Tichys Einblick
Zehn Tage näher am „irischen Szenario“

Opferfamilien fordern: Rassistischer Charakter der Tat von Crépol muss anerkannt werden

Zwei Gewaltverbrechen, begangen von Migranten an Einheimischen – erst in Frankreich, dann in Irland. Zweimal wollten es nicht alle stumm hinnehmen. Aber ihr Protest soll kriminalisiert werden – durch Hassgesetze, Verbote und andere Ablenkungsmanöver.

IMAGO / PanoramiC

Von den meisten deutschen Medien nicht bemerkt, haben sich in Frankreich am Wochenende ähnliche Dinge – und ähnliche Reaktionen der großen Politik – abgespielt wie in Irland. Auf der grünen Insel ging es um einen psychotischen Messerangreifer algerischer Herkunft, der ein kleines, fünfjähriges Mädchen schwer und lebensgefährlich verletzt hat – neben anderen. Doch die mediale Hauptrolle ging bald auf eine Protestaktion über, die von aufgebrachten Dublinern ausging und in Unruhen und Plünderungen gipfelte, wobei nicht klar ist, wer hier wofür verantwortlich war.

Die Reaktion der schwarz-grünen Regierung von Leo Varadkar bestand in einem vorweggenommenen Schuldspruch für Demonstranten wie Unruhestifter, deren Markierung als irgendwie „rechts“ und der erneuten Forderung nach einer möglichst schnellen Verabschiedung des neuen „Hassrede“-Gesetzes, das vielleicht wirklich kommen wird, auch wenn es in der englischsprachigen Welt bis hin nach Australien Anstoß erregt.

Land außer Kontrolle
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In Zukunft soll demnach schon der Besitz von Büchern, digital gespeicherten Bildern und Videos oder auch einem bloßen Meme (!) in Irland strafbar sein, soweit es sich um Materialien handelt, die dazu geeignet sind, „Hass“ zu erregen. Ein Meme ist ein Bildchen für den digitalen Versand, das einen über Twitter, WhatsApp, Facebook oder sonstwie erreichen kann, ohne dass man dem Inhalt auch nur zugestimmt hätte, geschweige denn der Urheber wäre. Aber schon mit dem Empfang ist das Bild oft auf dem eigenen Gerät gespeichert. Laut dem neuen Text soll außerdem die Beweislastumkehr gelten. Künftig müsste also ein Beschuldigter selbst beweisen, dass er ein Bild oder Meme nicht für die „Aufstachlung zum Hass“ nutzen will. Anderenfalls kann ein Richter das als gegeben ansehen.

Und so fest dieser Strick sitzt, so löchrig scheint das Gesetz ansonsten formuliert. Denn „Hass“ lässt sich mit beinahe jeder Aussage erregen – je nach dem, in welchem Kontext sie gemacht wird. So könnte man auch ein Bild von Leo Varadkar beim Rauchen für strafbar halten, weil es bei militanten Nichtrauchern zu seiner Unbeliebtheit beitrüge, also zum Schüren von „Hass“ gegen den irischen Premier geeignet wäre.

Künftig wird es schwer, in Irland gegen etwas zu sein

Aber mehr als um einzelne Personen geht es den Gesetzgebern um Gruppen, die sich durch sogenannte „geschützte Eigenschaften“ herausheben. Es geht also nicht um Hass schlechthin, sondern „Hass gegen eine Person oder eine Gruppe“ im Staate Irland oder auch anderswo, soweit die Person oder Gruppe wegen ihrer „geschützten Eigenschaften“ angegriffen wird. Geschützt sind demnach die Eigenschaften:

Also schon sehr viel, was mit Abstimmung und biologischen Eigenschaften zu tun hat. Man kann das Gesetz deshalb nicht rassistisch nennen, denn genau Rassismus soll ja angeblich durch es verhindert werden, aber rassisierend ist es schon, wenn es die Herkunftsmerkmale so sehr hervorhebt und zu Anlässen für Strafen und Sanktionen macht. Die Frage ist, ob man nach diesem Katalog überhaupt noch etwas gegen eine ungehinderte Zuwanderung nach Irland sagen kann, ohne ins Visier der neu-irischen Anti-Hass-Inquisition zu geraten.

