Tichys Einblick
Hamas, ICC und ICJ: Islamisten unter sich

Zum Wochenbeginn: Raketen auf Tel Aviv

Den offen geführten Krieg in der Luft, zu Wasser und zu Lande kann die Hamas gegen Israel nicht gewinnen. Aber die Terroristen verstehen es, die öffentliche Meinung, die ihnen bereits traditionell wohlgesonnen ist, für sich zu mobilisieren.

Küstenpromenade vor Tel Aviv. Erstmals seit vier Monaten hat die islamistische Terrororganisation Hamas erneut Raketen auf den Großraum Tel Aviv gefeuert, Aufnahme vom 26.04.2024

picture alliance/dpa | Sara Lemel

Nach vier Monaten Unterbrechung flogen am Sonntag wieder Raketen aus Gaza auf Tel Aviv. Das geschah zwei Tage, nachdem der Internationale Gerichtshof (ICJ) in Den Haag Israel gerichtlich verboten hat, in Rafah militärisch vorzugehen. Und eine Woche, nachdem der Internationale Strafgerichtshof (ICC) den Antrag stellte, Haftbefehle gegen die Terroristen-Anführer Yahya Sinwar, Muhammad Deif und Ismail Haniyeh sowie gegen Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu und seinen Verteidigungsminister Yoav Gallant auszustellen – Terroristen und demokratische Gewählte werden in einem Atemzug mit entlarvender politischer Äquidistanz genannt. Besteht zwischen den Raketen aus Gaza und den beiden Gerichtsentscheidungen ein Zusammenhang? Honi soit qui mal y pense – ein Schelm, der Böses dabei denkt. Aber im Nahen Osten muss man das Böse denken, wenn man der Wahrheit nahekommen will.

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Drei Millionen Menschen hatten gerade ihre Mittagspause genossen, Schüler waren auf dem Heimweg, als die aus zehn Städten zusammengewachsene Wirtschafts-Metropole Israels von Sirenen-Geheul aufgeschreckt wurde. Wer einen Schutzraum in Sichtweite hat, muss gut zu Fuß sein: Es bleiben ihm maximal 45 Sekunden, Zuflucht zu finden. Mieter ohne Schutzraum flüchten ins Treppenhaus, im Notfall der sicherste Platz. Autofahrer springen aus ihren Fahrzeugen und legen sich auf die Straße. Israeli sind das inzwischen gewohnt. Hamas und ihre Komplizen haben Israel zur Vernichtung ausgeschrieben. Diese Zustände dauern schon seit Jahren an. Aber dieses Mal war es doch anders.

Der letzte Alarm war im Januar und man hatte schon gehofft, dass Hamas die Raketen, die bis Tel Aviv fliegen können, langsam ausgehen. Aber in den Tunnels von Gaza liegen offensichtlich noch ausreichend Geschosse. Noch wichtiger: Sie wissen, wann zuzuschlagen. Die Hamas-Führung 2023/24 hat psychologisch dazugelernt. Der Zermürbungskrieg ist fast so wichtig wie der blutige Stellungskampf. Die beiden gerichtlichen Entscheidungen sind Teil des bösen Spiels für die nächsten Runden der tödlichen Machtprobe, bei der die oberste Regel lautet: Du oder ich?

Den offen geführten Krieg in der Luft, zu Wasser und zu Lande kann Hamas gegen Israel nicht gewinnen. Aber die Terroristen verstehen es, die öffentliche Meinung, die ihnen bereits traditionell wohlgesonnen ist, für sich zu mobilisieren. Der erste dokumentierte Aufruhr zur Vernichtung von Juden stammt aus dem Jahr 38 unserer Zeitrechnung. Damals hetzte der Leiter der Bibliothek im ägyptischen Alexandria, Apion, den Mob gegen die Juden auf, die die Elite in einer der größten Städte der damaligen Welt verkörperten. Tausende fielen dem Pogrom zum Opfer. Juden hatten damals keinen eigenen Staat und keine Verteidigungsarmee.

2000 Jahre später gibt es ein starkes, erfolgreiches Israel, das aber zusehends politisch vereinsamt und mit dem Rücken zur Wand steht. Bei diesem Prozess spielen die Damen und Herren Richter in Den Haag eine nicht unwesentliche Rolle. Nomen sind Omen:

Alles ausgebildete Juristen oder ranghohe Politiker, überzeugte Islamisten, die auf 84 Seiten Israel vorwerfen, in Gaza einen Völkermord zu veranstalten. Mit keinem Wort ist erwähnt, dass die Terror-Organisation – wie es in ihrer Charta heißt – einen Völkermord an Israel gezielt anstrebt und ihn am 7. Oktober geradezu zelebriert hat. Dabei sind 1.200 Menschen, mehrheitlich Zivilisten ermordet, vergewaltigt und über 250 Israeli, Beduinen, Drusen und Thailänder nach Gaza verschleppt worden. Der Völkermord ist durch die IDF spät, aber nicht zu spät gestoppt worden. Seither verteidigt sich Israel, da die Terror-Führung und ihre Unterstützer im Iran mehrfach angekündigt haben, es werde „noch viele 7.Oktober“ geben. 125 Geiseln sind seit fast acht Monaten noch immer in den Fängen der Hamas.

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Ist es Zufall, dass die Kläger aus Südafrika, die obersten Richter beim Internationalen Strafgerichtshof und beim Internationalen Gerichtshof sowie die Hamas-Führung derselben islamistischen Kultur angehören? Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Der deutsche Vizekanzler, Robert Habeck, der sonst gerne in eine Schelm-Rolle schlüpft, nimmt Hab-Acht-Stellung vor dem ICJ ein und übernimmt bedenkenlos anti-israelisches Vokabular. Dabei wagt er sich mit einer eigenwilligen Interpretation des internationalen Rechts auf das Spielfeld seiner politischen Mitstreiterin Annalena Baerbock („Ich komme aus dem Völkerrecht“). Als ob es sich hier um ein unabhängiges Gericht handeln würde und nicht um eine untergeordnete Behörde der UN, die Israel öfter verurteilt als alle Schurkenstaaten zusammen. Kein Wort verliert der Vizekanzler dazu, dass hier eine islamistische Clique zugange ist. Man will sich die Reaktion der veröffentlichten Meinung nicht ausmalen, wenn die Posten in Den Haag mit jüdischen Juristen besetzt wären, die über gute Kontakte nach Jerusalem verfügten.

Raketen auf die Zivilbevölkerung in Tel Aviv? Wo, wann, wer? Politiker schauen weg, und der ARD passt die Haltung des Vizekanzlers von den Grünen ins Redaktionskonzept. In der Tagesthemen-Sendung ist kein Bild zu sehen, das Menschen in Tel Aviv zeigen könnte, die Schutz vor Raketen aus Gaza suchen. Dagegen wird ein ausführlicher Bericht über einen entmutigten palästinensischen Boxtrainer für Mädchen in Gaza gesendet. Im Begleittext heißt es: „ … dann kam der Krieg“. Als ob das Massaker vom 7. Oktober ein Naturereignis gewesen wäre. Kein Wort über den brutalen Überfall einer Terror-Organisation auf zum Teil schlafende israelische Zivilisten in den Grenzdörfern rund um Gaza.

Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

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