Trotz internationaler Bemühungen zur Aussetzung der Todesstrafe wurde am Dienstag der deutsch-iranische Oppositionelle Jamshid Sharmahd von der iranischen Justiz hingerichtet. Die Vollstreckung des Todesurteils des 68-Jährigen, der seit vielen Jahren in den USA gelebt hatte und der monarchistischen Opposition im Exil angehörte, sorgte international für Bestürzung. Sharmahd befand sich seit 2020 in iranischer Haft, nachdem er unter ungeklärten Umständen vom iranischen Geheimdienst in Dubai entführt und nach Teheran gebracht worden war.
Sharmahd wurde eine führende Rolle in der exiliranischen Gruppe „Tondar“ vorgeworfen, die als oppositionelle Organisation gegen die Islamische Republik Iran agiert und für den Sturz des Regimes eintritt. Die iranischen Behörden beschuldigten ihn, unter anderem einen Bombenanschlag auf eine Moschee in der Stadt Schiras im Jahr 2008 organisiert zu haben, bei dem 14 Menschen ums Leben kamen und mehr als 200 verletzt wurden. Sharmahd bestritt diese Vorwürfe, und internationale Menschenrechtsorganisationen sowie die deutsche Bundesregierung äußerten wiederholt Zweifel an der Beweislage und kritisierten den Mangel an Transparenz und Fairness im Verfahren gegen ihn. Die Bundesregierung hatte sich in den vergangenen Jahren wiederholt für seine Freilassung eingesetzt und bemängelte die schwierigen diplomatischen Bedingungen für konsularische Betreuung.
Im Juli 2020 berichteten internationale Medien über die Entführung Sharmahds in Dubai mutmaßlich durch iranische Agenten, was zu weltweiter Entrüstung führte. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch warfen dem Iran vor, durch die gezielte Entführung und Inhaftierung Sharmahds gegen internationales Recht zu verstoßen. Von Beginn seiner Haft an soll ihm der Zugang zu einem fairen Verfahren sowie zu seiner Familie und einem ordnungsgemäßen Rechtsbeistand verwehrt worden sein. Menschenrechtsaktivisten und seine Familie machten zudem wiederholt auf gesundheitliche Probleme Sharmahds aufmerksam und kritisierten, dass ihm medizinische Versorgung oft verweigert worden sei.
Massive Kritik an öffentlichem Schweigen
Auch die Verurteilung zum Tode wegen “Korruption auf Erden” im Februar 2023 durch ein iranisches Revolutionsgericht wurde von der internationalen Gemeinschaft scharf kritisiert. Die Bundesregierung bezeichnete die Verhängung der Todesstrafe gegen den gebürtigen Iraner als „unverhältnismäßig“ und als Bruch grundlegender Rechtsprinzipien. Außenministerin Annalena Baerbock verurteilte das Verfahren als „politisch motiviert“ und äußerte ihre Besorgnis über den fortgesetzten Einsatz der Todesstrafe als Mittel zur Einschüchterung politischer Gegner. Auch die EU setzte sich für eine Aussetzung der Strafe ein und forderte faire und transparente Verfahren für inhaftierte Oppositionelle im Iran.
Die Hinrichtung von Jamshid Sharmahd kommt zu einem Zeitpunkt erhöhter Spannungen zwischen dem Iran und der westlichen Welt. In Deutschland haben sich seit Sharmahds Inhaftierung immer wieder Bürgerrechtsgruppen und politische Akteure für ihn eingesetzt, darunter auch die Sharmahd-Familie, die mit einer eigenen Kampagne für sein Recht auf ein faires Verfahren geworben hat. Nach Bekanntwerden seiner Hinrichtung äußerten seine Tochter und weitere Angehörige in den sozialen Medien tiefe Trauer und kritisierten die internationale Gemeinschaft im Allgemeinen, sowie Deutschland im Speziellen, dafür, nicht mehr für sein Leben getan zu haben.
Im vergangenen November klagte Sharmahds Tochter Gazelle explizit die Position von Außenministerin Baerbock auf X an, sie habe „weder den Slogan „Bring Them All Home“ verstanden, noch eine Ahnung von Geisel-Diplomatie oder Terror Regime, oder will uns alle für dumm verkaufen“.
Merz fordert Ausweisung des Botschafters
Die Bundesregierung sprach angesichts der Vollstreckung der Todesstrafe von einem „Akt der Justizwillkür“, der die ohnehin schwierigen Beziehungen zwischen Deutschland und dem Iran weiter belasten dürfte. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes kündigte an, dass man diplomatische Schritte prüfen werde, um auf den Fall zu reagieren. Für CDU-Chef Friedrich Merz sei der Ansatz der “stillen Diplomatie” der Bundesregierung gescheitert. „Die Beziehungen mit dem Iran gehören angesichts der staatlich gewollten Tötung eines deutschen Staatsbürgers auf den Prüfstand“, sagte Merz der Nachrichtenagentur Reuters und forderte: „Der iranische Botschafter muss ausgewiesen werden.“
Bundeskanzler Olaf Scholz bezeichnete die Hinrichtung auf X als “Skandal” und betonte, die Bundesregierung habe sich immer für Herrn Sharmahd eingesetzt. Laut Annalena Baerbock habe man in Berlin jeden Tag an dem Fall gearbeitet und mehrmals diplomatische Teams entsandt. „Dabei haben wir Teheran immer wieder unmissverständlich klar gemacht, dass die Hinrichtung eines deutschen Staatsangehörigen schwerwiegende Folgen haben wird“, so Baerbock. Diese Drohungen schienen den Iran allerdings wenig beeindruckt zu haben.
Die deutschen Behörden mahnten ihre Bürger erneut zur Vorsicht bei Reisen in den Iran, da insbesondere Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit Gefahr laufen, in politische Konflikte verwickelt und inhaftiert zu werden.