, dem staatlichen spanischen Hersteller von Marineschiffen, vereinbart.
»Durch die nationale Industriestrategie und in Partnerschaft mit dem Privatsektor wird das Königreich ein führendes industrielles Kraftzentrum werden, das zur Sicherung der globalen Versorgungsketten beiträgt und Hightech-Produkte in die ganze Welt exportiert«, betonte MBS im vergangenen Jahr. Saudi-Arabien will auch im Bereich der künstlichen Intelligenz führend werden und kauft die für die Entwicklung einer KI-Wirtschaft erforderliche Computertechnik auf.
Nach eigenen Angaben führend im Metall- und Chemiesektor im Nahen Osten ist bereits die saudi-arabischen Basic Industries Corporation (SABIC). Das Unternehmen stellt unter anderem Autoteile, Kosmetikinhaltsstoffe und Metalle her und erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 53 Milliarden US-Dollar und hat eine Reihe europäischer Produktionsstandorte.
Brancheninsider jedoch sorgen sich über den technologischen Vorstoß des Landes und die damit verbundenen politischen Beeinträchtigungen. Vor allem bei japanischen Regierungsstellen habe die Aufnahme eines so umstrittenen Partners bei einem militärischen Zukunftsprojekt Unbehagen hervorgerufen.
Das Land hat immerhin im vergangenen Jahr 196 Menschen hingerichtet, die höchste Zahl, seit Amnesty International vor 30 Jahren mit der Aufzeichnung dieser Zahlen begann. Noch heute ist die brutale Ermordung des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi im Jahr 2018 in der Botschaft in Istanbul nicht vergessen. Der Besuch von MBS wird der erste in Großbritannien seit der Ermordung Kashoggis sein. MBS hat bisher jede Beteiligung bestritten.
Klar ist nur, dass das größte Land und die größte Militärmacht der arabischen Halbinsel nicht allzulange mehr auf »Khashoggi« reduziert werden kann. Und nicht werden wird, denn wann hätte je so etwas wie Moral die Weltmächte interessiert?