Tichys Einblick
Eine italienische CDU/CSU?

Italien: Berlusconi und Salvini möchten Kräfte bündeln

Für die beiden gebürtigen Mailänder Matteo Salvini und Silvio Berlusconi steht fest, dass es um die Bündelung der Kräfte im Mitterechtssektor geht.

IMAGO / Pacific Press Agency

Nach einem privaten Treffen von Legachef Matteo Salvini bei Silvio Berlusconi in Mailand, wird in Italien seit Tagen nur ein Thema analysiert und besprochen: die mögliche neue „Federazione“ – eine Art Federation oder ein politisch-familiäres Zweckbündnis, ähnlich dem der deutschen CDU/CSU, zwischen Silvio Berlusconis Forza Italia und der Lega von Matteo Salvini.

So sehr Matteo Salvini und der nunmehr 84-jährige Berlusconi beteuerten, Markenkern sowie Namen ihrer Parteien blieben bestehen, scheinen viele Sympathisanten und Mitglieder diesen Plänen und Ideen noch gespalten gegenüberzustehen. Wo solle das konkret hinführen?

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Für die beiden gebürtigen Mailänder Matteo Salvini und Silvio Berlusconi steht fest, dass es um die Bündelung der Kräfte im Mitterechtssektor geht. Seit geraumer Zeit schon gilt Salvini als Sprecher und Macher der europäischen Souveränisten und Konservativen innerhalb der EU. In Italien pendelt die Lega konstant zwischen 20 und 24 Prozent, gemeinsam mit Berlusconis Forza Italia (bei 7,8) sowie der Verbündeten Giorgia Meloni mit den Fratelli d‘ Italia (über 18 %), so dass das Mitterechtslager sich seit Monaten stets nah an der 50-Prozent-Marke bewegt.

Unterdessen heißt es aus der Villa Arcore von Berlusconi, dieser hätte sich quasi für eine Federation ausgesprochen, wie auch Il Libero berichtet. Selbst ohne Giorgia Meloni, die mit ihrer FdI seit Wochen kontinuierlich Punkte sammelt, gerade weil sie nicht dem Kabinett um Mario Draghi beigetreten ist. Obwohl Meloni konstruktive Gespräche mit Mario Draghi geführt habe, spricht auch sie sich für Draghi als möglichen zukünftigen Staatspräsidenten aus – würde aber auch einen Silvio Berlusconi darin unterstützen.

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Aber Silvio Berlusconi als Nachfolger Sergio Mattarellas? Das wäre wohl die Krönung für den Selfmademilliardär, EU-Parlamentarier und ehemaligen (gleich vier Mal) Ministerpräsidenten. Wie Politik funktioniert, weiß Silvio. Dass die Lega mit Salvini viele Stimmen auf sich vereint, kommt auch Forza Italia zugute. Mario Draghi selbst hat sich zu den Federationsplänen bisher nicht negativ geäußert, möchte er doch in Ruhe regieren, und möglichst viele Befürworter seiner Politik hinter sich versammelt wissen. Die Wiederaufbaugelder der EU sollen gut eingesetzt, das ungesteuerte Migrationsthema endlich in den Griff bekommen werden.

Il Giornale zitiert in dessen Ausgabe den Politbeobachter und Philosophen Massimo Cacciari, der in einem Gespräch mit der Repubblica wiederum meinte, ihn überrasche die Idee einer Federation kaum, im Gegenteil. Es komme somit zusammen, was zusammen gehöre, auch eine zunehmende Anzahl Wähler können sich mit einer sehr starken Mitterechtspartei, die aber „gemäßigter“ sei, anfreunden.

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Berlusconi und genauso dessen Intimus, Antonio Tajani, ehemaliger Präsident des EU-Parlaments, könnten zudem der Lega mit Salvini den Zutritt in die PPE, der europäischen Volksparteien ermöglichen. Salvini hätte eine wohl größere Plattform gegen den rotgrünen Mainstream, denn eines sei auch klar: die Führung der Souveränisten wolle Salvini nicht aufgeben.

Es bleibt die Frage, was diese Federation ohne Giorgia Meloni bedeutet. Medien und Politiker der linken Parteien haben es bislang trotz zahlreicher Bemühungen nicht geschafft, einen Keil zwischen sie und Salvini zu treiben. Melonis Partei Fratelli d’Italia möchte ein Zuhause aller Patrioten des Landes bieten, steht gegen eine Vereinnahmung durch den Islam bzw. durch Eingewanderte aus islamischen Kulturkreisen.

Sendung 17.06.2021
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In all diesen Debatten zeigt sich, die linken und sozialdemokratischen Strömungen, mit den Themen des Genderismus, des Ius Soli, der schnellen Einbürgerung, können derzeit kaum Punkte sammeln. Die italienischen Bürger treiben andere Sorgen und Nöte um. Den Konservativen gelingt es, diese konkret anzusprechen und bestimmen somit auch die Diskussion um Mehrheiten.

Matteo Salvini stellte klar, es gäbe mit Giorgia Meloni keine Differenzen. „Wir werden alle für Mario Draghi noch sehr nützlich sein …“, und meint damit das Mitterechtsbündnis in der Koalition. Die Zukunft und gemeinsame Arbeit, so hob der Legachef hervor, sehe er aber ganz klar mit Giorgia Meloni. Ob auch in einer Federation? Das wird sich noch zeigen.

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