Bekommen in naher Zukunft Roboter die Tapferkeitsmedaillen bei der Verteidigung des Vaterlandes? Wenn es nach dem Willen israelischer Ingenieure geht, werden in nicht allzu ferner Zukunft hochsensible Maschinen heikle, lebensbedrohende Aufgaben im Kriegsfall an der Front übernehmen.
Das Kind hat auch schon einen Namen: ROOK. Seit 2009 basteln israelische Militärfirmen, Elbit-Systems und Roboteam, an einem selbstfahrenden Gefährt mit sechs Reifen, das auch ferngesteuert in Kampfgebiete geschickt werden kann, die für Soldaten zu gefährlich sind. ROOK kann Nachschub liefern, Verletzte evakuieren, Daten sammeln, Drohnen aussenden und wenn es sein muss auch schiessen. Das alles bei Tag und Nacht, auf allen Geländearten und bei unterschiedlichsten Wetterbedingungen.
Sein Vorgänger, der Allrad BROBOT, war bereits in Afghanistan im Einsatz und auch Europas Militärs in Norwegen, Großbritannien, Frankreich und Italien trainieren mit der intelligenten Maschine. Der weiterentwickelte ROOK-Roboter ist mit künstlicher Intelligenz ausgerüstet, kann Soldaten identifizieren und seine Ingenieure sprechen von einer Revolution auf dem Kampffeld. „Der Phantasie sind hier keine Grenzen gesetzt“, verspricht der Chefentwickler von Roboteam.
Ein israelischer Brigade-Kommandeur der Infanterie, der im zweiten Libanon-Krieg 2006 verletzt wurde, zollt dem Roboteam Respekt. Von Tichys Einblick befragt, äussert er aber begründete Skepsis. „Kriege werden von Menschen ausgelöst, nicht von Maschinen. Deshalb werden letztlich immer Menschen kämpfen müssen“.
Groß-Manöver im Norden Israels
Israel führt in diesen Tagen ein Groß-Manöver im Norden des Landes nahe der libanesischen Grenze durch. Von dort droht dem jüdischen Staat Gefahr, die in zwei Libanon-Kriegen 1982 und 2006 – wenn auch mit zahlreichen Opfern – abgewendet werden konnte. Nach israelischen Informationen hat die Terror-Organisation Hisbollah, die in den letzten beiden Dekaden einen eigenen Staat innerhalb des christlich-muslimischen Küstenstaates etablierte, kräftig aufgerüstet. 100.000 bis 140.000 Raketen sind auf Israels Städte im Norden gerichtet, die auch das Zentrum des Landes erreichen können. „Unsere Aufgabe ist es“, betont Colonel Barak Hiram, „dies zu verhindern“.
Die Aufgabe ist komplex. Hisbollah eignete sich in den letzten Jahren vor allem durch ihre Einsätze in Syrien Praxis-Erfahrung an und hat im Kampf auf allen Ebenen dazugelernt. Ausserdem beobachtet Hisbollah die Kampfergebnisse ihrer Zwillings-Terror-Organisation Hamas in Gaza. Iron Dome, Israels wirkungsvolles Raketen-Abwehrsystem, das im Gaza-Krieg im Mai 2021 gezeigt hat, was es kann, muss ständig ausgebaut und weiterentwickelt werden. Hisbollah verfügt über stärkere und treffsichere Raketen als die Hamas. Sollte Hisbollah vom Libanon aus angreifen, müsste Israel zwangsläufig in den Süden einmarschieren, erklärt Major A. Genau dafür trainieren die Soldaten der Golani-Brigade der 36. Division .
Aus europäischer Sicht fragt man sich, warum reden die Kontrahenten Hisbollah und Israel Defence Forces (IDF) nach all der blutigen Erfahrung in den letzten Jahrzehnten nicht miteinander? Es müsste doch ein Weg gefunden werden, dem Blutvergiessen durch Verhandlungen ein Ende zu bereiten.
Während Israels einziges Interesse darin besteht, das eigene Land und seine Bevölkerung zu schützen, erklärt der Brigade-Kommandeur, will Hisbollah möglichst viel Schaden anrichten und so viele Israeli töten – Soldaten und Zivilisten – wie nur möglich. Mit dieser Terror-Methode soll die Bevölkerung Israels demotiviert werden. Sollte dies gelingen, wäre die Frage einer Eroberung Israels nur noch eine Frage der Zeit. Dabei gibt es an der Grenze Libanon-Israel so gut wie keinen Streit um Gebiete oder Grenzverlauf. Hisbollahs Motivation liegt im extrem-radikalen Islamismus begründet. Hassan Nasrallah, klerikal-politischer Anführer seit 1992 ist kein gewählter Staatsmann, der ein Volk oder ein Land repräsentiert. Sein Auftraggeber ist einzig und allein Allah. Kompromisse, tolerantes Nebeneinander mit Angehörigen einer anderen Religion stehen nicht auf seiner Agenda.
