„Hier werden wir lange nicht mehr fliegen können.“ Kurt Scheinost hat beim Interview Tränen in den Augen. Er ist Schatzmeister des Modellflug-Clubs Dobl. Der Rasen der Start- und Landebahn auf dem vereinseigenen kleinen Flugplatz wird seit Jahren ungefähr so sorgsam und liebevoll gepflegt wie der Center Court von Wimbledon, denn Modellflugzeuge sind zerbrechlich. Vor allem das Fahrwerk geht schnell kaputt, wenn der Untergrund zu uneben ist.
Und das ist er jetzt.
Denn in der Nacht zu Montag sind ein paar Dutzend Autos und vor allem Wohnwagen unangekündigt und widerrechtlich einfach auf das abgesperrte Privatgrundstück gefahren. Jetzt gehört der Flugplatz zwar noch dem Verein, aber genutzt wird er von den uneingeladenen Besuchern.
Bei den sich selbst einquartierten Gästen handelt es sich um Sinti und Roma, die sich da gerade in der kleinen Gemeinde im österreichischen Bundesland Steiermark breit machen. Geldnot dürfte den Clan nicht hierher verschlagen haben: Auf dem Platz sind sündhaft teure Autos zu sehen, Porsches und Mercedes-Coupés und edle Großraum-Limousinen. Auch die Wohnwagen wirken überwiegend neu und stammen durchweg aus dem gehobenen Preissegment.
Ohne Zweifel wäre genügend Finanzkraft vorhanden, um auf dem nahegelegenen großen Campingplatz legal Station zu machen. Doch das tun die Sinti und Roma nicht. Und den Modellflugplatz verlassen wollen sie auch nicht. Der Vereinsvorsitzende habe ihnen die Zufahrt gestattet, sagen sie. Der Club-Chef bestreitet das vehement. Vielmehr habe er die Karawane aufhalten wollen. Deshalb wurde er nach eigener Aussage bedroht.
Im nahen Lieboch kennen sie das Problem. Dort haben größere Gruppen schon mehrmals illegal Privatgrundstücke besetzt, erzählt Bürgermeister Stefan Helmreich: „Sie nehmen einfach Wasser aus dem Hydranten und Strom aus irgendwelchen Steckdosen.“ Die beachtlichen Müllberge, die die ungebetenen Gäste hinterlassen, müssen dann jedes Mal auf Kosten der Allgemeinheit entsorgt werden. Zuletzt waren es drei volle LKW-Ladungen.
Die Polizei wäscht ihre Hände in Unschuld: Betroffen seien Privatgrundstücke. Damit die Ordnungsmacht eingreifen könne, müssten die jeweiligen Eigentümer erst Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch stellen. Doch bis die zuständige Behörde dann einen Bescheid erstellt, können viele Wochen vergehen. In Österreich mahlen die Mühlen von Bürokratie und Justiz keinesfalls schneller als in Deutschland.
Obendrein gibt es ein formaljuristisches Problem: Die Sinti und Roma haben keine amtlich anerkannten sogenannten „ladungsfähigen Zustelladressen“. Übersetzt: Die Behörden wissen nicht, wohin sie die Briefe schicken sollen. Franz Kafka hätte hier seine helle Freude.
„Die Regeln, die für jeden Österreicher gelten, müssen auch für diese Volksgruppe gelten“, sagt Bürgermeister Helmreich sichtlich sauer. Aber was tun, wenn die Angesprochenen sich an diese Regeln einfach nicht halten?
Den Flugplatz in Dobl hat das parkende Volk übrigens in der Nacht zu Mittwoch dann doch überraschend verlassen und sind weitergezogen: nach Wien.