Die Rede ist vom niederländischen Unternehmen Pluralis, das vom „Economic Development Fund“ finanziert wird. Nun wurde bekannt, dass der Soros-Fonds die Mehrheitsanteile der polnischen Verlagsgruppe Gremi Media erworben hat, der die „Rzeczpospolita“ und die Finanztageszeitung „Parkiet“ gehören. Eigentlich ist es schwierig, diesen Ankauf als herkömmliche „Geschäftstransaktion“ zu bezeichnen, nicht nur, weil sie anderthalb Monate vor der polnischen Parlamentswahl vollzogen wurde. Pluralis ist keine normale Firma, die sich um das Wohl der Aktionäre kümmert, geschweige denn auf Gewinngenerierung bedacht ist. Das Geld von George Soros fließt bekanntermaßen immer dann, wenn zum nächsten Schlag gegen die Säulen der europäischen Zivilisation ausgeholt wird.
Der in Budapest geborene US-Milliardär ist in Polen kein Unbekannter. Er verfügt bereits über beträchtliche Anteile an der Agora-Mediengruppe, die unter anderem die regierungskritische Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“ herausgibt und die Radiosender TOK FM sowie Radio Zet finanziert, wo täglich rund um die Uhr deklarierte PiS-Gegner Unrat wittern, ja den nächsten „Skandal“ erspürt zu haben glauben. Es bedarf jedoch keiner Geistesblitze, um vorausschauend festzustellen, dass durch den Aufkauf sämtlicher PO-Bulletins Soros‘ Vermögen kaum anwachsen wird. Welches Ziel verfolgt er?
Pressefreiheit in Polen
Im Grunde genommen wollte sich Soros mit seinen Open Society Foundations aus Europa zurückziehen. Seine letzten Investitionen in Polen zeigen, dass die Botschaft vom Rückzug eine Nebelkerze war. Andererseits ist dies eine vortreffliche Gelegenheit, einen Blick auf die Situation der Pressefreiheit in Polen zu werfen, die nach der Ansicht des PO-Vorsitzenden Donald Tusk seit Jahren in Gefahr sei. Das ist sie tatsächlich, allerdings ganz anders, als es sich der Oppositionsführer vorstellt. Ihn selbst wird die Präsenz des Soros-Clans an der Weichsel keinesfalls stören. In diesem Zusammenhang wäre es sinnvoll, auf einschneidende Ereignisse in der jüngeren Mediengeschichte einzugehen, um aufzuzeigen, wie Tusks Regierung in den Jahren 2007 bis 2011 mit der polnischen Presse- und Rundfunklandschaft umging.
Die Firma Pluralis B.V. hat im Dezember 2021 erstmals ihr Interesse an der Übernahme von Gremi Media bekundet. Zu dieser Zeit wollte auch der polnische Mineralölkonzern Orlen die Mehrheitsanteile erwerben, der bereits zuvor in einem mühsamen Prozess die Verlagsgruppe Polska Press aus den Fängen ausländischer Zeitungsinhaber befreit hatte. Der Unternehmer und Filmproduzent Grzegorz Hajdarowicz, der bis vor kurzem noch Mehrheitsaktionär bei Gremi Media war und aus seiner Nähe zu Donald Tusk nie einen Hehl machte, hat sich unterdessen für Soros als Investor entschieden.
Sein Entschluss ist eigentlich nur die sprichwörtliche Spitze des Eisbergs, für Branchenkenner war er nicht allzu überraschend. Bereits 2011 hatte er den Rauswurf mehrerer Journalisten veranlasst, darunter des Chefredakteurs der „Rzeczpospolita“ Paweł Lisicki. Vorher hatte Hajdarowicz unter ominösen Umstanden einen hohen Kredit aufgenommen, um die Mehrheitsanteile an Gremi Media zu erwerben. Die weitere Ereignisabfolge sorgte zwar für Enthusiasmus in der PO-Parteizentrale, ließ aber jeden halbwegs neutralen Beobachter erschaudern: Die Kündigungswelle war mitnichten das Ergebnis erforderlicher Einsparungen, sondern ein perfider, beinahe schon autoritärer politischer Schwenk, den viele Leser sofort erkannten.
Einige Monate früher haben die später entlassenen „Rzeczpospolita“-Redakteure das liberal-konservative Wochenmagazin „Uważam Rze“ gegründet, das sich wachsender Popularität erfreute. Die Sache hatte nur einen Haken: Dem damals amtierenden Premier Donald Tusk gefielen die darin abgedruckten Artikel nicht. So haben die Journalisten unter anderem eine Gesetzesvorlage der PO-PSL-Regierung kritisiert, wonach ein Verkauf der Mehrheitsbeteiligung an der Luftfahrtlinie LOT möglich gewesen wäre. Dieser leichtsinnige Plan, der allen Ernstes den Verkauf der größten nationalen Fluggesellschaft vorsah, die übrigens heute – abermals in polnischer Hand – Rekordgewinne erzielt, war sinnbildlich für die gesamte Wirtschaftspolitik des Kabinetts Tusk, die immer schon dessen politische Achillesferse war.
Die dereinst einträgliche Wochenzeitung „Uważam Rze“ ist nach der Intervention von Hajdarowicz, der bis heute in einem selbstbezüglichen Mikrokosmos verharrt und seine Geschäftspartner durch abstruse Gestaltungsillusionen vergrault, zu einem Nischenblatt verkommen. Auch die renommierte „Rzeczpospolita“ konnte seitdem nicht mehr zum alten Glanz finden, trotz der Bemühungen des neuen Chefredakteurs Bogusław Chrabota. An der Prosta-Straße sind nach wie vor fähige Autoren am Werk, doch die sinkenden Verkaufs- und Leserzahlen sprechen für sich. Aus dem Inneren der Leserschaft hört man ein verdrossenes Grummeln und Zweifeln an den investigativen Eigenleistungen mancher Journalisten, die lediglich die Nachfrage nach einfachen Antworten auf simple Fragen befriedigen.
