In seiner Weisheit hat einer dieser ungewählten und nicht rechenschaftspflichtigen Ausschüsse der Vereinten Nationen (UN) kürzlich beschlossen, dass Kinder das Recht haben sollten, nationale Regierungen zu verklagen, weil sie es versäumt haben, den Klimawandel zu bekämpfen.
Wie viele andere internationale Gremien und NGOs nutzt auch der UN-Kinderrechtsausschuss Kinder, um seine eigenen politischen Anliegen vorzubringen. In seinem neuen Bericht lobt er „die Bemühungen von Kindern“, die „Aufmerksamkeit“ auf „Umweltkrisen“ zu lenken. Er behauptet, dass Kinder und nicht Erwachsene die nötige Weisheit besitzen, um die Probleme unseres Planeten anzugehen. Und er fordert die rechtliche Bestätigung und Gültigkeit der Autorität von Kindern. Die „Forderungen der Kinder nach dringenden und entschlossenen Maßnahmen zur Bekämpfung globaler Umweltschäden sollten umgesetzt werden“, heißt es darin.
Nach Ansicht des Kinderrechtsauschusses sind die Erwachsenen das Problem und die Kinder die Lösung. Sein Ansatz entspricht damit dem kulturellen Trend der Adultisierung der Kindheit, der die Rollen von Erwachsenen und Kindern umkehrt. Kinder gelten als klug und rücksichtsvoll, während Erwachsene als egoistisch und gleichgültig gegenüber anderen dargestellt werden.
Natürlich ist der Kinderrechtsauschuss in Wahrheit nicht daran interessiert, was Kinder denken. Für ihn sind Kinder lediglich Bauchrednerpuppen, um seine eigenen Überzeugungen durchzusetzen. In dem Bericht wird behauptet, dass sich die Kinder über „die negativen Auswirkungen der Umweltzerstörung und des Klimawandels auf ihr Leben und ihre Gemeinschaften“ beklagten und dass sie „ihr Recht auf ein Leben in einer sauberen, gesunden und nachhaltigen Umwelt geltend machten“. Der Bericht zitiert die Kinder, die er „konsultiert“ hat, wie folgt:
„Die Umwelt ist unser Leben“. „Erwachsene [sollten] aufhören, Entscheidungen für eine Zukunft zu treffen, die sie nicht erleben werden. [Wir] sind der Schlüssel [zur] Lösung des Klimawandels, denn es geht um [unser] Leben“. „Ich möchte [den Erwachsenen] sagen, dass wir die zukünftigen Generationen sind, und wenn ihr den Planeten zerstört, wo werden wir dann leben?!“‚
Die Vorstellung, dass Erwachsene „aufhören sollten, Entscheidungen für die Zukunft zu treffen, die sie nicht erleben werden“, ist absurd. Es würde das Ende der Politik und des öffentlichen Lebens bedeuten. Denn fast jede wichtige politische Entscheidung hat Auswirkungen auf die Zukunft. Deshalb stehen Erwachsene in der Verantwortung, die Probleme der Gesellschaft langfristig zu betrachten.
Der UN-Ausschuss unternimmt einen zutiefst unehrlichen Versuch, seine politische Agenda mit Hilfe der Kinderrechte voranzutreiben. Dies ist typisch für die Verfechter von Kinderrechten. Sie versuchen, den moralischen Status von Kindern über den von Erwachsenen zu erheben, um ihre eigenen ideologischen Ziele zu erreichen. Auf diese Weise wird die demokratische Debatte über wichtige Themen wie das Klima umgangen. So können Bedenken beispielsweise hinsichtlich des Lebensstandards und der wirtschaftlichen Entwicklung – die zweifellos beeinträchtigt würden, wenn die Uno ihren Willen durchsetzen könnte – einfach beiseitegeschoben werden können. Jeder, der von der UN-Agenda abweicht, wird als Feind der Kinder und der künftigen Generationen hingestellt.
Typisch ist in dieser Hinsicht, wie die Eliten Greta Thunberg nutzen. Im Jahr 2018 wurde sie im Alter von nur 15 Jahren zum Gesicht der Bewegung „Schulstreik fürs Klima“. Im Jahr darauf wurde sie für den Friedensnobelpreis nominiert. Ihre Verehrung beruhte stets auf der Verunglimpfung von Erwachsenen, denen vorgeworfen wird, keine Verantwortung für Umweltprobleme zu übernehmen. Eine 17-jährige Aktivistin drückt es auf der Website der Friends of the Earth so aus: „Die Erwachsenen lassen uns beim Klimawandel im Stich, deshalb streike ich“.
Die Uno hat eine führende Rolle dabei gespielt, Kindern die Autorität zu übertragen, scheinbar unverantwortliche Erwachsene zu erziehen. In einem Vortrag auf dem Klimagipfel der Vereinten Nationen im Dezember 2018 erklärte Thunberg: „Da sich unsere Anführer wie Kinder verhalten, müssen wir die Verantwortung übernehmen, die sie schon längst hätten übernehmen sollen.“ „Wir müssen verstehen, was die ältere Generation uns angetan hat, welchen Schlamassel sie angerichtet hat, mit dem wir aufräumen und leben müssen“, fügte sie hinzu.
Die Jugendlichen haben diese Aufforderungen, den Älteren zu misstrauen, nur allzu gerne angenommen. Auf Protesten gegen den Klimawandel tauchen regelmäßig Plakate auf, auf denen steht: „Ihr sterbt an Altersschwäche, wir sterben am Klimawandel“, oder „Ich schwänze die Schule, weil ihr unsere Zukunft wegschmeißt“. Bei der bayerischen Landtagswahl nutzen die Grünen nun Wahlplakate, auf denen Kinder ihre Eltern und Großeltern mit dem Spruch „Bitte wähl für mich“ auffordern, ihre angebliche Ignoranz gegenüber den Interessen der Kinder abzulegen. Und bei einer Anti-Brexit-Demonstration in London fing ein Plakat mit der Aufschrift „Erwachsene versauen alles. Stop den Brexit“ den allgemeinen Geist der Erwachsenenbeschuldigung ein, der über Umweltfragen hinausgeht.
Dies ist ein zutiefst rückschrittlicher Trend. Er ist ein Symptom für kulturelle Dekadenz. Die Erwachsenen haben ihre Autorität aufgegeben. Und sie benutzen in unverantwortlicher Weise Kinder, um ihre eigenen Sorgen und Ängste zu artikulieren. Sie müssen endlich erwachsen werden.
Dieser Artikel ist zuerst beim britischen Online-Magazin Spiked erschienen.
Frank Furedi ist geschäftsführender Direktor des Think-Tanks MCC-Brussels, Autor zahlreicher Bücher und politischer Kommentator der Gegenwart. Mehr von Frank Furedi lesen Sie in den aktuellen Büchern „Die sortierte Gesellschaft – Zur Kritik der Identitätspolitik“ und „Sag was du denkst! Meinungsfreiheit in Zeiten der Cancel Culture“.