Nun hat es auch Tunesien mit Unruhen und Kriminalität durch Migranten zu tun. In Sfax – einem zentralen Umschlagspunkt für die Ware Migrant an der nordafrikanischen Küste – haben subsaharische Migranten Feuer gelegt. Schon seit einigen Monaten wird von zunehmenden Spannungen zwischen Tunesiern und Zugewanderten berichtet. Schnell werden dann, von beiden Seiten, die Messer gezückt. Zuletzt wurde ein Tunesier im Streit mit drei Subsahara-Migranten erstochen.
Migranten-Unruhen auch in Tunesien: Präsident Kais Saied schiebt Hunderte ab
Nun kam es auch in Tunesien zu Unruhen zwischen Einheimischen und Migranten. Tote durch das Messer sind zu beklagen. Der tunesische Präsident reagiert mit Abschiebungen Richtung Libyen. Derweil bleibt das Mittelmeer offen für Seelenkähne – auch dank europäischen NGOs.
Von einer zugespitzten Stimmung berichtet auch der französische Staatssender France 24. Die Behörden reagierten demnach mit Abschiebungen auf die gewalttätigen Zusammenstöße.
Ein weiterer Tweet eines Tunesiers liest sich so: „Die Subsahara-Afrikaner in Tunesien drohen den Menschen von Sfax mit Mord! Aber keine Sorge, wir sind Tunesier, wir werden siegreich sein.“
Auch die Financial Times schreibt, dass Hunderte von afrikanischen Migranten aus dem Gebiet südlich der Sahara an die Grenze zwischen Tunesien und Libyen transportiert wurden. Die Meldung geht anscheinend auf einen Bericht der NGO Human Rights Watch zurück, in dem die Geschichte von „hunderten schwarzafrikanischen Migranten und Asylbegehrenden“ erzählt wird. Sie würden nun in eine militarisierte Pufferzone zwischen den beiden Ländern gebracht.
Der NGO-Bericht stützt sich wiederum auf fünf fernmündliche Interviews mit schwarzafrikanischen Migranten, die aus Tunesien ausgewiesen wurden, darunter drei Männer aus der Elfenbeinküste, ein Kameruner und eine 16-jährige Kamerunerin. Laut ihnen soll es um 500 bis 700 Personen gehen, die Anfang Juli bei der Küstenstadt Ben Gardane (300 km von Sfax entfernt) Richtung Libyen abgeschoben wurden. Die illegalen Migranten stammen unter anderem aus Mali, Guinea, dem Tschad, dem Sudan und aus dem Senegal.
Die NGO Human Rights Watch wurde 1978 als Helsinki Watch gegründet und sollte ursprünglich die Menschenrechtssituation in der Sowjetunion überwachen. Inzwischen ist die von privaten Investoren (darunter einst auch die Open Society Foundations) getragene NGO weltweit tätig mit einem eindeutigen Profil. Der Gründer der Organisation, Robert L. Bernstein, beklagte 2009, Human Rights Watch habe seinen Fokus von „geschlossenen Gesellschaften“ (etwa dem Iran) auf „offene Gesellschaften“ (der Westen, Israel) verlagert, die nun zuvörderst von der NGO kritisiert werden.
Die Migrationsströme folgen dem Sog, den EU-Länder erzeugen
Dass es Spannungen an der nordafrikanischen Mittelmeerküste gibt, scheint dabei logisch und plausibel. Doch ins Auge zu fassen wäre, wie es zu ihnen kommt. Zu den Verursachern gehören ganz sicher europäische Staaten, die keine strikte, kohärente Migrationspolitik besitzen. Transitländer wie Libyen und aktuell besonders Tunesien leiden seit längerem unter dem Migrations-Sog, den Westeuropa durch seine großzügigen Sozialsysteme für Zuwanderer erzeugt. Der erzeugte Sog geht dabei über den angeblichen Arbeitskräftebedarf des Kontinents weit hinaus.
Gäbe es eine konsequente Politik auf dieser Seite des Mittelmeers, dann bliebe auch die Unordnung in den Ländern Nordafrikas aus, ebenso die Toten des Mittelmeers und der anderen Migrationsrouten. Auch die Zwangsprostitution und der Menschenhandel mit illegalen Arbeitskräften in Europa und um es herum würden schrumpfen, wenn die EU-Länder sich in dieser Frage realistischer aufstellen würden. Allerdings, so muss gesagt werden, haben auch die Maghreb-Staaten versucht, vom Missstand der illegalen Migration zu profitieren und die Europäer mit dem an Land- und Seegrenzen aufgebauten Druck zu erpressen. Und sie müssten selbst in Grenzschutz investieren, um ihre Länder vor Spannungen zu schützen.
Präsident Saied sieht sich derzeit auch ökonomisch vor eine schwierige Lage gestellt. Sein Land ist hoch verschuldet und befindet sich in Verhandlungen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF), dessen Bedingungen Saied aber als „diktatorisch“ ablehnt. Finanzielle Zuschüsse aus der EU kämen ihm also gelegen, auch wenn sie von der Opposition natürlich abgelehnt werden.
Proteste der Opposition gegen ungesicherte Grenzen
Im Juni hatte die oppositionelle Freie Verfassungspartei (Parti destourienne libre) zum Protest gegen die Ansiedlung tausender illegaler Migranten aufgerufen. Sie protestierten auch gegen das Abkommen zwischen Präsident Kais Saied und der EU, das den Aufenthalt der Migranten verstetigt.
Der Vorsitzende der Oppositionspartei, Abeer Moussa, forderte die Regierung auf, Verhandlungen mit dem UN-Menschenrechtskommissar zu beginnen, um irreguläre Migranten in andere Länder zu deportieren. Das Asylrecht soll gemäß Moussa zwar in Kraft bleiben, es gelte aber nur für Menschen in „unmittelbarer Gefahr“. Die Regierung tut demnach zu wenig, um die Grenzen nach Algerien und Libyen zu schützen.
Ein anderer Teil der afrikanischen Migranten in Tunesien oder auch Libyen macht sich beständig mit Booten auf den Weg in das „gelobte Land“ EU. Dazu stehen immer noch genug Boote zur Verfügung. Hier ein Video der spanischen NGO Open Arms, die illegale Migranten ins italienische Brindisi bringt, und die Aufnahme aus einem Boot voller junger Männer, die sich eigenständig auf ihren (illegalen) Weg in die EU gemacht haben.
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