Als „lawfare“ bezeichnen Beobachter den Versuch von Staaten, internationale Gerichte zu politischen Zwecken zu nutzen, um einen Feind auf diesem Umweg zu besiegen. Gerade im Kontext des israelisch-palästinensischen Konflikts werden der Internationale Gerichtshof (IGH) und der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag immer wieder zur „Kriegsführung per Recht“ gegen Israel missbraucht – mit Erfolg, wie zwei Verfahren zeigen, die derzeit beim IGH anhängig sind.
Bereits im Dezember reichte Südafrika beim Gerichtshof Klage gegen Israel ein. Der Vorwurf: Israels Kriegsführung im Gazastreifen seit dem Hamas-Überfall am 7. Oktober komme einem „Völkermord“ gleich. Ende Januar fällte der IGH dazu ein erstes Eilurteil und schloss darin die Möglichkeit, dass es im Gazastreifen einen „Völkermord“ geben könnte, zumindest nicht aus.
Die Klage gegen Deutschland wird seit Montag in Den Haag verhandelt und erhält in den deutschen Medien daher zur Zeit einige Aufmerksamkeit. Sie kann aber nicht ohne Verweis auf Südafrikas Vorgehen betrachtet werden, denn die Fälle weisen starke Parallelen auf; sie werden vor allem mit Blick auf die Kläger selbst deutlich.
Sowohl Südafrika als auch Nicaragua haben alte Verbindungen zum palästinensischen Terror. Im südafrikanischen Fall unterhielt schon die Ikone des heute noch regierenden Afrikanischen Nationalkongresses (ANC), Nelson Mandela, gute Beziehungen zu Jasser Arafat, der Ikone des palästinensischen Terrors gegen Israel. 1997 ließ Mandela wissen, dass „unsere Freiheit“ nicht vollständig sei „ohne die Freiheit der Palästinenser“.
Ähnlich verhält es sich mit Nicaragua. Die sozialistischen Sandinisten, zu denen der aktuelle Machthaber Daniel Ortega gehört, kooperierten schon seit den späten 1960er Jahren mit palästinensischen Terroristen, um sich in deren Lagern ausbilden zu lassen. Ortega selbst sprach 1979, kurz nach der sandinistischen Revolution, von der „historischen Solidarität mit dem leidenden, heldenhaften und kämpferischen palästinensischen Volk“.
So relativiert Nicaragua in seiner Klageschrift gegen Deutschland das Hamas-Massaker vom 7. Oktober 2023 als Angriff von „paramilitärischen Einheiten“ auf „israelische Siedlungen in den besetzten palästinensischen Gebieten“. Genannt werden Sderot, Kfar Asa, Nir Os und Be’eri. Alle diese Orte liegen in einem Gebiet, das selbst international als israelisch anerkannt wird, also ganz sicher nicht „besetzt“ ist.
Was treibt beide Länder an? Sowohl bei Südafrika als auch bei Nicaragua speisen sich der Hass auf Israel und damit die Klagen vor dem IGH aus mehreren Quellen. Da ist zunächst der ideologische Aspekt: Beide Länder gehören dem sogenannten „Globalen Süden“ an und schauen mit einer linken, „postkolonialen“ Brille auf die Welt; darin erscheint Israel per se als Kolonialmacht und die Palästinenser als kolonisiertes Volk.
Hinzu kommt die historische Dimension: Israel hat in beiden Ländern in der Vergangenheit mit politischen Kräften kooperiert, die Feinde der heute regierenden Regime waren. Im südafrikanischen Fall unterhielt der jüdische Staat lange gute Beziehungen mit der Apartheidregierung, gegen das der nun regierende ANC seinerzeit aufbegehrte. Im nicaraguanischen Fall arbeitete Israel mit dem Somoza-Regime zusammen, gegen das die Sandinisten kämpften, die in Form von Ortega heute Nicaragua autoritär regieren.
Es ist gerade dieser Hintergrund, in den die Prozesse vor dem IGH einzuordnen sind. Insbesondere die jetzt verhandelte Klage gegen Deutschland soll nicht nur Israel, sondern mit ihm den gesamten Westen als Hort der Doppelmoral diskreditieren und delegitimieren. Unmittelbar sollen sie den Druck auf Staaten wie die USA und die Bundesrepublik erhöhen, noch weiter als sowieso schon vom jüdischen Staat abzurücken.
Diese Strategie dürfte Erfolg haben: Zwar weist Deutschland Nicaraguas konkrete Anschuldigungen klar zurück. Es ist aber davon auszugehen, dass bestimmte Kreise im Auswärtigen Amt den Druck bereits aufgenommen haben und auf eine weitere Kursänderung zulasten Israels drängen. Schließlich gilt es, den „Globalen Süden“ nicht zu verlieren.