Trotz der Attacken auf die Lega und noch mehr auf Salvini selbst liegt das Mitte-Rechts-Bündnis mit knapp 50 Prozent bei den Demoskopen vorn. Die Fratelli d’Italia mit der rührigen Giorgia Meloni wären natürlich mit an Bord, und ein vertrauenswürdiger Partner für Matteo Salvini. Momentan wirkt Salvini sehr moderat, er plant den Wahlkampf durch, tritt auf den öffentlichen Plätzen und in ausgebuchten Sälen auf. Immer platzen die Locations aus allen Nähten, egal ob in Bari, Bologna oder Ravenna: die nächsten Wahlen verheißen ebenfalls Gewinne der Lega in der einst roten Region Emilia Romagna.
Die neue Bewegung der „Sardinen“ scheint keine Gefahr für die Lega und Salvini zu sein. Sie erscheint eher als ein friedliches Happening mit einer unrealistischen, ja, fast infantilen Agenda.
Aus der EU und auch von der sozialdemokratischen Regierungspartei PD gibt es immer wieder Unterstützer für die Sardinen in den Medien, wie Romano Prodi oder auch Paolo Gentiloni, Kommissar für Wirtschaftsfragen, erst jüngst in Brüssel zeigten. Gentiloni führte eine sieben Politiker starken Chor an, der a cappella das Lied der italienischen Partisanen „Bella Ciao“ sang.
Matteo Salvini, damit konfrontiert in zahlreichen Talkshows, kommentierte:„Finden Sie das normal? Gewählte Politiker, die uns als Bürger in Europa vertreten sollten, singen ein Lied der Partisanen?“ Natürlich wisse auch er, gegen wen „Bella Ciao“, das auch von den Sardinen geschmettert wird, gerichtet ist.
Eine Regierung Salvini soll wohl unter allen Umständen verhindert werden. Nur, wie kann man diese Reizfigur verhindern, wenn mehr als ein Drittel der Italiener ihn für gut und vertrauenswürdig ansehen? Die Methoden, so scheint es, werden perfider. Das zeigt nun ausgerechnet Luigi Di Maio von den Cinque Stelle, der frühere Koalitionspartner Salvinis.
Di Maio hat also sein Okay dazu gegeben, dass gegen seinen ehemaligen Alliierten Salvini gegebenenfalls der Prozess gemacht werden darf – auch Premierminister Giuseppe Conte hat wohl seine Finger im Spiel. Wie es scheint, möchte Italiens Justiz die Aufhebung der Immunität des Ex-Innenministers, der im Juli Migranten tagelang an Bord eines Küstenwachschiffes festhalten ließ, beantragen. Obwohl das Ministerialgericht Salvini neulich schon Recht gab: Der Innenminister habe damals mit seinen „porti chiusi“, den geschlossenen Häfen, absolut richtig gehandelt – auch im Bezug auf die gewaltsame Einfahrt der Carola Rackete, im Sommer.
Konkret: Matteo Salvini droht ein Prozess wegen Freiheitsberaubung und Amtsmissbrauchs. Ein Gericht in Catania hat am Mittwoch im Senat einen Antrag zur Aufhebung der Immunität Salvinis, der auch Senator ist, eingereicht.
Werfen wir einen Blick zurück: Der Senat in Rom hatte bereits im vergangenen März gegen die Forderung des Gerichts auf Sizilien gestimmt, einen Prozess gegen den damaligen Innenminister Salvini, auch in Zusammenhang mit dem Fall des Migrantenschiffs „Diciotti“ vom August 2018, aufzunehmen. Der Lega-Chef hatte damals 177 Migranten an Bord des Schiffes tagelang verboten, in einen sizilianischen Hafen einzulaufen. Doch nun, wo Salvini nicht mehr Innenminister ist, sondern erfolgreicher Oppositionsführer, soll er vor Gericht gestellt werden.
Die Fünfsterne-Bewegung hat nicht nur ihr Wort gebrochen, nie mit der „verhassten“ PD zusammen zu arbeiten. Nun fällt Di Maio auch noch Salvini in den Rücken.
Während Salvini gemäßigt gelassen wirkt, knöpfte sich Giorgia Meloni, die Chefin der mit der Lega verbündeten Fratelli in ihrer bekannt emotionalen Art Di Maio und dessen Partei vor: „Einfach nur noch skandalös, Di Maio benutzt nun staatliche Institutionen, um persönlich seinen Trotz auszulassen …“, sprach Meloni in die Kameras vom Magazin Il Tempo, und auf Facebook. Eigentlich, so die Römerin, müssten die Politiker vor Gericht, die seit Jahren eine Migrationspolitik des illegalen Menschenschmuggels „favorisierten“. Zum Vorhaben, Salvinis Fall vor Gericht zu bringen, sagte sie: „Wie wir es schon immer sagten: nie mit solchen Typen …“, bis vor kurzem meinte sie jedoch nur die Politiker der sozialistischen PD.