Tichys Einblick
Rom hat einen Volkstribun

Italien: Nach einem halbem Jahr Regierung Salvini vor zehntausenden Anhängern in Rom

Matteo Salvini bittet die Wähler und Bürger um das Mandat, mit der EU in ihrem Sinne zu verhandeln.

FILIPPO MONTEFORTE/AFP/Getty Images

Die „Piazza del Popolo“ war überfüllt, obwohl Einladung und Termin von Matteo Salvini nicht lange davor feststand. Während sich Emmanuel Macron in Frankreich gegen die eigenen Bürger wehren und ja, beinahe, vor ihnen verstecken muss, wird der italienische Vize-Premier und Innenminister Salvini von (die Organisatoren sprachen von fast) 80.000 Bürgern, frenetisch, aber angemessen gefeiert und beklatscht.

Selbst die Gegendemonstranten haben nicht (mehr) die Kraft, Salvinis Kundgebung zu stören, die er selbst gegen Mittag – und aus Solidarität mit den „Inneren Kräften“ in einer Jacke der Polizei das Podium betritt. Salvini bittet erst einmal um eine kollektive Schweigeminute für die Opfer in einer Diskothek einen Abend zuvor in Ancona.

Danach legt der Lega-Chef, es ist eine Manifestation seiner Partei, los. Aber auch gemäßigter als sonst. Staatsmännisch setzt er leisere Töne an, aber nicht minder selbstbewusst. Im Gegenteil, der „Leader“ der Lega spricht es ganz klar an, „Wir sind die stärkste Partei“ nach den Umfragen, und den Leuten auf der Piazza del Popolo sagt er: „Ohne Euch wären wir nicht so weit gekommen.“ Natürlich würde er mit dieser Regierung die fünf Jahre der Legislatur zu Ende bringen, egal, wer sie diffamiere.

Der Wind dreht gegen Brüssel
Capitano Salvini, der Rächer Italiens und Mittelosteuropa emanzipieren sich
Salvini bedankte sich bei seinen koalierenden Kollegen der Cinque Stelle. Ohne di Maio würde auch Salvini selbst wenig schaffen. Auch die wichtige Rolle des parteilosen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte hob Matteo Salvini hervor. Die Regierung harmoniere, wie keine andere zuvor. Vor allem aber: die Vielen, eben wie auf dem Platz des Volkes, nicht nur „Leghisten“, trügen die Regierung noch weiter. Es wurden insgesamt immer mehr an Unterstützern der Regierung. Die Zustimmung wuchs. Bei fast 65 Prozent liegt sie momentan.

Die Kundgebung hatte den Titel, „Italien erhebt wieder das Haupt“. Basta mit den Erniedrigungen aus der EU und aus Merkel-Land, so Salvini zwischen den Zeilen. Dass Merkels Zeit gezählt sei, meinte Salvini bereits im Sommer.

Aber der Lega-Chef meinte auch: „Ich bin für ein vereintes Italien und gegen Hass“, und auch die EU wollen die Italiener nicht verlassen, nur eben nicht alles mehr hinnehmen. Schon gar nicht die „Null“, nach dem Komma, hinter dem Haushaltsplan, der mit 2,8 eingereicht wurde. Nachbesserungen seien aber möglich. Salvini betonte, eine EU, die nur die Finanzen im Blick habe, sei zum Scheitern verurteilt – nicht nur in Italien. Die „Null-Komma“-Politik scheitere immer.

Salvini, ein Mann der Bürger, bat die Leute auf der Piazza um ein Mandat, mit der EU, „nicht als Minister, aber als Vertreter von 60 Millionen Italienern“, zu verhandeln. Salvini beherrscht die Sprache und Emotionen. Heute weiß man, weshalb Renzi und die PD devot gegenüber der EU gescheitert ist. Mit Salvini spricht der Volkstribun.

Die Regierung werde also weiter regieren und die Versprechen Schritt für Schritt einlösen. Auch dass man mit der Zuwanderungspolitik richtig läge, habe man im Sinne von Italien und Europa bewiesen. Weniger Schleuserboote unterwegs, weniger Zuwanderer und keine neuen Toten im Mittelmeer.

Salvini zitierte auch den heiliggesprochenen „Papa Paolo“, Papst Paul Johannes, Wojtyla, dass dieses Europa, „auf Arbeit, tiefe Werte und Identität“, aufgebaut sein müsste – selbst wenn es etliche Journalisten leugnen würden – das sei mit Würde des Lebens verbunden.

Sie gehen weiter gemeinsam ihren Weg, Hass sollen andere hineintragen, so der Vize-Premier. Am Ende zu „Vinceró“, ich gewinne, von Turandot, hat Salvini die Polizeijacke längst abgelegt, ließ seine Blicke in die Ferne schweifen. Sein „Popolo“ wird ihn weiter unterstützen, so, wie es derzeit aussieht.


Giovanni Deriu, Dipl. Sozialpädagoge, Freier Journalist. Seit 20 Jahren in der (interkulturellen) Erwachsenenbildung tätig.

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