Der Wecker an diesem Samstagmorgen war auf 7.30 Uhr gestellt, aber bereits um 6.30 Uhr jagten uns die Sirenen aus dem Bett. Der Terror-Organisation ist die Überraschung gelungen. Mit Bulldozern durchbrachen sie den Zaun, der Israel vor dem Gaza-Streifen schützen sollte. Dutzende von Terroristen fuhren mit SUVs und Motorrädern in israelische Städte wie Sderot und Kibbuzim wie Ofakim ein, die nur wenige Kilometer entfernt liegen. Inzwischen liegen tote Zivilisten in Blutlachen in den Straßen.
In Israel ist heute Shabbat und Simchat Thora, das Freudenfest der Bibel. Hunderttausende Israeli hatten sich darauf gefreut, in den Gebetshäusern und auf den Straßen mit Thora-Rollen zu tanzen. Stattdessen macht Israels Armee mobil, ruft seine jugendlichen Reservisten zu den Waffen und auf allen TV- und Radio-Kanälen suchen Militär-Experten eine Antwort auf die Frage: wie konnte das passieren?
Schlimmer sind die Bilder, die das Fernsehen um die Welt schickt. Tote Frauen zusammengesackt auf Parkbänken, brennende Autos, Raketen am Himmel und planlos umherlaufende Menschen, die um ihr Leben rennen. Bilder, die an den Yom Kippur-Krieg vor genau 50 Jahren erinnern. Auch damals war Israel überrascht worden. Aber 1973 gab es keine High-Tech-Technologie, auf die Israel heute stolz ist. Iron Dome hin, unbemannte Drohnen mit Infrarot-Kameras her. Letztlich zählen Motivation, Todesmut und Furchtlosigkeit.
Genau das haben die Terroristen bewiesen und signalisieren eine Botschaft. Hamas und ihre Unterstützer sehen in Israel seit Jahresbeginn einen im inneren angeschlagenen Staat, der um eine Justizreform streitet. Die demokratisch-geführte Auseinandersetzung zwischen Regierung und Justiz ist in den Augen der Islamisten ein Zeichen der Schwäche. Hinzu kommt ein Ministerpräsident, der eine Koalition mit halbstarken Django-Typen und ewig gestrigen Orthodoxen eingegangen ist, weil er sich vor einer Verurteilung wegen Korruption retten will.
Am Samstagmittag erscheinen Netanyahu und sein Verteidigungsminister Galant vor den lokalen TV-Kameras, erklären den Kriegszustand und versprechen ihrem Volk einen Sieg. Welchen Sieg bitte? Israels Luftwaffe mag jetzt Gaza halbplatt machen. Aber wer weiß, wie die Hisbollah im Libanon reagiert? Dort sind hunderttausende Raketen mit einer weit besseren Zielgenauigkeit auf Israel gerichtet. Was geschieht, wenn diese Front eröffnet wird? Und wie reagieren zwei Millionen Araber in Judäa und Samaria, besser bekannt als Westbank. Und was machen die über zwei Millionen Araber in Jerusalem, Nazareth und Um-el-Fahem, die einen israelischen Personalausweis besitzen?
Die ersten Bilder aus Gaza an diesem Samstag zeigen eine Hamas-Führung in westlich gestylten blauen Anzügen, die im Gebet gen Mekka ihren Gott Allah für den Anfangserfolg im Endkampf gegen Israel grinsend danken. Die Botschaft ist klar und angekommen. Es geht nicht um eine Einstaaten-, Zweistaaten- oder wieviel-auch-immer-Lösung.
Spätestens seit dem 7.Oktober muss es der westlichen Welt klar geworden sein: hier findet ein Kulturkrieg statt. Islam gegen alle, die nicht an Allah glauben und sich ihm nicht unterwerfen wollen.
Israel ist die Bastion, die seit 75 Jahren erfolgreich die westlichen Werte verteidigt. Die Israel Defence Forces (IDF) halten die Zehn Gebote der Bibel hoch, die nicht nur die Rechts-Basis des freien Westens und im Artikel 1 des deutschen Grundgesetzes mitverankert sind: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Das gilt aber nur für die Menschen, nur für die Gesellschaft, die die Würde des Menschen würdigt.
In den nächsten Tagen wird sich auch zeigen, wie der eingewanderte Islam in Europa reagieren wird. Diese Reaktion wird ein Lackmus-Test für Berlin und Brüssel werden, ob Europa und die freie westliche Welt Millionen Islamisch-Geprägte integrieren können. Und, ob sich Millionen Eingewanderter aus islamischen Ländern integrieren lassen.
In Israel steht nicht nur das eigene Volk im Feuer. Es geht in den nächsten Tagen um mehr. Die IDF wird eine weitere Schlacht ums Überleben vermutlich gewinnen. Der Preis wird schmerzhaft sein. Von einem Sieg sind Israel und die freie westliche Welt weit entfernt.