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Die zwei B. streiten, das Land floriert

Israel: Schon wieder Wahlen?

Minister und Konzernchefs kommen mit dem Unterzeichnen von Memoranden und Abkommen zwischen Universitäten, medizinischen Forschungseinrichtungen und Sicherheitsfirmen Israels und der Emirate fast nicht mehr nach.

Abdullatif bin Rashid Alzayani, Außenminister Bahreins; Benjamin Netanyhu, Premierminister Israels; US-Präsident Donald Trump and Sheikh Abdullah bin Zayed bin Sultan Al Nahyan, Außenminister der VAE unterzeichnen das Abraham-Abkommen vor dem Weißen Haus in Washington am 15. September 2020.

imago images / MediaPunch

Israel, kleines Land mit großen Problemen. Viele davon sind allerdings selbstgemacht. Zwei Egomane richten im 73. Jahr nach der Wiedergründung wieder ihre Stoßhörner aufeinander: Benyamin Netanyahu und Benny Gantz. Dabei könnte alles so schön sein: Israel wird zur Zeit von den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrein und Sudan besser behandelt als von seiner eigenen politischen Führung. Die deutsche Politik und auch die meinungsbildenden Medien nehmen die Entwicklung nur beiläufig zur Kenntnis.

Es geht natürlich wieder ums liebe Geld. Wenn der 128-Milliarden-Dollar-Staatshaushalt Israels bis zum 23. Dezember nicht abgestimmt ist, wird das Parlament aufgelöst. Neuwahlen sind dann zwischen März und Juni 2021 zu erwarten – die vierten in zwei Jahren. Weder das lebensbedrohende Corona-Virus noch der bevorstehende Wechsel im Weißen Haus, der mehr Fragezeichen als Antworten aufwirft, kann die beiden Kontrahenten davon abhalten, sich gegenseitig zu demütigen. Ihr gemeinsames Ziel: beide wollen die Abkürzung PM (Prime Minister) vor ihrem Namen sehen. Der eine ist es bereits im elften Jahr, der andere nennt sich seit Mai „alternierender Ministerpräsident“ und glaubt tatsächlich, dass er im Herbst 2021 übernehmen wird.

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Dafür hat er sich einige Statussymbole zugelegt wie eine eigene Mini-Staatskanzlei mit mehreren Beamten auf Zeit sowie einen Dienstwagen mit zwei Fahrern. Alle Mitarbeiter sind angewiesen, ihn nicht nur als Verteidigungsminister zu bezeichnen, sondern bevorzugt mit jenem Zungenbrecher-Titel. Und keiner aus seiner engeren Umgebung sagt ihm, dass er immer mehr zur Operettenfigur auf Israels Politbühne wird. Jüngste Umfrage bestätigen es: Mindestens drei Parteien liegen vor Benny Gantz´ Blau-Weiss-Partei und Netanyahus Likud gilt trotz andauernder, geballter Versuche „Bibi“ zu stürzen, als Wahlsieger.

Zum Glück läuft die Außen- und Wirtschaftspolitik trotz eines begonnenen Wahlkampfes im Streitmodus und trotz beängstigender Corona-Zahlen so gut wie noch nie. Scheichs im Rang von Ministern aus den Golfstaaten VAE und Bahrein geben sich in Jerusalem die Klinke in die Hand und erzählen Dinge über Israel, von denen man vor wenigen Monaten nicht mal zu träumen wagte. Der Minister für Industrie, Handel und Tourismus aus Manama, Zayed R. Alzayani, verbrachte diese Woche drei Tage in Israel und bezeichnete seinen Spaziergang durch Jerusalem als „spirituellen Höhepunkt“. Von Reportern angesprochen, ob er sich wegen der Bedrohung aus dem Iran in Israel gefährdet fühle, meinte der Würdenträger aus Bahrein: „Nein, Sie schauen zu viel James-Bond-Filme“. Und fügte hinzu: die Bedrohung Israels durch Iran sei zuallererst eine Bedrohung Bahreins. „In Jerusalem fühle ich mich sicher“.

Ein milliardenschwerer Geschäftsmann aus VAE, Khalaf Ahmad Al Habtoor, dem auch das berühmte Burj Al Arab-Hotel in Dubai gehört, erzählt diese Woche einem israelischen TV-Sender ausführlich, dass Iran und Hisbollah eine große Terrorgefahr darstellen. Hisbollah müsse von der Erde verschwinden und Israel solle endlich aktiv werden – und zwar „100 Prozent“. Israeli, die 72 Jahre lang Krieg und Terror unterstützt durch arabische Nachbarstaaten er- und überlebt haben, reiben sich angesichts der täglichen Nachrichten ungläubig die Augen.

