Tichys Einblick
Anti-israelische Resolution verabschiedet

UN fordern Selbstmord von Israel – Deutschland enthält sich

Staaten nutzen die UN, um Israel international zu isolieren. Würde Israel die Forderungen der jüngsten UN-Resolution befolgen, käme dies dem Selbstmord des jüdischen Staates gleich. Dennoch ringt sich Deutschland lediglich zur Enthaltung durch – in blindem Gehorsam gegenüber internationalen Institutionen.

Annalena Baerbock wird vom Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde Abbas in dessen Amtssitz empfangen, Ramallah, 25.03.2024

Deutschland hat es schon wieder getan: Am Mittwoch enthielt sich die Bundesrepublik in der Generalversammlung der Vereinten Nationen bei einer einseitigen, scharf anti-israelischen Resolution, die von den Palästinensern vorangetrieben worden war. Staatsräson hin, Staatsräson her: Erneut hat Deutschland nicht die Kraft gefunden, der internationalen Hatz auf den jüdischen Staat ein lautes und klares „Nein!“ entgegenzusetzen. Und das, obwohl die Ampel in ihrem Koalitionsvertrag 2021 explizit festgelegt hatte, sich gegen antisemitisch motivierte Vorverurteilungen Israels stark machen zu wollen – „auch in den Vereinten Nationen“.

Worum geht es konkret? Am 19. Juli dieses Jahres hatte der Internationale Gerichtshof (IGH), eine UN-Institution, ein Gutachten vorgelegt, das nicht nur konkrete israelische Praktiken in den sogenannten besetzten Palästinensischen Gebieten (also nach Ansicht des Gerichts Westjordanland, Gazastreifen und Ost-Jerusalem) für völkerrechtswidrig erklärte, sondern gleich die gesamte, seit dem Sechs-Tage-Krieg 1967 anhaltende „Besatzung“ als solche. Das Gutachten war von der UN-Generalversammlung angefordert worden.

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Die nahm den Ball nun am Mittwoch wieder auf, um das von Anfang an beabsichtigte anti-israelische Tor durch eine bekräftigende Resolution zu verwandeln und zu Sanktionen gegen Israel aufzurufen. Das IGH-Gutachten, das international große Aufmerksamkeit erregt hatte, ist bereits in sich einseitig und hochproblematisch. Umso krasser ist es, dass die 124 Staaten, die bei der jetzigen Resolution mit Ja votiert haben (darunter Frankreich), sich nicht nur hinter dieses Papier stellen, sondern noch darüber hinausgehen:

Eine entscheidende Passage im – übrigens nicht rechtsverbindlichen – Gutachten ist, dass Israel seine Präsenz „im besetzten Gebiet“ beenden müsse, und zwar „so schnell wie möglich“. Dass schon der IGH sich hier auf höchst fragwürdiges Terrain begab, zeigt sich nicht zuletzt darin, dass sich vier der 15 Richter mit massiver, bemerkenswert scharfer Kritik zu Wort meldeten.

Drei Richter, die dem Gutachten insgesamt sogar zustimmten und Israel Völkerrechtsverstöße vorwarfen, erklärten, eine „differenzierte und umfassende“ Herangehensweise in dem IGH-Text fehle „völlig“. Es sei „bedauerlich“, dass das Gutachten Fakten „unvollständig und einseitig“ darlege und nicht auf die Pflichten der Palästinenser eingehe. Konkret könne sich Israel wegen seiner Sicherheitsinteressen nicht einfach so aus den Gebieten zurückziehen. Dieser unilaterale Ansatz trage nichts zur sogenannten „Zwei-Staaten-Lösung“ bei, ließen sie durchblicken.