Israels digitale Kriegsführung
Und wie interpretiert Israel „Sieg“: Begrenzung des Willens der Hisbollah, Israel anzugreifen. Zerstörung der gegnerischen militärischen Infrastruktur.
Dafür hat Israel in den letzten drei Jahren die digitale Kriegsführung erfolgreich ausgebaut. Die Stichworte lauten: denke, bevor Du handelst, beobachte und identifiziere die Absichten Deines Gegners. Dafür verfügen IDF-Kampfgruppen über Laptops mit einem eigenen Internet-icloud-Verbund, der die Boden- und Luft-Einheiten nach der Jetzt-Zeit-Methode stets gleichbleibend informiert. Mit dem Digital Land Army 750 System ist es Israel gelungen, was Militärs weltweit seit langem versuchen: die Kommunikation zwischen Boden- und Lufteinheiten zu optimieren.
Hisbollah erschwere die Verteidigung Israels dadurch, dass Raketen-Abschussrampen und die militärische Infrastruktur zwischen Krankenhäuser, Schulen und Kindergärten im Südlibanon, dem Zentrum der schiitischen Bevölkerung, angelegt seien, betont Major A. Der Ehrenkodex der IDF verbiete es nach der Methode Tabula-Rasa vorzugehen. Israel habe kein Interesse, die libanesische Zivilbevölkerung zu bekämpfen.
Happiness-Report 2021: Israel auf Platz 12
Manöver wie jetzt im Norden Israels entziehen der Wirtschaft für mindestens ein Woche tausende von Arbeitskräften. Abgesehen von den Kosten ist es alles andere als ein Vergnügen, während der beginnenden Regenzeit bei sinkenden Temperaturen nachts im verschlammten Gelände Landesverteidigung zu üben. Trotzdem gehört Israels Bevölkerung zu jenen mit der größten Lebensfreude.
Dem Happiness-Report 2021 zufolge, der kürzlich von den nicht gerade Israel-freundlichen Vereinten Nationen (UN) veröffentlicht wurde, liegt der jüdische Staat zwar hinter Norwegen, Dänemark und der Schweiz unter anderen auf Platz 12, aber noch immer vor Deutschland, Canada, Großbritannien und den USA. Ein Berater des früheren israelischen Ministerpräsidenten Netanyahu versucht eine Erklärung dafür zu finden. Das Wetter kann es nicht sein, denn Israel liege auch vor einer Reihe von Mittelmeerländern mit ähnlich sonniger Wetterlage im Jahresdurchschnitt.
Die New York Times (NYT) fragt in diesen Tagen „Wem gehört das versprochene Land?“. Angesichts der permanenten Spannungen mit den arabischen Nachbarn, tausenden von Raketen aus Gaza, Terroristen, die immer wieder schiessend und messerschwingend durch die Strassen laufen und obendrein die Bedrohung durch den Iran, der auf dem Weg ist, die A-Bombe zu besitzen, müssten Israeli angespannt leben, besorgt und depressiv sein. Aber dem ist nicht so, schreibt die NYT.
Das gute Essen kann nicht allein der Grund sein, dass Israel auf der Liste mit 149 Ländern so weit vorne placiert ist. Frankreich und Italien, weltbekannt für feine Küche, liegt weit hinter Israel auf den Plätzen 21 und 28. Ari Shavit, ein angesehener israelischer Autor, deutet in seinem neuen Buch „Eine neue israelische Republik“ in eine bestimmte Richtung: im Vergleich zu anderen Ländern ist die Familie für den Israeli ein wichtiges, trotz hoher Scheidungsrate noch immer intaktes Zentrum, das Selbstentfremdung und Verlorenheit in den entwickelten Großstädten weitgehend verhindert.
Natürlich spielt das Einkommen eine nicht unwichtige Rolle. Das Pro-Kopf-Brutto-Sozialprodukt ist allein in den letzten 11 Jahren (2009 – 2020) von 27.733 auf 43.610 US-Dollar gestiegen. Damit liegt Israel mit fast 10.000 US-Dollar über dem Durchschnitt der EU und rund 5.000 USD über dem der OECD-Länder.
Geld allein macht nicht glücklich. Es ist auch der Zusammenhalt in seiner Gemeinde, der den Israeli zufrieden stellt. Und er weiss seine Volkszugehörigkeit im eigenen Land nach 2.000 Jahren in der Fremde zu schätzen. Der Israeli, der in seinen Gründerjahren mehrheitlich ein gewerkschaftlich organisierter Arbeiter und Angestellter war, wird immer mehr zum Unternehmer im wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Sinn. Bei allen Gegensätzen zwischen Juden aus Europa und den Maghreb-Staaten zeigt der Israeli dabei ein hohes Maß an sozialer Solidarität, toleriert und akzeptiert die Vielfältigkeit in seinem Land. Trotz der Dynamik durch die erfolgreichen Technologie-Fähigkeiten, durch die fast überall zu spürende Freude an Innovation und am Globalismus – der Israeli steht mit beiden Beinen in seiner einzigartigen Kultur und lebt – säkular oder orthodox – sein historisches Erbe manifestiert durch die Werte der Bibel.