Cui bono?
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Eine andere Frage ist: Wären auch politische Überzeugungen in dieser Weise gegen den Hass anderer zu schützen? Hier wird es schon schwieriger für die Woken, die ja in ihrer Abneigung (ihrem Hass?) gegen alle in der eigenen Nation oder Heimat verwurzelten Bürger geeint sind. Wegen ihres Irentums darf immerhin kein Hass über die Einheimischen ausgegossen werden, denn auch die irische Nationalität und ethnische Herkunft als Ire (betreffend 94 Prozent der Einwohner) müssten gegen „Hass“ geschützt sein.

Daneben wird wohl die Kritik an der Gendertheorie samt den politisierten Gender-Identitäten wie „divers“ oder „trans“ schwieriger. Sie wird man kaum noch mit deutlicher Skepsis sehen können, ohne sich dem Verdacht des „Hasses“ auszusetzen. Eins ist dabei klar: Die Gesetzesnovelle soll – so teilt das irische Justizministerium mit – dafür sorgen, dass es zu mehr Verurteilungen kommt. Das war anscheinend ein „Mangel“ früherer Gesetze zum Thema, die in 30 Jahren nur etwa 50 Verurteilungen zustande brachten.

Die einseitige Messerstecherei von Crépol

Die Iren scheinen derzeit in besonderer Weise vorbereitet auf eine sehr weitgehende Unterdrückung der Redefreiheit. Eine „christlich-konservativ-grüne“ Koalition treibt dieses Gedankengut voran. Und man weiß nicht, warum die unfreiheitliche Zensur des öffentlichen Gesprächs gerade auf dieser Insel so schnell voranschreitet. Der grüne Koalitionspartner hat jedenfalls kein Problem, sich zum Zurückschneiden der Freiheit zu bekennen. Es gibt anscheinend höhere Ziele.

In anderen Ländern benutzt man vorerst andere Mittel, um den Unmut der Bürger zum Schweigen zu bringen und die öffentliche Diskussion „leiser zu drehen“, wo es um unbequeme Dinge geht. So geht es in Frankreich noch immer um einen Messerüberfall auf ein Dorffest in Crépol, dem der 16-jährige Rugbyspieler Thomas Perotto zum Opfer gefallen ist. Noch immer weiß man nicht genau, wie es dazu kam. Aber ein mindestens teilweise geplantes Vorgehen der Angreifer liegt nahe. Zunächst schwiegen Medien und Politiker lange über das Massaker im ländlichen Département Drôme. Nur einige migrationskritische Parteien und Nutzer sozialer Netzwerke ließen nicht locker und forderten eine Debatte über das grauenhafte Geschehen ein. Inzwischen streitet sich ein ganzes Land darüber, was in dem kleinen Dorf geschah und was es zu bedeuten hat.

Die Schilderungen der Augenzeugen sind dabei eindeutig. Eine Gruppe von Vorstadtjugendlichen, größtenteils aus der Siedlung La Monnaie im nahegelegenen Romans-sur-Isère, war mit Küchenmessern auf dem Dorffest aufgetaucht und hatte nach einiger Zeit Grund für ein Massaker an den Feiernden gefunden. Eine einseitige Messerstecherei begann, bei der man sich vorsehen musste, nicht von den Klingen getroffen zu werden. Besser man blieb im Festsaal, während draußen alles voller Messerhiebe war.

Im Grunde war es ein Hinterhalt, zu dem die jungen Araber das Dorffest umgestaltet hatten. Laut mehreren Zeugen sagte mindestens einer der Angreifer den Satz: „Wir sind hergekommen, um Weiße abzustechen.“ Inzwischen sind auch Video-Ausschnitte aufgetaucht, in denen der halb-arabische Ausdruck für „dreckige Weiße“ („sale gwers“) gebraucht wird. Laut dem politischen Kommentator Jean Messiha handelte es sich nicht um einen „Raubzug“ (razzia), sondern um ein Mini-Pogrom.

