Die Bruce Nuclear Generating Station am Lake Huron in der kanadischen Provinz Ontario gehört zu den größten der Welt. Sie verfügt über acht Reaktorblöcke mit einer Gesamtleistung von 6,358 Gigawatt – zum Vergleich: Europas größtes Kernkraftwerk Saporischschja in der Ukraine kommt auf 5,7 Gigawatt. Der Standort Bruce soll jetzt zum mit Abstand größten Stromerzeuger der Welt werden und sogar das japanische Kashiwazaki-Kariwa-Kraftwerk überflügeln, das eine Leistung von rund acht Gigawatt hat, derzeit aber nicht am Netz ist. Der kanadische Energieerzeuger Bruce Power will am Lake Huron stolze 4,8 Gigawatt zubauen. Schon jetzt liefern die acht Reaktorblöcke gemeinsam mit zehn weiteren an anderen Standorten 30 Prozent des Stroms, den die Provinz verbraucht.
Qua Amt kann Butters zwar nichts anderes sagen. Doch es stimmt, und die Politik der Provinz steht auf seiner Seite. Gerade hat die Regierung den Beginn von Vorentwicklungsarbeiten zum Bau der geplanten neuen Kernkraftwerkskapazitäten beschlossen, um den steigenden Stromverbrauch emissionsarm zu decken. Damit reiht sich das nordamerikanische Land in die Phalanx der Länder ein, die zunehmend auf Kernenergie setzen, um die weltweiten Klimaziele nicht zu verfehlen. Die kanadischen Kernkraftwerke gingen zwischen 1971 und 1993 in Betrieb. Die meisten sollen noch bis zur Mitte dieses Jahrzehnts laufen.
Ontarios unabhängiger Stromnetzbetreiber IESO erwartet wegen des starken Wirtschaftswachstums, der Elektrifizierung etwa im Verkehrsbereich und des Bevölkerungsanstiegs bis 2050 eine Verdoppelung des Strombedarfs in der Provinz. Die Kapazität müsse deshalb von 44 auf 88 Gigawatt steigen. Der IESO-Bericht empfiehlt, mit Planung, Standortwahl und Umweltverträglichkeitsprüfung für neue Anlagen, einschließlich Kernkraft, sofort zu beginnen, um die Dekarbonisierungsziele zu erreichen. Das haben Bruce Power und die Provinzregierung wörtlich genommen.
Kanada hat mit CANDU einen eigenen Reaktortyp verwirklicht. Die Anlagen werden mit schwerem Wasser moderiert und gekühlt. Moderieren bedeutet Abbremsen energiereicher, schneller Neutronen auf eine Geschwindigkeit, bei der Uran-Atomkerne mit höchster Effizienz gespalten werden. Schweres Wasser ermöglicht den Einsatz von Natururan statt angereicherten Urans, das in nahezu allen anderen Anlagen verwendet wird. Entwickelt und gebaut wurden die 19 kanadischen CANDU-Reaktoren von Atomic Energy of Canada in Chalk River/Ontario.
Mittlerweile hat das Unternehmen die Technik vor allem im Sicherheitsbereich fortentwickelt. Der „CANDU Advanced“ wird mit schwerem Wasser moderiert, aber mit normalem Wasser gekühlt. Das Uran muss schwach auf ein bis zwei Prozent angereichert werden, normal sind mehr als drei Prozent. Er ist für eine Leistung von 1200 Megawatt ausgelegt. Der Brennstoff wird effektiver genutzt als in den CANDU-Reaktoren der ersten Generation, sodass weniger Atommüll anfällt.