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So krass einseitig das IGH-Gutachten und so problematisch seine Forderung nach einem israelischen Rückzug aus den umstrittenen Gebieten ist: Immerhin hatte der Gerichtshof hier keine konkrete Frist festgelegt, wann Israel die „Besatzung“ beenden müsse. Genau das aber tut nun die Generalversammlung und verschärft die IGH-Meinung damit an entscheidender Stelle: Das „Weltparlament“ fordert den jüdischen Staat nämlich dazu auf, seine „unrechtmäßige Präsenz im Besetzten Palästinensischen Gebiet“ zu beenden und zwar „nicht später als innerhalb von 12 Monaten“.

Zugleich tauchen im ganzen Resolutionstext die Palästinenser nur als Opfer auf – weder von der Palästinensischen Autonomiebehörde im Westjordanland noch von der mörderisch-islamistischen Hamas werden Sicherheitsgarantien gegenüber Israel eingefordert. Die Forderung eines einseitigen Abzugs innerhalb von einem Jahr kommt damit einer Aufforderung an Israel gleich, dem Palästinenser-Terror in den Gebieten freien Lauf zu lassen, ergo Selbstmord zu begehen.

Davon abgesehen würde es bedeuten, dass Israel hunderttausende eigene, fast ausschließlich unbescholtene Staatsbürger aus ihren Häusern im Westjordanland und aus Ost-Jerusalem vertreiben müsste. Es bleibt das Geheimnis der „internationalen Gemeinschaft“, was daran moralisch oder rechtmäßig sein soll.

Tatsächlich hat man im Auswärtigen Amt erkannt, dass die jetzt verabschiedete Resolution über das IGH-Gutachten hinausgeht. Das machte sein Vertreter in einer Stellungnahme vor der Versammlung am Mittwoch deutlich. Nicht verstanden hat man indes, dass schon das IGH-Gutachten selbst problematisch ist. Stattdessen betonte der deutsche Vertreter, dass Deutschland die Meinung des Gerichtshofs respektiere.

Das erklärt, warum sich die Bundesrepublik enthalten hat, anstatt gegen das anti-israelische Papier zu stimmen: Auf keinen Fall will Deutschland als Staat dastehen, der internationale Institutionen und internationales Recht nicht respektiert. Die Sorge ist groß, von der Dritten Welt der Doppelmoral angeklagt zu werden – als ein Staat, der gegenüber Russland und China auf Völkerrecht pocht, dem das internationale Recht aber egal ist, wenn es um Israel geht.

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Es ist eine Haltung, die das Völkerrecht und Institutionen wie die UN und den IGH vergötzt, als böten sie die letztgültige Erkenntnis der Wahrheit und als bräche der Frieden aus, würde man nur „das Völkerrecht“ (was soll das überhaupt sein?) in die Tat umsetzen. Eine irreale Perspektive, die aus dem Reich schöner Utopien stammt, aber nichts mit der Realität in der Welt, schon gar nichts mit der im Nahen Osten zu tun hat. Würde sich Israel darum scheren, was die klugen Völkerrechtler der Welt Tag und Nacht theoretisch analysieren, würde es vermutlich in der Praxis nicht mehr existieren.

Ins Reich der Utopien gehört übrigens auch die im Auswärtigen Amt verbreitete Auffassung, man könne anti-israelische UN-Resolutionen in Verhandlungen zumindest abmildern, was aber nur möglich sei, wenn man sie danach nicht grundsätzlich ablehne. Die Wahrheit ist: Israel-Hass bleibt Israel-Hass – auch wenn es irgendwelchen Diplomaten vorher gelungen sein sollte, ein Komma zu verschieben oder ein Wort auszutauschen.

Es kommt bei diesen Abstimmungen darauf an, Zeichen zu setzen. Große Teile der islamischen und der Dritten Welt haben das verstanden. Sie nutzen die Vereinten Nationen gezielt, um Israel international zu isolieren. Berlin tritt dem (anders als etwa das Argentinien Javier Mileis) nicht entschieden entgegen, sondern laviert sich mit schönen Worten der Ausgewogenheit durch die knallharten Realitäten. Irgendwie ist das wieder einmal typisch deutsch.

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