Der Araber mit den langen Haaren und die rechte Gegendemo

Nun gibt es, wie nicht anders zu erwarten, auch eine Alternativerzählung, die von dem Journalisten Patrick Cohen im Fernsehen ausgebreitet wurde. Cohen behauptet, Thomas Perotto habe einen der Araber wegen seiner langen Haare als Mädchen verspottet. Aber selbst wenn das so gewesen wäre – und es gibt Zweifel: in anderen Erzählungen begann die Auseinandersetzung mit einem Türwächter, der mehrere Finger verlor –, selbst wenn es eine solche Provokation von seiten des später getöteten Thomas gegeben hätte, würde sie niemals den brutalen Messerangriff der Vorstadtgruppe rechtfertigen. Dessen waren sich auch die Täter bewusst, die eben deshalb versuchten, sich nach Spanien abzusetzen. Erst bei Toulouse, knapp 500 Kilometer von Crépol entfernt, wurden neun Personen festgenommen. Doch es nützt nichts: Auch im französischen Fernsehen spricht man von der „Mechanik des Hasses“.

Inzwischen ist ein zweites Geschehen komplizierend hinzugekommen. Auch in Romans-sur-Isère gab es eine Woche nach der Tat – ähnlich wie in Dublin – eine Demonstration gegen die Gewalttat. Auch sie wurde umgehend und ohne viele Fragen kriminalisiert. Etwa 80 Personen waren für den Protest nach La Monnaie und in die Vorstadt von Romans-sur-Isère gekommen, in der das arabische Element vorherrscht. So etwas ist natürlich dazu geeignet, Unfrieden zu stiften. An Slogans werden zwei überliefert: „Gerechtigkeit für Thomas“ war der eine, „Den Islam aus Europa vertreiben“ der andere. Laut der ermittelnden Staatsanwältin waren die 80 zudem (mit Stangen?) bewaffnet und hätten es auf einen Kampf angelegt. Vielleicht wussten sie aber auch, dass sie mit Gewalt zu rechnen hatten. Denn die Vorstädte gelten sonst nicht als Horte der Republik oder der inneren Sicherheit.

Die Polizei erschien natürlich umgehend und machte dem Umzug ein rasches Ende. Im Schnellverfahren wurden einige Teilnehmer zu zehn Monaten Haft verurteilt. Das war etwa so viel, wie auch einige Gruppenvergewaltiger in einem neueren französischen Urteil (ein Fall von 2020) bekommen haben, was für weitere Diskussionen über die „exemplarische Justiz“ in Frankreich auf den sozialen Netzwerken führt. Deutsche Richter urteilen allerdings noch milder, wie nun wieder bekannt wurde: Etwa 60 Arbeitsstunden für einen wohltätigen Zweck reichen bei Beteiligung an der Gruppenvergewaltigung einer 15-Jährigen in Hamburg aus. Die Verhältnismäßigkeit ist aber auch in Frankreich für viele nicht mehr gewahrt.

Riskant: Eine Stimme der Provinz kommt zu Wort

Aufgrund dieses Vorfalls in La Monnaie kam nun auch eine „Stimme der Provinz“ prominent im auf Mainstream gestriegelten Sender BMF TV zu Wort. Es war die Bürgermeisterin von Romans-sur-Isère, die vor allem zu dem Protestmarsch in ihrer Stadt Stellung nehmen sollte. Aber es kam zu einer kleinen Überraschung. Denn auch wenn die Täter von Crépol zum größeren Teil aus Romans kamen, sprach Marie-Hélène Thoraval nicht im Namen der Vorstadt La Monnaie, sondern nahm eher die Opfer von Crépol in den Blick, was der Moderatorin nicht sehr recht war.

Thoraval hielt fest, dass der Angriff der Araber speziell auf weiße Franzosen abzielte. Vor allem übermittelte sie eine Botschaft der betroffenen Familien: „Die Familien fordern zwei Dinge. Das erste ist eine unnachgiebige Härte der Justiz. Das zweite ist, dass der rassistische Charakter, der von den Angreifern gezeigt wurde, berücksichtigt wird.“ Es dürfe nicht dazu kommen, dass die Angreifer von Crépol zu Opfern erklärt werden, indem man den politischen Protest gegen ihre Tat als angebliche „Aggression“ in den Vordergrund stellt.

Wörtlich sagt Thoraval, was von der Journalistin kaum verstanden wird: „Wir laufen Gefahr, die Täter als Opfer erscheinen zu lassen. Also, Achtung!“ Dagegen ist die Moderatorin sehr von der Formulierung des Innenministers Darmanin eingenommen, dass durch Proteste wie den von Romans-sur-Isère mittelfristig ein Bürgerkrieg drohe. (Sie stammt gar nicht von Darmanin, aber dazu später.)