Woke Methoden
Für Hajdarowicz, der offenbar immer noch nicht begriffen hat, dass eigennützige Profilierung auf Kosten des Verlagshauses allenfalls kurzfristige finanzielle Vorteile mit sich bringt, kam die jüngste Offerte der Soros-Familie also wie gerufen. Das Problem ist nur, dass vorher „lediglich“ einzelne Tusk-Kritiker zum Schweigen gebracht werden sollten. Jetzt aber könnten fatalerweise Methoden zum Einsatz kommen, die weitere Cancel-Praktiken nach sich zögen. Zwar werden solche derweil schon in einigen polnischen Redaktionen betrieben, wie zum Beispiel in der „Gazeta Wyborcza“ oder „Newsweek Polska“, die „Rzepa“ jedoch hatte sich stets bemüht, einen etwas anderen Eindruck zu erwecken. Bald also dürfte dieses ehemals respektheischende Blatt auf der Ansehensskala polnischer Medien noch weiter unten stehen.
In Deutschland hingegen wird weiterhin behauptet, Hajdarowicz habe durch seine Transaktionen die „Unabhängigkeit“ der „Rzeczpospolita“ bewahrt. Wer – wie die meisten Deutschen – die jüngste polnische Mediengeschichte nicht kennt, wird auch kaum zu einem anderen Urteil kommen können.
Als im Juni dieses Jahres George Soros verkündete, er würde die Kontrolle über seine milliardenschwerden Stiftungen an seinen Sohn Alexander übergeben, haben in Polen nur die Naivsten aufgeatmet. Die jeder Alltagsdimension entrückte Selektions- und Darstellungslogik des Soros-Imperiums dauert an und wird demnächst gewiss eine neue Dynamik erfahren. Der Soros-Sprößling ist ebenso wenig ein „Philanthrop“ wie sein Vater. Philanthropie umfasst bekanntlich jede private freiwillige Handlung für einen gemeinnützigen Zweck. Die Soros-Familie konzentriert sich indes weniger auf die Obdachlosen- oder Kinderkrebshilfe als auf einen woken „Marsch durch die Institutionen“.
Die Soros-Millionen landen immer dort, wo Menschen ideologisch gefügig gemacht werden sollen. Unterstützt werden unter anderem linke Demonstranten, die auf den Straßen eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Die fliegenden Pflastersteine sind nur die Ouvertüre, die eine Destruktion der christlichen Werteordnung ankündigt. Im Namen des naturgemäß diffusen Begriffs der „sozialen Gerechtigkeit“ huldigt der Soros-Clan einer Ideologie, die jegliche Gerechtigkeit untergräbt und kommende Generationen belastet. Man muss im Übrigen schon sehr viel Fantasie aufbringen, um einen Großspekulanten, der unter anderem den Zusammenbruch der malaysischen Währung herbeigeführt und damit die Asienkrise ausgelöst haben soll, als „Philanthropen“ zu bezeichnen.
Finanzielle Übermacht
Der von dem „Gesellschaftserneuerer“ Soros in Gang gebrachte Prozess würde in seiner unkontrollierbaren Dynamik irgendwann ins Stocken geraten, wäre da nicht all das Geld, welches die Maschinerie am Laufen hielte. Es ist zweifelsfrei eine neue Variante der totalitären Machtausübung, die durch eine scheinbar unversiegbare Quelle, ja eine stete finanzielle Überlegenheit abgesichert wird.
Ihren Rückzug von der Geldgeber-Tätigkeit innerhalb der EU begründete die Soros-Stiftung unter Führung von Alexander Soros interessanterweise damit, dass viele der von der Open Society Foundation mitfinanzierte Organisationen heute ausreichend Mittel aus staatlichen Quellen bekämen. Das trifft auch zu: Allein das millionenschwere Bundesprogramm „Demokratie leben“ übernimmt heute die Funktion der Finanzierung unzähliger NGOs in Deutschland, die ursprünglich auch vom OSF unterstützt wurden. Auch aus der EU-Kasse fließt Geld an ähnliche Projekte.
Die Soros-Stiftung kann sich deshalb mit ihren Zuwendungen auf andere Regionen konzentrieren – und in EU-Europa auf eine Investorenrolle, etwa, indem sie sich in polnische Medien einkauft. Polen ist für Soros gewiss nur ein Zwischenspiel in einer weiter ausgreifenden Revolution. Noch ist nicht abzusehen, welche Veränderungen der neue Mehrheitsaktionär bei Gremi Media an der redaktionellen Linie der „Rzeczpospolita“ vornehmen bzw. in welchem Ausmaß er die Parlamentswahl beeinflussen wird.
Die Redakteure der ungarischen Tageszeitung „Magyar Nemzet“ sind jedenfalls alarmiert und warnen: „Das Soros-Netzwerk rüstet sich für die Schlacht von Warschau“ („A varsói csatára készül a Soros-hálózat“). Das alles vor Augen, führt wohl kein Weg an folgender Einsicht vorbei: Die jüngsten Ereignisse sichern George Soros einen Platz in den polnischen Geschichtsbüchern. Allerdings nicht als Philanthrop, sondern als eine unsensible, ideologische Planierer, der zumeist nur deswegen fremde Baustellen befährt, um Instabilität zu schaffen sowie den letzten Rest an Souveränität und Würde zu zermahlen.