Tichys Einblick
Rockstars Victor Orbán und Geert Wilders

Konservative Welten treffen aufeinander

Im ungarischen Budapest trafen Konservative aus den Vereinigten Staaten, Südamerika und Europa aufeinander. Es treffen konservative Welten aufeinander – ganz ohne, dass die Polizei das Treffen verbieten möchte.

Viktor Orbán, CPAC Hungary, Budapest, Ungarn, 25. April 2024

picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Szilard Koszticsak

Konservative Treffen sind im Herzen der Europäischen Union, in Brüssel kaum möglich. Die National Conservatism Conference, NatCon genannt, wurde dort Mitte April durch Polizeieinsätze bedroht. Die Konferenz musste mehrmals umziehen, denn die Vermieter von Veranstaltungsräumen wurden unter Druck gesetzt, der NatCon zu kündigen.

Wenn sich Konservative in Budapest treffen, ist das anders. Die CPAC Hungary wird dort nun zum dritten Mal ausgetragen. Trotz prominenter Gäste wird die Sicherheitsschranke am Eingang von Mitarbeitern eines privaten Sicherheitsdiensts bemannt. Der Veranstaltungsort ist prominent gewählt: Millenáris, ein ehemaliges Fabrikgelände, das nun als Ausstellungsfläche dient. Die Konservativen in Budapest treten selbstbewusst auf. Die Partei von Premierminister Victor Orbán, Fidesz, ist unverhohlener Schirmherr des Treffens. In Brüssel wird eine konservative Konferenz verboten, weil der Bürgermeister gewalttätige Reaktionen von Gegendemonstranten fürchtet. In Budapest ist Gewalt kein Thema.

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Die Organisatoren der Konferenz haben sich für ein selbstbewusstes, energisches Auftreten entschieden, dass man von europäischen Konservativen nicht gewohnt ist. Der US-amerikanische Einfluss wird deutlich. Mit jedem neuen Redner erwartet man, dass nun ein Boxer die Bühne betritt, gefolgt von Hostessen, die seine Preisgürtel in die Höhe halten, und Trainern, die ihm letzte Kampstrategien zuflüstern. Rockige E-Gitarren und Schlagzeugbeats begleiten jeden Teilnehmer auf die Bühne; Nebelmaschinen, Scheinwerfer und eine begeisterte Vorstellung verstärken den Eindruck einer Sportveranstaltung.

Die einheimischen Redner gehen darin fast unter. Europäische Politiker sind solches Spektakel nicht gewohnt. Die Gäste aus den Vereinigten Staaten können das besser, ihr Auftreten hat mehr Kraft. Das Publikum weiß nicht so recht, wie es darauf reagieren soll. Wer seinen Vortrag mit „Hellloooo CPAC!“ beginnt, wird mit höflichem Klatschen begrüßt.

Nur zwei Ausnahmen gibt es: Victor Orbán und Geert Wilders lösen bei den Zuschauern Begeisterung aus. Sie werden empfangen und verabschiedet als die Rockstars der konservativen Welt.

Die CPAC ist keine Regionalveranstaltung. Die europäischen Nationen sind erwartbar stark vertreten, Irakli Kobakhidze – der Premierminister Georgiens – tritt auf, Redner aus Paraguay, Argentinien, Chile, Peru, Mexiko vertreten Südamerika. Donald Trump wendet sich mit einer Videobotschaft an die Teilnehmer. Sogar aus Japan wird eine Videobotschaft vorgeführt. In seiner Abwesenheit auffällig ist Deutschland. Weder die Union noch die AfD sind auf der Veranstaltung vertreten – Hans-Georg Maaßen und die Werteunion repräsentieren die deutschen Konservativen.

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Deutschland spielt in diesem Diskurs keine Rolle. Das mag teils auch so geplant sein: Gerade südeuropäische Redner verurteilen die „deutsche Europäische Union“; so wird die Konferenz zum sicheren Hafen vor dem Einfluss des „Motors Europas“. Doch auch die deutschen Gäste sind wenige – alle Reden werden simultan übersetzt, auf Ungarisch, Englisch, Spanisch, Französisch, Polnisch, Italienisch und Portugiesisch. Deutsch fällt auch hier mit seiner Abwesenheit auf.

Migration und Wokeness sind die zwei Themen, die alle Redner von Feuerland und Hokkaido vereint. Die Südamerikaner heben die Begrenzung von Migration hervor; José Antonio Kast, Oppositionsführer in Chile, forderte schon in der Vergangenheit, dass zwischen seinem Land und Bolivien ein Graben gezogen werden soll. Das ist keine Metapher.

Eduardo Verástegui kündigt im Gespräch mit Tichys Einblick die Gründung einer neuen Konservativen Partei in Mexiko an: „Die existierenden Parteien nennen sich konservativ, aber sie sind es nicht.“ Ein Thema, das hier zentral angesprochen wird, ist der Kulturkampf um Abtreibung. Die versammelten Republikaner aus den USA verkünden schon Donald Trumps baldigen Wahlsieg und dass er Wokeness beenden und die Kommunisten vertreiben würde. Der Kulturkampf beherrscht die Debatte in den Vereinigten Staaten.

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Aus der Reihe tanzt Argentinien. Agustín Romo, Wahlkampfberater von Javier Milei beantwortet die Fragen, die TE ihm stellt, auf Spanisch – für die Antwort auf die Frage, ob Wokeness ein Thema in Argentinien sei, wechselt er zu Englisch. „Nein. Wir haben echte Probleme“, sagt er und führt aus: Das Ministerium für Frauen und Gleichstellung habe Milei geschlossen, weil es Geldverschwendung sei und die Menschen ungleich behandle. Insofern bekämpfe man Wokeness, „aber Armut ist unser echtes Problem“.

Die europäische Debatte greift das Thema Wokeness auf; zentral geht es aber um die Frage nach dem Verhältnis zur Europäischen Union. „Legt euch das Rüstzeug an“, fordert Ungarns Premierminister Victor Orbán in seiner Eröffnungsrede. „Begebt euch auf das Schlachtfeld des Wahlkampfes“. Es solle „eine neue Ära der souveränen Staaten“ eingeleitet werden, damit der Westen „auf den Weg zurückkehrt, der ihn groß gemacht hat. Make america great again; make Europe great again.“

Doch die Europäische Union als grundsätzliche Idee will keiner aufgeben. Die Rede Irakli Kobakhidzes, Premierminister Georgiens, ist bezeichnend. Es sei „die oberste Priorität seiner Regierung“, dass Georgien der Europäischen Union beitreten könne – gleichzeitig will er die EU aber umbauen in einen „Bund souveräner Staaten ohne Wokeness“. Familie, Religion und Nation sind zentraler Bestandteil der konservativen Debatte auf der CPAC. Die deutsche konservative Debatte findet nur versteckt statt und beschäftigt sich mit den seit 2015 geöffneten Grenzen.

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