Thoraval sieht einen Zwei-Fronten-Krieg heraufziehen

Auch die konservative Thoraval sieht das Land in einem angehenden „Zwei-Fronten-Krieg“ – hier migrantische Gewalttäter und Kriminelle, dort ihre Gegner auf der „Rechten“, die gegen das Unrecht mobilmachen. Der Nachschub aus den Vorstädten dürfte allerdings gesichert sein, die illegalen Neuankömmlinge kommen noch hinzu. Die Angreifer von Crépol waren Kinder von bereits selbst straffälligen Eltern, berichtet Thoraval: „Das ist eine Kultur, die sich überträgt.“ Insofern befürchtet die Stadtobere, dass es zu weiteren Dramen kommt, ob als Vergeltungsschläge oder aus beliebigem anderem Grund.

Das Vorstadt- und Neubauviertel La Monnaie hat laut der Bürgermeisterin 4.500 Einwohner, darunter etwa hundert Jugendliche, die Probleme der gesehenen Art bereiten, mit einem kleineren Kern, der noch einmal deutlich gewalttätiger sei. Und dieser Kern wolle im Département Drôme eine „Unrechtszone“ (so wörtlich) errichten, indem er das Territorium besetzt. Man muss dabei auch die gegebenen Zahlenverhältnisse in Frage stellen. Denn sie würden bedeuten, dass ein oder zwei Prozent der Bevölkerung das Rechtssystem auf den Kopf stellen können. Man muss sicher noch einige stille Unterstützer hinzurechnen, die gegenüber der Polizei dichthalten und Ähnliches.

Thoraval fordert ein Ende der „Kultur des Entschuldigens“. Straf- und Gewalttäter seien zur Rechenschaft zu ziehen. Ein ganzes Territorium sei betroffen, während der „Partei des Unrechts“ aber noch immer die große Mehrheit der Einwohner von Romans-sur-Isère gegenüberstehe, die einfach in Ruhe leben wollen.

Schweigeminute wegen „Gewalt-Entfesselung“ und „Horror“

Inzwischen wurden sechs Personen (darunter zwei Minderjährige) verhaftet, drei weitere (auch hiervon zwei minderjährig) wurden wieder freigelassen und befinden sich unter gerichtlicher Kontrolle. Die Vornamen der sieben volljährigen Verdächtigen sind laut Medienberichten Chaïd, Yasir, Mathys, Fayçal, Kouider, Yanis und Ilyes – fünf davon sind eindeutig arabischen Ursprungs. Der Großteil der Verdächtigen stammt aus La Monnaie und gehört zu einer Bande von rund 30 Jugendlichen, die eine Vorliebe für „Stadt-Rodeos“ haben, also Wettrennen auf öffentlichen Straßen, und auch im Drogengeschäft mehr oder weniger große Ballen abschneiden. Ihr Prozess wird wohl etwas länger dauern als jener für die Gegendemonstranten in Romans.

Der Krieg kommt zu den Dorffesten
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Am Dienstag fand nun eine Schweigeminute in der Nationalversammlung statt. Die Sitzungspräsidentin Yaël Braun-Pivet aus der Macron-Partei „Renaissance“ drückte ihre „Solidarität im Herzen und im Geist“ aus. Trotzdem hinterlassen ihre folgenden Worte einen schalen Beigeschmack: Eine „Entfesselung der Gewalt“ habe eine französische Gemeinde „in den Horror gestürzt“. Das klingt eher nach einer Naturkatastrophe, Braun-Pivet sah sich vor, die eigentlichen Schuldigen zu benennen. Richtig, da war ja diese Erzählung mit den langen Haaren des Arabers, die keineswegs bestätigt ist. Es sei wichtig, so Braun weiter, dass der Gerechtigkeit Genüge getan werde, aber Gerechtigkeit sei „weder Rache noch Rachsucht“ – als ob das nicht ohnehin bekannt wäre.

Auch Premierministerin Élisabeth Borne wählte ähnlich relativierende Worte. „Wir haben eine Pflicht zur Einheit, eine Pflicht zur Würde, ohne die Tatsachen zu verharmlosen, ohne politische Vereinnahmung, ohne Hass zu schüren“, sagte sie in klebrig-verharmlosender Weise. Gegen Banden wie die aus La Monnaie will Borne nach „neuen Antworten“ suchen und angeblich effizienter vorgehen. Doch das sind nur die Ausreden entscheidungsunwilliger Politiker. Welche neuen Antworten hier kommen und wie sie helfen sollen, bleibt stets das Geheimnis solcher Advokaten der ungeregelten Zuwanderung und Multikulti-Gesellschaft.