Heimatlos in Tel Aviv
„Man kann die Heimat nicht wie ein gebrauchtes Hemd wechseln“
Minister und Konzernchefs kommen mit dem Unterzeichnen von Memoranden und Abkommen zwischen Universitäten, medizinischen Forschungseinrichtungen und Sicherheitsfirmen Israels und der Emirate fast nicht mehr nach. Israels nationale Fluggesellschaft, EL AL, kann jetzt die Technologie von Morgen von Tel Aviv aus noch schneller nach Asien transferieren, nachdem die Golfstaaten und Saudi-Arabien Überflugrechte eingeräumt haben. Die Golfstaaten, die über beste Beziehungen zur neuen, größten asiatischen Freihandelszone mit über drei Milliarden Menschen verfügen, haben Israel Hilfe zugesagt. Ausserdem bekommen israelische Touristen ab sofort unbürokratisch Visa bei ihrer Ankunft in Abu Dhabi oder Dubai ausgehändigt. Das gleiche gilt für VAE-Besucher in Israel. Beide sehen die Wirtschaft als Motor für einen Frieden in Nahost. Eine naheliegende Erkenntnis, die sich in Berlin noch nicht herumgesprochen hat. Reaktionen oder gar unterstützende Aktivitäten aus Berlin und Brüssel sind nicht erkennbar.

Dabei gäbe es dafür allen Grund. Israels High-Tech-Szene hat in den ersten elf Monaten dieses Jahres mit 9,7 Milliarden US-Dollar mehr an Investitionen angelockt als im gesamten Jahr 2019 mit 8,3 Milliarden. Zwar hat die Covid-19-Krise auch Israels Wirtschaft mit einer Arbeitslosenquote, die mit 16 Prozent viermal höher ist als im Januar, schwer getroffen. Aber nach der alten Weisheit, es gibt nichts Schlechtes, was nicht auch etwas Gutes bringt, sind in diesem Jahr die reisefreudigen Israeli zu Hause geblieben und haben drei Milliarden an Devisen im Staatssäckel belassen. Israels Energiebedarf wird immer mehr durch eigene Solartechnologie in der Wüste Negev und Gasvorkommen vor der Küste gedeckt. Auch dadurch fließen weniger Dollar-Milliarden ins Ausland. Eine Wohltat für Israels Staatsfinanzen, die Erfolge zeitigen: der israelische Shekel war seit der Finanzkrise im Juli 2008 nicht mehr so stark wie heute.

Nicht Trump ist der Spalter
Das Phänomen Trump und der Jubel der Modernisten
Die integrationsfreudigen Medien zwischen Berlin und München berichten dieser Tage ausführlich über den beklagenswerten Bürgerkrieg in Äthiopien. Israel hat dazu Positives zu berichten: Netanyahu hat diese Woche wieder mehrere hundert Falashen-Juden – wie sich ein Stamm aus dem afrikanischen Land, der sich auf König Salomon und Königin von Saba beruft – als Einwanderer begrüßt. Damit hat er den 90 Jahre währenden Streit zwischen Politik und jüdischem Klerus wohl endgültig beigelegt. Die seit 1980 andauernde Migrationswelle hat dazu geführt, dass heute 120.000 farbige Juden in Israel leben, die es inzwischen zu Abgeordneten, Diplomaten und zu einer langbeinigen „Miss Israel“ gebracht haben. Opposition und Medien beklagen immer wieder die teilweise misslungene Integration der Falashen, von denen viele in Armut leben und unter mangelnden Aufstiegschancen leiden. Aber die aktuellen Nachrichten aus der Region um das Horn von Afrika lassen keinen Zweifel daran, dass Israel für die Neu-Ankömmlinge, die der Überlieferung zufolge vor 3.000 Jahren Jerusalem verlassen haben, Heimat und das Land der Rettung ist.

In Israel trauern viele dem scheidenden US-Präsidenten Donald Trump nach. Die Einführungs-Rede des neuen amerikanischen Außenministers Tony Blinken hat die Menschen tief berührt und lässt hoffen, dass der eingeschlagene Weg der US-Nahost-Politik sich nicht wesentlich ändern wird. Sein Stiefvater Samuel Pisar, erzählt Tony Blinken, sei eines von 900 Kindern aus dem polnischen Bialystok gewesen, das nach vier Jahren in einem Konzentrationslager überlebte. Als er eines Tages im Frühjahr 1945 auf einem Waldweg in Bayern einen Panzer auf sich zurollen sah, erkannte er anstatt des eisernen Kreuzes einen fünfzackigen weißen Stern. Es öffnete sich die Panzerluke und ein farbiger US-Soldat begrüßte ihn. Der kleine Samuel kniete nieder und sagte die einzigen englischen Worte, die ihn seine Mutter gelehrt hatte: God bless America.

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