Es war einmal ein Platzanweiser, der sich aufmachte, einer Bewegung und Partei beizutreten, die sich den Ausspruch „Va fan culo“ gegen die etablierte Politikerkaste, als Slogan zu eigen machte. Ein „Rutschmirdenbuckelrunter“, oder Götz-von-Berlichingen-Spruch, gegen eine verkommene Politik. Heute meinen viele Beobachter, er hätte doch lieber Platzanweiser bleiben sollen.
Erst wurde der, nun ja, beruflich gescheiterte Luigi Di Maio aus Avellino (vor den Toren Neapels) glühender Anhänger der Protestbewegung des Komikers Beppe Grillo und dann zum Mitglied von dessen Partei Movimento Cinque Stelle. Das war vor über 12 Jahren. Bei den Wahlen zum Gemeinderat von Avellino scheiterte er genauso wie bei seinen zwei angefangenen und nie beendeten Studiengängen der Ingenieurs- und später Rechtswissenschaften. Dafür wurde er im Rahmen des Erfolges der aufstrebenden Cinque Stelle 2013 ins italienische Parlament gewählt.
Immerhin die Fünf Sterne um Grillo und Casaleggio, beide Gründer der Bewegung, sorgte für mehr Mitgliederpartizipation, Befragungen online und direkt spülten Di Maio dann als Spitzenkandidat sogar in die erste Regierung, um Premier Giuseppe Conte. Das war vor vier Jahren, als die M5S mit der Lega, um Giuseppe Conte das Regierungsabenteuer begann.
Luigi („Gigino“, auf Italienisch verkleinert) Di Maio war plötzlich sogar Minister für Arbeit, wirtschaftliche Entwicklung und Soziales, ohne dass er sich da besonders hervorgetan hätte. In dieser Regierung Conte I dominierte der andere Partner von der Lega, Innenminister Matteo Salvini, das Geschehen – und zwar mit der rigorosen Politik der geschlossenen Häfen, Porti Chiusi, gegen die er sich noch heute gerichtlich rechtfertigen muss, und dem Motto, zuerst die Italiener in Arbeit zu bringen. Eigentlich Di Maios Aufgabe, doch der blieb blass neben Salvini. Giuseppe Conte, der parteilose Premier, sollte ein paar Jahre später als Vorsitzender zu den M5S wechseln, nachdem Salvini die Regierung platzen ließ, und Conte auch danach kaum noch vermitteln konnte.
Auch im Vielparteien-Kabinett um Mario Draghi verloren die Cinque Stelle immer mehr an Zuspruch, was sich in den vergangenen Kommunalwahlen gezeigt hat. Wofür stehen die Cinque Stelle, und vor allem, wofür der Außenminister Di Maio selbst, der sich diesen Bereich sofort gegriffen hat?
Momentan scheint es ganz so, als würden sich die Cinque Stelle pulverisieren. Der Ukraine-Konflikt geht quer durch die Regierung – alleinige Gewinnerin überall die Oppositionspartei der Giorgia Meloni, Fratelli d‘ Italia. Kohärent und logisch argumentierend bindet die Partei Wählerschichten und kapselte sich gar kurzzeitig von Matteo Salvini und dessen Lega ab, zu nah sei die Lega an Draghis Geld sowie transatlantischer Politik. Matteo Salvini wiederum, die Meloni dennoch umgarnend, meinte nur: „Die Lega ist auf dem politischen Spielfeld, um die Entscheidungen nicht anderen zu überlassen in Krisenzeiten. Die Lega stehe für die Arbeitnehmer, die Wirtschaft, den wichtigen Tourismus und für Frieden in Italien und in der Ukraine.“ Ganz klar müsse man auch Putin an den Tisch holen, wenn man Frieden haben wolle, und außerdem müssten die immensen Gas- und Stromrechnungen reduziert beziehungsweise die Italiener unterstützt werden, die Unternehmen sowieso.
Ähnlich denkt auch Giorgia Meloni, die das rechte Bündnis nicht um jeden Preis, schon gar nicht durch das Aufgeben eigener Ideen und Positionen, aufrechterhalten möchte oder gar müsste. Aber keine Sorge, Lega und Forza Italia, mit Salvini, Berlusconi und Tajani, bleiben am Ball – nur eine starke Rechte bringe Italien weiter. Italien müsse als Leader für die anderen Nationen mit Ideen vorangehen, adressierte die Meloni Mario Draghi. Der agiere zu USA- und EU-gesteuert. Immerhin, klare Ansagen.
Der Außenminister trat aus der Partei aus, um eine andere und eigene zu gründen, aber vor allem, um den Außenministerposten zu behalten. Circa 60 Abgeordnete möchte er mitnehmen. Das wäre das Ende der Cinque Stelle, aber vielleicht auch das einer wackeligen Draghi-Regierung. Gigino Di Maio selbst möchte sicher nicht mehr dorthin zurück, woher er einst kam – aus dem Großen Rund in Napoli, wo er anderen als Aushilfskraft die Plätze zuweisen musste, und die Fans stets „Va fan culo“ skandieren.