Jacinda Ardern (Labour Party), die Premierministerin von Neuseeland, ist eine gefeierte Politikerin – warum auch nicht? Sie ist eine junge, hübsche und sympathische Frau, die neuen Wind in die Politik bringt und es gleichzeitig schafft, eine ganzes Land und eine Familie im Griff zu haben. Vom Guardian, über die New York Times bis hin zur Deutschen Presse waren fast alle Journalisten entzückt von ihr – natürlich auf eine hochseriöse und objektive Art und Weise, etwa so wie bei Annalena Baerbock. Doch jetzt, so scheint es, bringt die heilige Jacinda wohl etwas zu viel frischen Wind in die Politik – denn Neuseeland ist von einem weltweit beneideten zu einem weltweit bemitleideten Land geworden. Und die Neuseeländer kriegen langsam kalte Füße.
Man muss der Premierministerin, die auch liebevoll Tante Cindy genannt wird, lassen, dass sie die scharfen Maßnahmen mit einer medialen Fürsorge begleitet hat, die sich ganz von Deutschland unterscheidet. Bei Cindy hört es sich wie etwas an, was alle gemeinsam durchstehen – sie eingeschlossen. Auf Social Media begleitete sie ihre Bürger, versicherte den Kindern beispielsweise, dass der Osterhase trotz Lockdown kommen würde, weil er ja schließlich systemrelevant ist. Im Gegensatz dazu ist die Rhetorik der deutschen Poltitiker ziemlich rau, fast vorwurfsvoll: „Weil ihr zu blöd und unsozial wart, müsst ihr jetzt auch den Lockdown ausbaden, ist alleine eure Schuld – und übrigens: ein Recht auf Ostern habt ihr sowieso nicht.“ (überspitzt gesagt). Aber so verlockend es auch klingen mag, dass Neuseeland nach ihren Erfolgen auch wieder Lockerungen zugesprochen bekommt, so hat dieses „harte Maßnahmen durchsetzen, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken“ auch seine Schattenseite: die Poltiker können sich von so viel Macht schwer wieder trennen.
So kann man jetzt beobachten, dass sympathische Politiker und ein vielfältiges Kabinett nicht unbedingt vor einem unmoralischen Charakter schützen. Interessant ist beispielsweise, wie sehr Neuseeland plötzlich ein gutes Verhältnisse zu China am Herzen liegt. Man distanziert sich nun von seinen „Five Eyes“-Partnern (Allianz der Geheimdienste aus den Ländern USA, Großbritannien, Australien, Kanada und Neuseeland), nachdem die Gruppe eine harte Linie in Bezug auf Chinas Menschenrechtsverletzungen eingeschlagen hat.
Nur noch kleine Dispute „zu Themen wie den Menschenrechten“
Die Außenministerin von Neuseeland begründete das damit, dass sie es nicht zulassen würde, dass die neuseeländische Beziehung zu China von diesen Staaten definiert wird. Sie spricht sich dafür aus, dass Neuseeland die besonderen chinesischen Bräuche und „Traditionen und Werte“ „aufrechterhalten und respektieren müsse“. Ob diese besonderen Bräuche wohl auch das aus dem Weg schaffen politischer Gegner beinhaltet? Jedenfalls scheinen der Außenpolitik Neuseelands die Befindlichkeiten Chinas wichtiger zu sein als die der traditionellen Allianzpartner. Aufsehenerregend ist auch ein Post der New Zealand Labour Party auf Facebook vom 19. April. Da schreiben die Verfasser, die Außenministerin Nanaia Mahuta habe vor dem New Zealand China Council eine Grundsatzrede gehalten, in der sie das Verhältnis zu China als eines der wichtigsten Beziehungen „würdigte“ – wenngleich sie doch „zu Themen wie den Menschenrechten“ nicht einer Meinung seien. Na das klingt doch nach dem Beginn einer wunderbaren Freundschaft: China und Neuseeland, best friends for live.
Ja klar, bei der Thematik, ob Menschen außerhalb der Führungsebene ein Recht auf Leben haben, sind sie noch nicht ganz der gleichen Meinung und auch bei der Frage nach der Tötung politischer Gegner auf offener Straße sind sie sich noch nicht ganz einig – aber sonst verstehen sie sich ganz prächtig! Zu einer guten Freundschaft zählt eben auch, über die kleinen Macken des jeweils anderen hinwegzusehen. Ich denke China wird Neuseeland die sehr problematische Haltung zu diesen Themen eines Tages nachsehen – mit Vergebung hat China es ja.
Denn Neuseeland hat einen Plan: die „Rauchfrei bis 2025“-Agenda, mit der sie das „schädlichste Konsumprodukt der Geschichte“ zum Kampf herausfordern – dem Kampf um die absolute Volksgesundheit. Denn warum bei der bloßen Coronabekämpfung aufhören? Gesundheit kann ja schließlich niemals falsch sein! Wer braucht schon Freude, Freiheit und Selbstbestimmung im Leben, wenn er dafür ganze fünf Tage älter werden kann? Es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis dort das Essen mindestens eines Apfels am Tag – Allergie oder nicht – als Pflicht eingeführt wird.
Ein führender deutscher Gesundheitspolitiker soll bereits versuchen eine Talkshow zum Thema: „Wer seinen Eltern nicht täglich einen Orangensaft zwangseinflößt, hat es zu verantworten, wenn Enkelkinder ohne Großeltern aufwachsen“ zu organisieren. Zum Thema Zwangeinflößung soll er sich in China informiert haben. Außerdem wartet er darauf, dass Tante Cindy seine Freundschaftsanfrage auf Facebook annimmt, denn er will sie in Sachen Salzverzicht und in der Thematik „Warum Zahnpasta Gedächtnisverlust verursachen kann“ beraten. Es muss eben jeder seinen Betrag leisten im Kampf gegen ein schönes Leben.