Tichys Einblick
"Friedensgipfel"

Ex-Kanzler Gerhard Schröder im Gespräch mit Viktor Orbán

Am 31. Oktober 2024 kamen Ungarns Premierminister Viktor Orbán und der frühere deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder zu einem geopolitischen Gespräch in Wien zusammen. Roger Köppel, Verleger und Chefredakteur der Weltwoche, führte durch die Diskussion.

picture alliance / EVA MANHART / APA / picturedesk.com

Der Besuch des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán in Wien, nur kurze Zeit nach dem Wahlerfolg der FPÖ, stieß vorab auf breite Kritik. Dennoch traten Orban und der ehemalige deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder bei einer Podiumsdiskussion in den Wiener Sofiensälen vor etwa 400 interessierten Gästen entspannt auf und verteidigten ihre Positionen zu Friedensgesprächen mit Russland und zur aktuellen Lage in Europa.

Beide sprachen sich dafür aus, weiterhin den Dialog mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu suchen, ungeachtet des anhaltenden Angriffskrieges und der damit verbundenen Verluste in der Ukraine.

Orban formulierte seine skeptische Haltung gegenüber dem Ukraine-Konflikt deutlich und äußerte sich kritisch zur wirtschaftlichen Situation in Europa: „Dieser Krieg ist verloren – die Lage wird immer schlechter.“ Er fügte hinzu: „Wir Ungarn haben einen guten Spruch: Ungarn haben nicht Recht, aber sie werden Recht haben.“ Weiterhin äußerte er Sorgen um die Wirtschaftslage und stellte fest: „Wer rettet heute die deutsche Wirtschaft? Wir haben heute in Europa viermal so hohe Energiepreise wie die Amerikaner. Das funktioniert nicht. Wenn wir das nicht ändern, werden wir verrecken.“

Auf die Frage des Moderators und Gastgebers des Abends, Roger Köppel von der Weltwoche, zu den Chancen auf einen Waffenstillstand erklärte Schröder, Putin verfolge das Ziel, die Interessen Russlands zu wahren, und es sei seiner Ansicht nach „absurd“, den Dialog mit ihm abzubrechen. „Alles andere hat historisch nicht funktioniert“, fügte Schröder hinzu und wandte sich mit der Frage an das Publikum: „Wer, wenn nicht die EU, sollte einen Krieg in Europa beenden?“ In Bezug auf die Kritik an seinem Engagement für Gespräche entgegnete er: „Seit wann wird man für eine Friedensinitiative gescholten?“

Orbán äußerte zudem, dass er sich nach den US-Wahlen am 5. November eine Entscheidung über mögliche Verhandlungen erhoffe, da diese aus seiner Sicht maßgeblich über die zukünftige Situation in Europa bestimmen könnten. Schröder stellte unterdessen infrage, ob militärische Unterstützung für die Ukraine fortgeführt werden solle, ohne dass die Bereitschaft zu Verhandlungen bestehe. „Alte Pfade zu verlassen kostet Kraft, aber ein Dialog mit Putin ist notwendig“, sagte Schröder und fügte hinzu, dass das Risiko des Scheiterns von Verhandlungen geringer sei als die fortwährende Konfrontation mit einer Atommacht.

Die Äußerungen von Schröder und Orbán erhielten viel Beifall von den zahlreichen Gästen der Podiumsdiskussion im Festsaal der Sofiensäle, und der Abend endete mit zahlreichen Fotos von Schröder mit den Teilnehmenden der Veranstaltung.

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