Der gebürtige Südafrikaner Elon Musk hat den Kurznachrichtendienst Twitter gekauft. Nicht des Profites wegen – gibt er zumindest vor. Zwar will er den Dienst durchaus weiter kommerzialisieren – so will Musk Twitters Geschäftsmodell in Richtung eines Abo-Systems entwickeln und die Abhängigkeit von Werbeeinnahmen reduzieren. Aber Musk hat augenscheinlich vor allem ein Ziel: die Rückkehr der Meinungsfreiheit. Die Zensurpraxis auf Twitter stört den Milliardär schon lange. „Die Redefreiheit ist der Grundstein einer funktionierenden Demokratie, und Twitter ist das digitale Meinungsforum“, erklärte Musk am Montag.
Um Vertrauen in das Netzwerk zu stärken, sollen die Algorithmen offengelegt werden, nach denen der Dienst läuft – auch und gerade in Bezug auf die Löschung von Tweets. Musk legt Redefreiheit weit aus – und machte selbst schon mit umstrittenen Äußerungen auf sich aufmerksam. Etwa, als er Kanadas Premierminister Justin Trudeau nach dessen übergriffiger Auflösung der Trucker-Proteste mit Adolf Hitler verglich. Das mag man geschmacklos finden – für Musk ist es aber legitime Meinungsäußerung. Und genau das gibt vielen Menschen Hoffnung, die in der Vergangenheit ihre Redefreiheit im Netz immer mehr eingeschränkt sahen.
Die Angst geht um, dass Musk die Jagd auf vermeintliche „Hassrede“ beendet – auch in Deutschland. Manche Tweets rufen sogar dazu auf, Musk zu töten – weil er solcher „Hassrede“ Raum gebe. Große Debatten hatte auch eine mögliche Trump-Rückkehr auf Twitter ausgelöst – das Szenario wird selbst im Weißen Haus gefürchtet, heißt es laut amerikanischen Medienberichten. Doch das schloss Trump bereits aus, der erklärte, er wolle nicht auf Twitter zurückkehren. Er baut an seinem eigenen Dienst namens „Truth Social“.
„Demokratie hängt inzwischen ab von der Gnade einzelner Milliardäre, die globale Informationsplattformen kontrollieren. Nicht gut“, schreibt Julia Jäkel. Sie muss es wissen. Jäkel war Chefin des früher angesehenes Verlags „Gruner+Jahr“ (Stern, Brigitte, Capital), ehe das Unternehmen nach katastrophalen Managementfehlern bei RTL eingegliedert werden musste – ebenfalls im Eigentum der Milliardärsfamilie Bertelsmann. Das aktuelle Vermögen von Oberhaupt Liz Mohn schätzt der „Billionaires-Index“ des Nachrichtendienstes Bloomberg auf 7,5 Milliarden Dollar.
„Ich denke, dass die Beendigung der politischen Diskriminierung im Unternehmen die schwierigste und komplexeste Aufgabe sein wird“, meint „GETTR“-CEO Jason Miller, dessen soziales Netzwerk sich der freien Rede verschrieben hat. „Es wird für Musk einfacher sein, eine Rakete auf dem Mars zu landen, als die politische Natur von Twitter zu verändern.“ Musk hat die Linke aufgeschreckt – ob er ihre Dominanz im Konzern Twitter schnell brechen kann, wird sich zeigen.