In Deutschland gibt es kaum Reaktionen auf die ermordeten Hamas-Geiseln
Godel Rosenberg
Itai Svirsky ist tot. Der Leichnam liegt irgendwo in Gaza. Nach 102 Tagen veröffentlicht die Terror-Organisation Hamas ein Video und lässt eine andere Geisel die schmerzhafte Nachricht verpackt in eine Lüge mit dem Ziel verbreiten, Israel einzuschüchtern.
Itai Svirsky ist tot. Der Leichnam liegt irgendwo in Gaza. Familienangehörige sitzen Shiva, die sieben Trauertage, in denen Juden nach dem Tod eines Nahestehenden barfüßig auf dem Boden sitzen und des Verstorbenen gedenken. 102 Tage hatten sie gehofft, gelitten und Gott und die Welt um Hilfe angefleht. Nach 102 Tagen veröffentlicht die Terror-Organisation Hamas ein Video und lässt eine andere Geisel die schmerzhafte Nachricht verpackt in eine Lüge mit dem Ziel verbreiten, Israel einzuschüchtern.
Außer bei Axel Springer schweigen die Massenmedien mehrheitlich, verstecken sich hinter der geschmacklosen Floskel: die Information kann von keiner unabhängigen Quelle überprüft werden. Als ob sie sonst nur Nachrichten veröffentlichen würden, die eine unabhängige Kontrolle durchlaufen – oder so oft, wie Tagesschau-Redaktionen mittlerweile „Hamas-Behörden“ zitieren als sei diese Reuters oder dpa.
Dieses von der Tagesschau verwendete Oxymoron bildet den Charakter der Terrororganisation Hamas nicht richtig ab. pic.twitter.com/wU3MzdNnxs
Der 38jährige Itai war am 7. Oktober zu Besuch bei seinen Eltern in Be’eri, einem der 22 Grenzdörfer bei Gaza. Er wollte mit Freunden den letzten Samstag des Laubhüttenfestes feiern. An diesem Tag tanzen traditionsbewusste Juden in der ganzen Welt mit der Thora-Rolle, dem Alten Testament. Daraus wurde nichts. Hamas-Terroristen fielen über 22 Grenzdörfer her, mordeten, vergewaltigten, verschleppten. Itais Vater Rafi und Mutter Orit wurden sofort erschossen, Itai war eine der 240 Geiseln, von denen inzwischen 110 befreit wurden. Die 97jährige Großmutter ließen sie am Leben. Sie musste alles mitansehen.
Itais Cousine Na’ama Weinberg reiste um die halbe Welt, auch nach Berlin, denn er war ein Israeli mit deutschem Pass. Sie entzündete mit Bundeskanzler Scholz das Chanukkalicht in Berlin, ließ sich von Annalena Baerbock bemitleiden, sprach mit dem FC Bayern, dem gute Kontakte zu Katar nachgesagt werden und erzählte oft mit tränenerstickter Stimme die Geschichte von Be’eri und ihrem Itai in jede Kamera, die sich ihr anbot. Er liebte Yoga und war künstlerisch begabt.
Am 102ten Tag kam die traurige Gewissheit. Die Hamas-Terroristen veröffentlichten ein Video, in dem die 26jährige Noa Argamani – ebenfalls von Hamas verschleppt – gezwungen wurde, Israel die Schuld für Itais Tod zu geben. Die Bomben der „Israel Defence Forces“ seien die Ursache für sein Ableben, musste Noa in die Kamera sprechen. Ein Gewehrlauf oder ein Messer muss die junge Israelin bedroht haben. Israel widerspricht der Hamas-Aussage: das Haus, in dem diese Geiseln sich aufhielten, wurde nie bombardiert, auch die nähere Umgebung nicht.
Das Hamas-Video ist doppelt verwerflich: die Botschaft ist für die Angehörigen und ganz Israel niederschmetternd und wird zusätzlich dafür benutzt, die Kampfkraft durch Zwietracht zu schwächen. Dem Video ist auch zu entnehmen, dass eine weitere Geisel, der 53jährige Yossi Sharabi, ebenfalls aus Be’eri, tot ist.
In den deutschen Medien tauchte Itais Name während seiner Gefangenschaft auf. Doch nach seiner Ermordung bleibt es in vielen Zeitungen still – und das, obwohl der deutsche Botschafter Steffen Seibert auf X explizit den Mord an Itai und anderen Geiseln dokumentiert hat. Stattdessen immer wieder die Frage nach dem „Danach“ und die alte Leier von einer Zwei-Staaten-Lösung, die Berlin unterstützt, und die der Außenbeauftragte der EU, Josep Borell, predigt, ohne einzugestehen, dass es sich um ein allseits bekanntes Trugbild handelt.
