Tichys Einblick
Kritik unerwünscht

Kuba nutzt Corona als Vorwand

In Kuba wird eine Berichterstattung über Probleme in der Corona-Krise systematisch erstickt. Wer sich nicht regierungskonform verhält, muss mit Geld- und sogar Gefängnisstrafen rechnen.

imago Images

Die Covid-19-Pandemie hat in vielen Ländern weltweit gravierende Auswirkungen auf die Pressefreiheit. Ein besonderes Negativbeispiel: das kommunistische Kuba. Es steht nach Angaben der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ unter den lateinamerikanischen Ländern Jahr für Jahr ganz hinten auf der Rangliste der Pressefreiheit. Aktuell wird eine Berichterstattung über Probleme in der Corona-Krise systematisch erstickt. So wurde das Haus des Journalisten Roberto Alexander Rodríguez Cardona durchsucht. Cardona, der unter anderem für die News-Webseite Cubanet schreibt, wurde für zwei Tage inhaftiert. „Vor allem in den vergangenen zwei Jahren zeigt die steigende Zahl von Einschüchterungsversuchen, Verhaftungen und Verhören sowie anderen Angriffen auf Journalisten, wie sehr sich Kubas Machthaber fürchten“, betont Martin Lessenthin, Vorstandssprecher der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM), gegenüber der „Tagespost“.

Regimekritische Berichterstatter können jederzeit eingesperrt werden

Kuba, real und nicht geschönt
Polizeistaat Kuba: Verhör in Havanna
Am Morgen des 23. April verschafften sich Mitarbeiter der Staatssicherheit und Polizisten Zutritt zum Haus von Cardona in Las Tunas im Osten der Insel. Etwa eine halbe Stunde lang suchten sie vergeblich nach Telefonen und Laptops. Im Anschluss daran wurde er unter dem Vorwand verhaftet, ihn nur kurz befragen zu wollen. Der Bürgerrechtler durfte auf der Wache nichts trinken. Nach zwei Tagen wurde er wieder freigelassen.

Die Rechtsverordnung 370, die am 4. Juli 2019 in Kraft getreten war, besagt in Artikel 68 unter anderem, dass die Verbreitung von Informationen über das Internet, die gegen „soziales Interesse, Moral, gute Sitten und die Integrität der Menschen verstoßen“, verboten sind. Der Artikel reguliert den Einsatz neuer Technologien sowie die Aufsicht über kabellose Netzwerke. Nach Angaben von Lessenthin ermächtigt die Rechtsverordnung die kubanische Diktatur, „jederzeit jeden regimekritischen Berichterstatter einzusperren oder anders zum Schweigen zu bringen“.

Zwölf regimekritische Journalisten wurden bereits bestraft

Wer sich nicht von unabhängiger Berichterstattung abschrecken lässt, riskiert auf Kuba Geldstrafen in Höhe von 3 000 Pesos, umgerechnet etwa 110 Euro – was in Relation zum Durchschnittslohn von rund 15 Euro pro Monat erdrückend hoch ist, oder gar Gefängnis. Mit einem Strafverfahren wurde die 26-jährige Journalistin Camila Acosta bedroht, die für die News-Webseite Cubanet schreibt. Sie hatte über den Mangel an Nahrungsmitteln, Medikamenten und Toilettenartikeln berichtet. Bereits zwölf regimekritische Journalisten, die das Internet nutzen, wurden mit Geldstrafen in Höhe von jeweils 3 000 Pesos bestraft. Der Journalist Roberto Jesús Quiñones wurde sogar zu einem Jahr Gefängnis verurteilt, weil er über den Prozess gegen einen evangelischen Pastor berichtet hatte.

Weil die Rechtsverordnung 370 gegen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte wie auch gegen die kubanische Verfassung verstößt, die in Artikel 4 „Gedanken-, Gewissens- und Meinungsfreiheit“ garantiert, haben kubanische Menschenrechtsaktivisten und Journalisten nun eine Petition gegen die Rechtsverordnung eröffnet.


Dieser Beitrag von Carl-Heinz Pierk erschien zuerst in Die Tagespost. Katholische Wochenzeitung für Politik, Gesellschaft und Kultur, der wir für die freundliche Genehmigung zur Übernahme danken.

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