Wie ein Kommunist einen Bürgerkrieg verhindern will

Effizienz bewies derweil Innenminister Gérald Darmanin (auch er in der Macron-Partei) – wenn auch an anderer Stelle. Er verbot drei ultrarechte Gruppen, deren Mitglieder auch an dem Protestmarsch für die Opfer von Crépol in La Monnaie teilgenommen hatten. In Frankreich wie in Irland wird durch das Mittel der (angeblich) gewalttätigen Gegenproteste von den Taten selbst abgelenkt, die in beiden Fällen von Zuwanderern oder deren schlecht integrierten Nachkommen begangen wurden.

Innenminister Darmanin ist, wie gesagt, eher mit der Gefahr eines Bürgerkriegs beschäftigt. Sich auf einen kommunistischen Abgeordneten berufend, sagte er: „Ich glaube, dass es in der Ultrarechten eine Mobilisierung gibt, die uns, wie Herr Roussel sagte, in den Bürgerkrieg stürzen will.“ Man nennt das sogar schon das „irische Szenario“, es scheint sich sehr real anzufühlen in Frankreich. Fabien Roussel von der Kommunistischen Partei Frankreichs (PCF) hatte gemeint, dass „die extreme Rechte uns in Europa und Frankreich auf die Autobahn eines Bürgerkrieges führt, und sie tut das mit Vollgas“.

Unter den verbotenen Gruppen ist als einzige öffentlich benannte die „Division Martel“, zu der Darmanin einfiel: „Allein schon der Name macht uns Angst.“ Er spielt zweifellos auf Karl Martell an, der einst die Mauren aus Frankreich fernhielt. Das ist anscheinend nicht das Erbe, das Darmanin für Frankreich bewahren will. Und wenn der ÖRR in Deutschland das Thema Crépol aufgreift, dann nicht ohne einen größeren Schlenker zum Thema Rechtsextremismus.

Große Pose eines Wankenden – Marine Le Pen verlässt den Saal

Im Parlament warf sich nun der umstrittene Justizminister Éric Dupond-Moretti zur großen Pose auf. In seiner Antwort auf die Frage einer Abgeordneten des Rassemblement national (RN) behauptete der Minister, dass nicht nur Juden im heutigen Frankreich verängstigt seien – auch für „meine muslimischen Brüder“ gelte das, hängte er mit Emphase an. Dem RN warf der Minister vor, das „ländliche, ruhige, katholische und weiße Frankreich“ dem Frankreich der Vorstadtsiedlungen, der „Mohammed, Mouloud und Rachid“ (alles arabische Vornamen) gegenüberzustellen.

Statt einer Antwort lieferte er so eine Philippika gegen die Fragestellerin vom RN. In diesem Moment verließen sämtliche RN-Abgeordneten den Saal. Marine Le Pen sprach später von „ordinären Äußerungen“ des Ministers. Er habe den RN und damit Millionen Franzosen beleidigt, als er die Partei in die Nähe identitärer und nazistischer Gruppen stellte. Doch viel grundsätzlicher hatte Le Pen und ihren Parteifreunden wohl missfallen, dass Dupond-Moretti das RN in ein Lager des kommenden „Bürgerkriegs“ stellte und es so der übermäßigen Parteilichkeit zieh.

Die Premierministerin Borne feixte während der Antwort ihres Ministers. Nur Innenminister Darmanin machte große Augen, als Dupond-Moretti von der konsequenten Bestrafung der Drogendealer und Kriminellen aus den Banlieues sprach. Man weiß in Frankreich genau: Polizei und Gendarmerie sind noch sehr weit von diesem Punkt entfernt. Und Crépol hat genau das bewiesen, daneben aber noch viel mehr.

Inzwischen ist der nächste 18-jährige Franzose einem Messerstecher zum Opfer gefallen. Manche kommentieren es sarkastisch: „Ein Crépol pro Tag.“ So erklärt sich wohl auch die landesweite Mobilisierung junger Menschen, die den Mord an Thomas Perotto nicht einfach so vorbeiziehen lassen wollen. In ganz Frankreich werden so verschiedene Plakate angeklebt, die etwa feststellen, dass Thomas von Barbaren getötet wurde.

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