Über die Zwei-Staaten-Lösung wurde bereits im November 1947 in den Vereinten Nationen abgestimmt. Wer hielt sich nicht daran: die arabischen Nachbarn, damals gab es noch keine Palästinenser. Sie brachen einen Krieg vom Zaun, den sie verloren. Von 1948 bis 1967 lebten Araber im Westjordanland und in Gaza ungestört. Kein Israeli liess sich dort nieder. Sie hatten 19 Jahre Zeit einen unabhängigen Staat zu gründen. Was ist geschehen? Nichts. 1967 und 1973 wollten sie Israel ausradieren. Aus dem Plan wurde bekanntlich auch nichts. Aber die Absicht ist noch immer lebendig wie der 7. Oktober nachdrücklich beweist.
Das Gebiet zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer, das aktuell Millionen in den Straßen von Gaza und Ramallah bis Berlin, Paris und New York befreien wollen, beherbergt derzeit rund 14 Millionen Menschen. Mindestens für die doppelte Anzahl an Arabern und Israeli ist dort Platz. Es geht also nicht um Quadratkilometer. Es mangelt auch nicht an Nahrungsmitteln. Lebensraum und Ernährung für Völker war Jahrhunderte lang oft Ursache für Kriege.
Im Nahen Osten geht es um Religion, genauer um den Missbrauch des Glaubens. Hamas, Islamic Jihad, Hisbullah und auch die Fatah – alles Terror-Organisationen, zumindest Terror-Unterstützer – wollen keinen anderen Nachbarn, nur Menschen islamischen Glaubens. Und schon gar keine gemeinsame Grenze zu einem Land wie Israel, das die freiheitlich-liberale Demokratie mit einer Gleichberechtigung für Mann und Frau seit 75 Jahren erfolgreich praktiziert. Und sie propagieren Jerusalem als Hauptstadt für ihr angestrebtes Palästina. Dass Jerusalem die Hauptstadt Israels ist, wird geflissentlich verdrängt.
Niemand interessiert das Schicksal von inzwischen drei Generationen arabischen Flüchtlingen, die in Elendsvierteln in Gaza, im Westjordanland, im Libanon, Syrien und Jordanien hausen. Die Milliarden an Hilfsgeldern aus dem Westen werden für Terror und Kriege missbraucht. Hunderte Kilometer an Tunnels in Gaza mit einer florierenden Raketen- und Sprengstoff-Produktion sind der jüngste Beweis.
Im Gegensatz dazu: auch Israel musste nach 1948 rund 800.000 Flüchtlinge aus den arabischen Nachbargebieten aufnehmen. Israel hat viele Probleme und Versäumnisse, aber Flüchtlingslager gehören längst der Vergangenheit an.
Nichts von diesen allseits bekannten, in allen gut sortierten Geschichtsbibliotheken nachzulesenden Fakten, wird öffentlich im Detail diskutiert. Stattdessen schickt Berlin wieder hunderte Millionen an Steuergeldern unkontrolliert nach Gaza und Ramallah, in dem Glauben den Menschen und der Region zu helfen.
Steuergelder für Gaza, wo für Köpfe israelischer Soldaten eine Prämie von 10.000 US-Dollar ausgelobt werden. So geschehen in diesen Tagen mit Adir Tahar. Der 19jährige Soldat fiel am 7. Oktober im Kampf gegen Hamas-Eindringlinge. Einer der Täter trennte den Kopf ab und nahm ihn in einer Sporttasche mit nach Gaza. Er versuchte an das blutige Preisgeld der Hamas zu kommen und verstaute die Tasche inzwischen in einer Tiefkühltruhe. Israelische Soldaten fanden den Kopf, der dann gemeinsam mit dem Körper in Israel beerdigt werden konnte. Das alles erzählt Vater David im israelischen Fernsehen in allen schmerzlichen Details. Er wollte nicht lockerlassen, recherchierte und befragte Überlebende solange, bis das Körperteil gefunden wurde. Die vollständige Beerdigung eines Leichnams ist in der jüdischen Tradition ein hohes Kulturgut. Mit welcher Kultur wir es in Gaza zu tun haben, beweist das Schicksal des jungen Adir Tahar mehr als eindrucksvoll.
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